EMMA kürt Marie-Agnes Strack-Zimmermann zum "Sexist Man Alive" 2024

Ist das noch Feminismus oder kann das weg?

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Titelbild zur "Laudatio" in der aktuellen EMMA
Titelbild zur "Laudatio" in der aktuellen EMMA

Eine feministische Zeitschrift vergibt einen Schmähpreis für Männer an eine Frau. Die im Stile eines geifernden Zickenkriegs daherkommende Begründung ist nicht nur peinlich, sondern verrät auch die eigenen Ideale.

Seit 2019 vergibt die Zeitschrift EMMA den Preis für den "sexistischsten lebenden Mann" (in Anlehnung an den "Sexiest Man Alive" des US-Magazins People). Bisherige Preisträger waren Kollegah, Christian Lindner, Papst Franziskus, Sascha Lobo und Jan Böhmermann. War die Auswahl schon in den vergangenen zwei Jahren (seit Beginn des Ukraine-Kriegs) immer weniger nachvollziehbar, so kommt sie jetzt daher wie ein peinlicher Zickenkrieg. Seit sich die verdiente Alt-Feministin Alice Schwarzer mit ihrem Magazin EMMA an die Seite Sahra Wagenknechts begab, geht es spürbar bergab. Was schade ist, denn es gibt in Deutschland noch genügend zu tun für den Feminismus. Stattdessen sah man sich berufen, sich für Friedensverhandlungen mit einem Kriegstreiber stark zu machen, für den Frieden dann ist, wenn er alles bekommt, was er will und der aus seinem Tun auch zunehmend keinen Hehl mehr macht. Da man sich aber offenbar nicht eingestehen kann, dass man sich hier möglicherweise verrannt hat, schlägt man lieber um sich, auch auf Kosten der eigenen Ideale. Da kann auch der vorgeschobene Sarkasmus nicht darüber hinwegtäuschen.

War nicht das Ablehnen vorgefertigter Frauenbilder einmal ein Kernanliegen des Feminismus? Ging es nicht einmal darum, dass Frauen alles tun und sein dürfen, was sie wollen, ohne dabei nach ihrem Geschlecht beurteilt zu werden? Wie kommt eine feministische Zeitschrift darauf, fragt man sich, eine Frau, die in ihrem Erscheinungsbild und ihrem Handeln nicht wie eine Barbie oder Hausfrau daherkommt, dafür zu verurteilen und sie als Mann zu betiteln? Das sollte ihr selbst überlassen bleiben und keine Rolle bei der Beurteilung ihrer Person spielen, gerade nicht durch eine feministische Zeitschrift.

Es ist vollkommen legitim und notwendig, Politiker für ihr Handeln zu kritisieren, wenn man findet, dass es falsch ist. Dafür muss man auch nicht einer Meinung sein. Ich teile die Haltung der EMMA zum Ukraine-Krieg nicht, aber natürlich darf sie Marie-Agnes Strack-Zimmermann für ihr politisches Vorgehen anprangern, das die Herausgeberin falsch findet. Doch dafür scheint man wenige inhaltliche Argumente zu haben, denn ein Großteil der Begründung für den Erhalt des Preises lässt sich ad hominem über das Auftreten der Politikerin aus, auch eine küchenpsychologische Einschätzung darf nicht fehlen. "(…) diese Frau beweist, dass Frau weder den Vornamen wechseln, noch Hormone schlucken, geschweige denn sich die Brüste abnehmen lassen muss, um ein ganzer Kerl zu sein", heißt es da etwa. Oder: "Die Helm-Frisur sitzt, das Feindbild auch. Mit Ray-Ban-Brille und hochgestelltem Kragen ist sie allzeit bereit zum Abheben: unsere 'Eurofighterin' (Wahlslogan FDP). Ganz wie ihr offensichtliches Vorbild Tom Cruise (als Kampfpilot 'Maverick' in 'Top Gun'). Der hatte es auch auf russische MiGs abgesehen. Im Cockpit hockt sie wie er."

Was das mit dem im Namen des Preises aufgeführten Sexismus zu tun hat, bleibt schleierhaft, wenn, dann wäre der Sexismus-Vorwurf an EMMA zu richten. Oder wirft das Magazin mit dieser Betitelung Strack-Zimmermann vor, sich quasi wie eine "Geschlechtsverräterin" zu verhalten, weil sie sich nicht "weiblich genug" gibt? Definiert EMMA, was weiblich ist? Liebäugelt man vielleicht mit konservativen Geschlechtervorstellungen, mit denen autoritär regierte Staaten des Ostens die Uhren zurückdrehen wollen? Anders kann ich mir diese würdelose Entgleisung nicht erklären.

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