ASCHAFFENBURG. (hpd) Die Politik wird nicht müde zu betonen, dass ein Land, welches über kaum Rohstoffe verfügt, seinen Wohlstand auf Dauer nur durch Bildung und Wissen sichern kann. Die Realität sieht jedoch anders aus. Wirklich gefördert wird nur, was sich direkt ökonomisch verwerten lässt.
Das Wissen über Evolution gehört leider nicht dazu. Eine Initiative, die das Ziel hat, die Evolutionslehre stärker in den Schulen zu verankern, will das ändern.
Es war 1859. Ein britischer Naturwissenschaftler namens Charles Darwin veröffentlichte nach langem Zögern sein Buch Die Entstehung der Arten. Darwin ahnte bereits, dass seine Erkenntnisse die Welt verändern würden. Heute wissen wir, dass wir nicht von Gott geschaffen wurden, sondern dass wir Menschen aus einem langen Prozess von Mutation und Selektion entstanden. Ebenso wissen wir heute, dass es kaum einen Bereich menschlichen Zusammenlebens gibt, in dem evolutionär vererbte Verhaltensweisen keine Rolle spielen. Wer die Welt verstehen will, muss sich mit der Evolution auseinandersetzen.
Doch wirklich angekommen ist die Lehre Darwins in vielen Köpfen noch nicht. In den USA etwa kann sich mehr als die Hälfte der Bevölkerung noch immer nicht damit arrangieren, dass wir nicht von Gott geschaffen worden sind. Dabei ist es vor allem die Vorstellung, dass Menschen und Affen gemeinsame Vorfahren haben, die religiös geprägte Menschen nur schwer verarbeiten können. In Deutschland ist die Situation zwar weniger dramatisch. Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag von Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid) sind es nur rund 12 %, die an den biblischen Schöpfungsmythos glauben. Allerdings sind die Evolutionsgegner gut aufgestellt. Bis in die höchsten politischen Kreise hinein reicht der Einfluss christlicher Fundamentalisten. So machte sich der ehemalige Ministerpräsident Thüringens mehrfach für den Kreationismus stark und die ehemalige hessische Bildungsministerin Karin Wolff forderte gar, man solle Schöpfungslehre und Evolutionslehre im Unterricht miteinander verbinden.
Christliche Fundamentalisten haben es bei ihren Bemühungen, die Evolutionslehre zu diskreditieren, leider auch leicht, denn fundiertes Wissen über die Evolution ist in der Bevölkerung kaum vorhanden. Was nicht zuletzt daran liegt, dass das Thema in den Schulen wenig Beachtung findet. In Grundschulen wird es in der Regel gar nicht gelehrt und an weiterführenden Schulen nur unzureichend mit wenigen Stunden. Lediglich wer an einer gymnasialen Oberstufe das Fach Biologie belegt hat, wird ausreichend geschult. Die meisten Schüler in Deutschland verlassen jedoch als naturwissenschaftliche Analphabeten die Lehranstalten.
Diese Situation soll sich jetzt ändern. Die Giordano-Bruno-Stiftung will sich verstärkt um dieses Thema kümmern und hat sich das konkrete Ziel gesetzt, die Evolutionslehre bereits in der Grundschule zu verankern. Den Anfang machte die Veröffentlichung des neuen Buches von Max Kruse Urmel saust durch die Zeit, an dessen Entstehung gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon maßgeblich beteiligt war. Darin katapultiert sich das immer neugierige Urmel mit Freunden in die Urzeit. Dort erleben sie, wie das erste Leben auf der Erde entstand, begegnen Dinosauriern und landen in der ersten Siedlung der Menschen.
Mit einer Buchveröffentlichung allein ist natürlich noch kein Politikwechsel zu erzielen. Die Giordano-Bruno-Stiftung unterstützt deshalb einen Kongress, der von 30. November bis 1. Dezember in Gießen stattfinden wird. Auf diesem wird es nicht nur um die Frage gehen, wie man das Thema Evolution in der Grundschule in der Praxis Kindern vermitteln kann, sondern auch darum, wie man politischen Druck aufbauen kann, um ein nachhaltiges Umdenken in Bezug auf die Gestaltung von Lehrplänen zu erreichen. Dabei ist es den Organisatoren gelungen, ein interessantes Programm mit hohem Praxisbezug zusammenzustellen. Zudem soll die Veranstaltung explizit dazu genutzt werden, um Kontakte zu knüpfen und ein möglichst breites Bündnis auf die Beine zu stellen. Nicht zuletzt wird es auch darum gehen, zu erarbeiten, welche Aktionsformen Erfolg versprechend sein könnten, um das Thema auf die politische Agenda zu setzen.
Frank Welker
Weitere Informationen zum Kongress sowie die Möglichkeit sich anzumelden finden Sie auf der Webseite der Kampagne.