„Wir können die Stimmen der politischen Gefangenen sein“
Samstagmorgen. Es ist noch frisch und zu kühl für Ende Juli. Langsam kommt wieder Bewegung in die Hungerstreikenden. Sie dösen noch zum Teil, lesen, schreiben, vertreiben sich die Zeit.
„Zwei Tage Wind, Regen und Hunger, was bedeutet das schon? Wir haben ein viel weiteres Anliegen.“ Mina Hashemi, Jahrgang 1957, ist noch müde, die Nacht auf dem Platz war kein geruhsamer Aufenthalt. „Ich war selber im Gefängnis. Drei Jahre. Nachdem ich wieder draußen war, habe ich ein Kind bekommen, und als das Kind zehn Tage alt war, ist mein Mann verhaftet worden. Nach zwei Jahren, in denen er auch gefoltert wurde, ist er hingerichtet worden. Ich war damals Bankangestellte, sie haben mich gekündigt und ich musste mich mit verschiedenen kleinen Tätigkeiten bescheiden, um mich und meine kleine Tochter zu ernähren. Als meine Tochter sechs Jahre alt wurde, sollte sie zur Schule gehen und ich musste das Sorgerecht von den Eltern meines Mannes bekommen, aber sie waren religiöse Menschen und wollten nicht, dass ich das Sorgerecht für mein Kind bekomme. Ich habe drei Jahre versucht, dieses Sorgerecht zu erhalten, habe es aber nicht bekommen. In dieser Zeit ist mir klar geworden, ich kann in dieser Unfreiheit nicht weiter leben und so bin ich dann hierher gekommen.“ Sie streicht sich eine Locke ihres kräftigen Haares aus der Stirn. „Immer wenn eine Aktion ist, dann bin ich dabei. Ich kann nicht vergessen, wie es im Gefängnis war. mit der Folter und allem anderen. Ich hasse das Gefängnis.“
„Die Situation hat sich seit meiner Zeit auch geändert. Wir waren eine politische Gruppe, die mit der damaligen Regierung gekämpft hat, heute sind es die normalen Leute aus der Bevölkerung die opponieren, und die schießen auf diese Menschen, foltern und vergewaltigen sie. Ich wurde 1980 verhaftet und habe 1981 so vieles im Gefängnis gesehen, alles, was auch heute wieder getan wird. Erst gab es eine Schießerei, das haben wir gehört, und dann haben sie die Einzelnen erschossen. Wir waren erst einen Tag im Gefängnis und an dem Tag sind 425 Gefangene erschossen worden, das heißt 425 Menschen wurden an einem einzigen Tag hingerichtet. Jeden Tag standen Namen in der Zeitung, 300, 200 oder 400. Und die Präsidentschaftskandidaten der jetzigen Wahl waren auch Teile des damaligen Systems. Als mein Mann hingerichtet wurde, war Mussawi der Premierminister.“ Sie sucht nach passenden Worten. „Ich kann das nicht verstehen, auch alle die anderen waren und sind Teile des Systems!“