Unsere Demokratie wird von inneren und äußeren Feinden bedrängt. Höchste Zeit, diese zu verteidigen, meint Ruprecht Polenz und fordert dazu auf, mehr zu tun, damit wir weiter ein freies und selbstbestimmtes Leben führen können. Sein Buch will ein Mutmacher sein.
Vor 45 Jahren prägte Dolf Sternberger den Terminus "Verfassungspatriotismus". Über dessen Bedeutung sollte in Krisenzeiten für den demokratischen Verfassungsstaat mehr reflektiert werden. Anlass und Inhalte dazu liefert ein neuer Sammelband "Verfassungspatriotismus. Konzept, Kritik, künftige Relevanz".
"Experimente stehen im Zentrum der Wissenschaft, das experimentelle Labor ist der Schmelzofen, in dem neues Verständnis entsteht". Der für seine naturwissenschaftlichen Sachbücher mehrfach ausgezeichnete britische Chemiker, Physiker und Wissenschaftsjournalist Philip Ball widmet sein neuestes Buch der Aufgabe, die Bedeutung von Experimenten als Basis wissenschaftlicher Methodik und als Grundlage, Theorien voranzubringen und neues Wissen über die Welt zu erfassen, umfassend aus mehreren Blickwinkeln zu beschreiben.
Kaum beirrt von Bombenkrieg, Kapitulation und alliierter Besatzung liefen Gerichtsverfahren vor und nach 1945 einfach weiter, mit denselben Akteuren, nach den gleichen Regeln. Benjamin Lahusen beschreibt eindrucksvoll das Weiterfunktionieren des juristischen Gerichtsbetriebs in Deutschland zwischen 1943 und 1948. Ein erhellendes, kluges Buch – das bereits vor zwei Jahren erschienen ist – und trotzdem unbedingt gelesen werden sollte.
Die beiden Harvard-Professoren Steven Levitsky und Daniel Ziblatt legen bezogen auf die politische Entwicklung in ihrem Heimatland eine kritische Untersuchung vor, welche vor einer Demokratiegefährdung durch eine Minderheitenherrschaft warnt. Man muss ebendort keine Mehrheiten haben, um doch Präsident zu werden.
"Was ist Antisemitismus? Begriffe und Definitionen von Judenfeindschaft", so ist ein neues Handbuch zum Thema überschrieben. Autoren sind bekannte Antisemitismusforscher, häufig aus dem Kontext des "Zentrums für Antisemitismusforschung". Aufgrund der Breite wie Kleinteiligkeit ist ein nützliches Nachschlagewerk entstanden. Einige Detailkritik zu bestimmten Inhalten darf aber auch vorgetragen werden.
Eine kommunistische Bürgermeisterin regiert seit 2021 die zweitgrößte österreichische Stadt. Die für diesen Erfolg relevanten Gründe untersucht der Journalist und Politologe Jonas Vogt in "Der Kernöl-Kommunismus. Wo der Erfolg der steirischen KPÖ herkommt und wo sie hin will".
Für viele rechtsextremistische und rechtspopulistische Akteure ist die "illiberale Demokratie" in Ungarn ein politisches und strategisches Vorbild. Wie es zu den dortigen Entwicklungen in diese Richtung kam, veranschaulicht ein interessantes Lehrbuch mit "Das politische System Ungarns" als schlichtem Titel.
Der Historiker Wolfgang Kraushaar legt mit "Israel: Hamas, Gaza, Palästina" einen Kommentarband vor, der unterschiedliche Aspekte des Nahost-Konflikts kommentiert. Auch wenn es gelegentliche Schiefen gibt, so hat man es doch mit einem interessanten, reflektierenden Werk zu tun. Konfliktlösungen erwartet er nur von säkularen Kräften.
Die libanesische Schriftstellerin Haneen Al-Sayegh hat mit "Das unsichtbare Band" einen bewegenden, autofiktionalen Debütroman vorgelegt. Mit poetischem Feingefühl erzählt sie die Geschichte einer Frau, die sich von den Ketten ihrer religiösen Herkunft befreit, um selbstbestimmt leben und lieben zu können.
Mit dem Buch "Generation Krokodilstränen" sollen die "Machttechniken der Wokeness" laut der Verfasserin Pauline Voss entlarvt werden. Das gelingt der Autorin indessen nicht wirklich, da sie bei einer eher allgemeinen Kritik des gemeinten Phänomens verbleibt, dafür aber mit Michel Foucault gegen dessen selbsternannte Schüler argumentiert.
Anlässlich der aktuellen Entwicklung im Nahost-Konflikt gibt es eine neue Monographie von Moshe Zimmermann: "Niemals Frieden? Israel am Scheideweg". Der israelische Historiker problematisiert darin insbesondere die Rolle der Siedlerbewegung, aber auch noch andere konfliktverschärfende Wirkmächte. Den außerisraelischen Akteuren hätte dabei aber noch eine größere Relevanz zukommen können.
In der Flut täglich hereinbrechender Informationen ist es schwierig, Bedeutsames von weniger Bedeutsamem, Sinn von Unsinn, Fakten von Fakes zu unterscheiden. Als Folge dessen geht relevantes Wissen verloren und viele Menschen kennen kaum noch die Grundlagen des modernen Weltbildes, "kulturelle Demenz" macht sich in vielfältiger Weise, last not least in Verschwörungserzählungen, breit. Dieser Entwicklung und den damit verbundenen Gefahren stellt Michael Schmidt-Salomon die Lebensleistungen von zehn herausragenden Persönlichkeiten entgegen, die als "Influencer" die Evolution des Denkens maßgeblich entfalteten und deren Gedanken und Entdeckungen unsere moderne Sicht auf die Welt bis heute prägen.
Helmut Ortner hat die Aufsatzsammlung "Das klerikale Kartell. Warum die Trennung von Staat und Kirche überfällig ist" vorgelegt. Die einzelnen Beiträge machen deutlich, wie wenig die Grundlagen eines eigentlich religiös neutralen Staates umgesetzt wurden. Gerade anhand der Missbrauchsskandale wird das Thema vertieft als "Kniefall des Rechtsstaats".
Die Gefahren der Identitätspolitik thematisiert Yascha Mounk in seinem neuen Werk: "Im Zeitalter der Identität. Der Aufstieg einer gefährlichen Idee". Der deutsche Politikwissenschaftler, der in den USA lehrt, betont dortige bedenkliche Tendenzen, aber aus einer liberalen Blickrichtung, nicht als schlichter Reaktionär.