BERLIN. (hpd) Für die Bauern mit ihren Fahrzeugen war das Messegelände in Berlin auf dem die "Internationale Grüne Woche" begonnen hatte das erstes Etappenziel. Am Potsdamer Platz sammelten sich die Demonstranten, um gemeinsam für einen Stopp von Tierfabriken, gegen Gentechnik und das Freihandelsabkommen TTIP zu protestieren. Ihr Weg endete am Bundeskanzleramt.
Escortiert von Streifen- und Mannschaftswagen sowie Motorrädern der Berliner Polizei fahren 90 landwirtschaftlichen Fahrzeuge Punkt genau um 9:30 Uhr auf der Masurenallee vor der Berliner Messe ein zum ersten Etappenziel. Die Motoren stehen still, Fahrer, Mitfahren unterhalten sich bei den Wagen und Traktoren. Nur von einem kleinen Kreis von Zuhörern und Sympathisanten umgeben stehen sich zwei Männer gegenüber: Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und Ministerialdirektor Clemens Neumann, Vertreter des Bundeslandwirtschaftsministeriums. So war es geplant.
Nach den ersten Worten von Georg Janßen erhellen sich schon ein wenig die Mienen: 2011 war die erste Demonstration der Bauern und 2015 ist es nun die fünfte und das nicht aus “Jux und Dollerei”. Es gehe um die Betriebe, ob groß oder klein, um die Familien und die Freude der Arbeit auf dem Lande. Dennoch, Clemens Neumann blieb es nicht erspart zu reflektieren, dass 2014 mehr als 20.000 Menschen mit Forderungen nach einer Wende der Agrarpolitik, für Umwelt- und Tierschutzgesetze auf die Strasse gegangen sind und die Gesprächsanfrage der “Wir haben es satt”-Demonstration an den damaligen Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich, die damit auch dem jetzigen Amtsinhaber vorliegt, bisher ohne jede Reaktion blieb. Auch sei man gespannt, ob Christian Schmidt die Demonstration und die Demonstranten ernst nehmen werde. Auch wenn die Entscheidung, mit wem Gespräche geführt werden und mit wem nicht bei der Bundesregierung läge, sei es entmutigend, keine Antwort zu bekommen, zumal Lobbyisten der Agrarindustrie sich ja öffentlich sehr gerne mit dem guten Draht zur Spitze schmücken.
Für uns, so die Stimme der bäuerlichen Landwirte, haben die Menschen die höchste Priorität. Das heißt: Ein klares Nein zur Gentechnik, zu neuen Zulassungs-Strategien, Ceta und TTIP sind zu stoppen. Neue Verhandlungsgrundlagen zur Verbesserung des Standards sind aufzustellen anstelle von Harmonisierung und Mega-Ställe: “Aktuelle Erzeugerpreise von 1,30 Euro pro Kilo Schweinefleisch und 28 Cent pro Liter Milch zerstören die Existenzen vieler bäuerlicher Betriebe. Doch die Bundesregierung rät den Bauern weiter zum ‘Wachsen oder Weichen’. Sie räumt dem Export höchste Priorität ein und bedient damit die Interessen der Agrarindustrie nach billigen Rohstoffen. Wir fordern als Bäuerinnen und Bauern die Bundesregierung auf, die Rahmenbedingungen für faire Preise und für kleine und mittlere bäuerliche Betriebe deutlich zu verbessern. Dafür kämpfen wir weiter im Bündnis mit der Zivilgesellschaft”, so Georg Janßen.
Dem Landwirtschaftsministerium wird in Buchform eine Dokumentation überreicht. Es sind die “Forderungen, Anliegen, Wünsche und Ideen der TeilnehmerInnen der ‘Wir haben es satt’-Demonstration 2014”. Im Januar 2014 hatten die Initiatoren eine besondere Einladung für die Demonstranten vor dem Kanzleramt vorbereitet: Stifte, leere Pappteller, eine immer wieder verlängerbare Wäscheleine und Klammern. Im Laufe des Nachmittags entstand eine Installation, die nun kopiert und gebunden auch für das Bundeslandwirtschaftsministerium und für die Bundeskanzlerin ein Dokument sein mögen, damit die Gedanken der Demonstranten nicht verblassen mögen. Clemens Neumann lächelt, Die Landwirte ebenso. Sie rufen: “Diese Bewegung bleibt. Wir kommen wieder!” Erste einmal fahren sie im Konvoi vom Messegelände über den Kaiserdamm Richtung Potsdamer Platz, um 12:00 Uhr ist die Auftaktkundgebung; um 12:30 Uhr startet der Demozug über die Leipziger Strasse am Bundesrat vorbei durch die Wilhelmstrasse zur Kundgebung am Bundeskanzleramt.