Thüringer Schulwesen

Koranisches, um Bibel zu erhalten

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Erfurter Dom und Severikirche am Domplatz, Wahrzeichen von Erfurt
Erfurter Dom und Severikirche am Domplatz, Wahrzeichen von Erfurt

ERFURT. (hpd) Durch die Thüringer Konzern- und öffentlich-rechtliche Medienlandschaft rauscht dieser Tage unisono mit großem Getöse eine dpa-Meldung. Keine einzige Redaktion hat jedoch diese Agentur-Meldung hinterfragt. Und es auch unterlassen, darüber nachzudenken, was damit bezweckt werden soll oder wem eine solche “Nachricht” nützt.

Im Titel und im Anriss heißt es: “Erfurter Imam: Islamunterricht an Schulen nötig - Ministerin offen für Vorschlag - Islamunterricht an Thüringer Schulen? Das fordern Erfurter Muslime. Bildungsministerin Klaubert ist sich nicht sicher, ob der Bedarf hoch genug ist…”

Soso, Erfurter Muslime sind es also, die etwas fordern. Doch dann wechselt die dpa-Meldung vom Plural in den Singular: “Der Erfurter Imam Abdullah Dündar hat sich für islamischen Religionsunterricht an Thüringer Schulen ausgesprochen. ‘Es fehlt muslimischen Kindern, Religion zu lernen’, sagte der Vorsteher der Erfurter Moscheegemeinde am Dienstagabend bei einer Podiumsdiskussion in Erfurt.”

Ein Kleriker, über den ansonsten nichts mitgeteilt wird, fordert muslimischen Religionsunterricht für Kinder aus muslimischen Familien. Ist es aber nicht so, dass die Moscheen seit jeher auch zur Vermittlung des Korans dienen, dass dort – und wo es auch richtig ist – die Glaubensunterweisung des Nachwuchses stattfindet.

Man kann diese Forderung aber auch so lesen: Dass die von den sogenannten “Qualitäts”-Medien und der herrschenden Politik pauschal für den Islam vereinnahmten Zuwanderer und Flüchtlinge aus islamisch geprägten Staaten größtenteils eher religionsfern oder gar religionsfrei sind. Und dass nun, ganz nach christlichen Vorbild, die Kinder mit staatlichem Schulzwang missioniert werden sollen. Darauf deutet auch dieses Imam-Zitat hin: “Muslime werden langsam religionslos hier.”

Und wie es für politisch aufgeweckte Thüringer zu erwarten war, springt die seit Dezember 2014 amtierende und DDR-sozialisierte Bildungsministerin Dr. Birgit Klaubert (DIE LINKE) bereitwillig auf diesen Zug auf. DPA zufolge “zeigte [sie] sich offen für den Vorschlag. Schon bei den rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen sei darüber nachgedacht worden, muslimischen Unterricht einzuführen. Bisher habe es die Notwendigkeit hierfür aber nicht gegeben, sagte sie mit Blick auf die derzeit geringe Zahl der Muslime in Thüringen.”

Ja, wenigstens da schimmert ein Hauch von Thüringer Realität durch. Denn die Zahl der als Muslime bezeichneten Menschen schwankt in verschiedenen Quellen zwischen 4.000 und 7.800 – und das in einem Bundesland, das in sechs kreisfreien Städten und 17 Landkreisen rund 2,15 Millionen Einwohner zählt. Muslime und/oder als Muslime klassifizierte Menschen machen also einen Bevölkerungsanteil von 0,2 bis 0,4 Prozent aus. Wie viele davon im schulpflichtigen Alter sind, das ist nicht bekannt.

Aber geht es wirklich um die Einführung muslimischen Religionsunterrichtes an staatlichen Schulen und nicht vielmehr um den Erhalt der pflichtigen christlichen Glaubensunterweisung dort? Denn immerhin sind 70 Prozent der Thüringer areligiös bzw. religionsfrei. Daher ringen Klerus und klerusfreundliche Politik von CDU bis LINKE vereint darum, möglichst viele Kinder ab dem Kindergarten für diese Religion zu gewinnen. Mit unterschiedlich demagogischen Begründungen allerdings, meist damit verbrämt, dass Religionsunterricht ja religionskundlicher Unterricht sei und keinesfalls Indoktrination. Darauf soll aber hier nicht weiter eingegangen werden.

In einem sogenannten “Thüringer Bildungsplan 0 – 18”, der im Auftrage des zuständigen Ministeriums erarbeitet wurde und der im Entwurf vorliegt, heißt es im Abschnitt “Bildungsbereich 2.8. Religiöse Bildung” (siehe Anlage) (der, wie kann es anders sein, von Theologieprofessoren verfasst wurde – und der damit parteiisch ist) u.a. in demagogischem Theologensprech: “Alle Kinder und Jugendlichen haben einen Anspruch auf religiöse Bildung.” Zumal ja schon Kleinkinder nach Gott fragen würden…

Nun, ist es nicht vielmehr so, dass der Klerus Anspruch darauf erhebt, ungehindert unter Unmündigen missionieren zu dürfen; und das mit staatlichem Zwang und auf Kosten der Allgemeinheit.

Allerdings ist der Theologie-Professor schlau genug, zu obigem Anspruchssatz auf eine Fußnote hinzuweisen: “Über die religiöse Erziehung eines Kindes bestimmt die freie Einigung der Erziehungsberechtigten. Nach der Vollendung des vierzehnten Lebensjahres steht dem Kind die Entscheidung darüber zu, zu welchem Bekenntnis es sich halten will (Religionsmündigkeit).”

Vor allem aber: In einem Bildungskonzept des Staates für staatliche Schulen ist nicht die Rede von einem religionskundlichen Unterricht (was wohl jeder Mensch anstandslos akzeptieren kann), sondern von religiöser Bildung. Religiöse Bildung - das ist nichts anderes als (kirchenchristliche) Glaubensunterweisung! Naja, um diese Zwangsmissionierung zu erhalten, gesteht man seitens der Theologen nun mal eben anderen Glaubensgemeinschaften (zumal solchen im unteren Promillebereich) solches auch zu. Lieber das, als einen allgemeinen religionenkundlichen, ethischen gemeinsamen Unterricht für alle Schüler unabhängig von deren Weltanschauung/Religion. Zur Erinnerung: Gut 70 Prozent der Thüringer sind religionsfrei. Diese deutliche Mehrheit der Staatsbürger kommt in diesem staatlichen Bildungsplan nicht vor! Das ist der eigentliche Skandal!

Zur kritiklosen Förderung jeglichen pflichtigen Religionsunterrichts auch durch eine LINKE-geführte Landesregierung passt eine Meldung von MDR Thüringen vom 13. Januar 2015: “Die Freien Schulen in Thüringen fordern von der neuen Landesregierung mehr Geld. Der Chef der Evangelischen Schulstiftung, Eberl, sagte (…), die angekündigte Finanzspritze von zehn Millionen Euro reiche nicht aus. Er gehe davon aus, dass zusätzlich zur bisherigen Förderung mindestens zwölf Millionen Euro investiert werden müssten. Bis zum Ende der Legislatur brauchten die Freien Schulen insgesamt 145 Millionen Euro.”

Dabei hatte diese neue Regierung trotz klammer Kassen, den unter dem Label “Freie Schulen” agierenden Bibel-Schulen (also den allgemeinbildenden Schulen in kirchlicher Trägerschaft) bereits zehn Millionen zusätzlich zugesichert. Aber, es zeigt sich auch hier, dass, wenn man der Priesterkaste den kleinen Finger reicht, diese dann gleich die ganze Hand will… Jaja, die unersättliche Gier nach fremder Leute Geld begleitet die Geschichte des Staats-Christentums seit dem vierten Jahrhundert…

Auch die CDU zeigt sich von der Forderung eines einzelnen Imams angetan, denn dadurch werde ja die Integration gefördert.

Zu dieser medialen Pressekampagne pro Islam-Unterricht hat sich jetzt die Regionalgruppe Mittelthüringen der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) zu Wort gemeldet. In deren Pressemitteilung vom 22. Januar heißt es u.a.:

“Als ‘schlicht naiv’ bezeichnet der Sprecher der gbs Mittelthüringen, Maximilian Steinhaus, die von Gudrun Holbe (Beauftragte für Kirchenfragen und Religionspolitik der CDU-Landtagsfraktion) geäußerte Vorstellung, Islamunterricht könne einen wichtigen Beitrag zur Integration leisten und radikalislamischen Ideologien das Wasser abgraben. (…) Anstatt die Einwanderer aus islamischen Staaten auf ihr Muslimsein zu reduzieren, sollte nicht der Religions-, sondern vielmehr der Ethikunterricht aufgewertet werden. Dieser sollte nicht nur ein Ersatzunterricht sein für diejenigen, die sich aus Gewissengründen vom Religionsunterricht als ‘ordentlichem Lehrfach’ (Artikel 7 Absatz 3 Grundgesetz) abmelden.
Steinhaus: ‘Einen echten Beitrag zur Integration würde ein gemeinsamer, für alle Schüler verpflichtender Ethikunterricht darstellen, in dem die Werte unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vermittelt und alle Religionen gleichwertig aus einer humanistischen Perspektive beleuchtet werden, anstatt die Schüler von vornherein nach ihrer spezifischen Religionszugehörigkeit zu separieren.’ (…) Es wird zudem in der Debatte vollkommen verkannt, dass zahlreiche Flüchtlinge gerade vor den islamischen Regimen und ihrer orthodoxen Interpretation geflohen sind, worauf der ‘Zentralrat der Ex-Muslime’ stets hinweist. (…) Diesen Menschen muss es wie Hohn vorkommen, dass ausgerechnet ein säkularer Staat wie Deutschland einen staatlichen Islamunterricht schaffen will.”

Auf eine Rückfrage des hpd zur Reaktion der Medien auf die Pressemitteilung der gbs-Mittelthüringen antwortet deren Sprecher Maximilian Steinhaus: "Die Presse hat unsere Stellungnahme von gestern Nachmittag anscheinend aufgenommen. Und hier hat die gleiche Journalistin einen Kommentar verfasst.

Auch da werden die säkularen Gegenstimmen nicht erwähnt. Ihre Formulierung, ‘Doch es ist nicht naiv anzunehmen, dass eine fundierte Unterweisung in der Religion und ihrer ethischen Werte […] so manchem radikalen Hinterhof-Prediger das Wasser abgräbt.’ ist eindeutig gegen unsere Pressemitteilung gerichtet (in der wir genau das Gegenteil behaupten) – freilich ohne sie zu erwähnen. Ich will nicht rumjammern, aber das halte ich echt für unfair. Vor allem: Als Leser versteht man gar nicht gleich, warum sie schreibt, dass es nicht naiv sei, wenn man unsere PM nicht kennt…

Es handelt sich dabei übrigens um die gleiche Journalistin, die auch unsere Pressemitteilung zu den Staatsleistungen vor der Wahl nicht aufgegriffen hat, obwohl sie einen Artikel über das Thema geschrieben hatte. Da diese Journalistin bei der Thüringer Zeitungsgruppe das Thema Religion abdeckt und sie unsere Auffassungen scheinbar nicht teilt, brauchen wir in Zukunft wohl nicht damit rechnen, in der Presse großartig Gehör zu finden."

Aber so geht man eben hierzulande mit säkularen Stimmen und Kräften um, leider, und das ist nicht nur für engagiert sich zu Wort meldende Menschen wie Maximilian Steinhaus überaus bitter. Dazu passt auch, dass in den vom Thüringer Bildungsministerium berufenen Gremien für die Ausarbeitung des “Bildungsplanes” zwar Vertreter der sogenannten Amtskirchen, der Jüdischen Landesgemeinde und gleich mehrere Theologie-Professoren angehören, aber kein einziger Vertreter säkularer Verbände, die es ja auch in Thüringen gibt.

Doch selbst wenn es keinen Landesverband einer solchen Organisation geben sollte, so hätte man ja wenigstens Vertreter der Bundesverbände einladen können. Wie gesagt, 70 Prozent der Thüringer sind nun religionsfrei. Was, wie sich Steinhaus bitteren Worten entnehmen lässt, von den Konzernmedien negiert wird.