Kunstaktionen in München

"So starben Deutschlands Ruhm und Ehre…"

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MÜNCHEN. (hpd) Die beiden Aktionskünstler Hans-Peter Berndl und Wolfram P. Kastner erhielten vom Amtsgericht München Strafbefehle über insgesamt 6.300 Euro wegen angeblicher gemeinschädlicher Sachbeschädigung und "Störung der Totenruhe" an einem Kriegerdenkmal in München.

Das Kriegerdenkmal trägt die nach Aussage der beiden Akteure "irrsinnige militaristische Aufschrift": "Sie starben für Deutschlands Ruhm und Ehre / Den Toten der bayerischen Eisenbahntruppe / Im Weltkrieg 1914–18".

Mit zwei Kunstaktionen nahmen die beiden Aktionskünstler "eine überfällige und notwendige Sachverbesserung vor. Wir entfernten Buchstaben und schickten sie an das Kriegsministerium." Danach stand auf dem Kriegerdenkmal zu lesen: "Sie starben für Deutschlands … Un.Ehre" (Foto 1)

"Eine Störung der Totenruhe kommt selbstverständlich überhaupt nicht in Betracht" schreiben die beiden Aktionskünstler in einer Presseerklärung, "da die Reste der für die Unehre Deutschlands getöteten Menschen auf den Schlachtfeldern in Frankreich und Belgien liegen und nicht an der Dachauer Straße in München auf dem Bundeswehrgelände."

Das Kriegerdenkmal mit diesem Spruch wurde 1922 in militaristischem Geist errichtet, 1945 zerstört und im Jahr 1962 (!) wieder errichtet. Dabei sah die Kontrollratsdirektive 30 der Alliierten die Zerstörung von militaristischen und Nazi-Denkmälern vor. Das wurde so auch in die deutsche Gesetzgebung übernommen.

Berndl und Kastner nennen es deshalb einen "unsäglichen Skandal, dass alljährlich von der Bundeswehr zum Volkstrauertag dort protzige Kränze abgelegt werden, die aus Steuergeldern finanziert werden." Sie weisen darauf hin, dass "wer heute behauptet und bestätigt, dass die Soldaten des 1. Weltkriegs für Ruhm und Ehre getötet wurden" die Wahrheit verdreht oder lügt – "bewusst und gewollt".

Sie haben sich bei ihrer Aktion "auf eine Rede des Heidelberger Mathematik-Professors Emil Julius Gumbel bezogen", der sagte, die deutschen Soldaten sind auf dem "Feld der Unehre" gestorben.

In einem zweiten Schritt wurde von den Künstlern eine Texttafel angebracht, die sehr behutsam formuliert war und statt militaristischer Floskeln die Trauer benennt: "Wir trauern um alle, die im Weltkrieg 1914–1918 grausam und sinnlos ihr Leben verloren. Die Toten mahnen uns, mit allen Kräften für Frieden zu sorgen und Kriege zu verhindern." (Foto 2)

Die beiden Aktionskünstler werden dem Strafbefehl widersprechen. Sie vertreten die Auffassung, dass es sich "um zwei Kunstaktionen [handelt], die den provokativen Skandal dieses Kriegerdenkmals konterkarieren. Die Bundeswehr pflegt offenbar bis heute den militaristischen Geist dieses Denkmals und die offenkundige falsche Geschichtsdarstellung."

Mit einer weiteren Kunstaktion am Volkstrauertag 2015 haben sie eine weitere Umgestaltung des Kriegerdenkmals sichtbar werden lassen. Auf dem Denkmal stand zu lesen: "So starben Deutschlands Ruhm und Ehre…" (Foto 3)