In Köln demonstrierten bis zu 40.000 Menschen für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Hpd-Autor Thomas Häntsch besuchte die Gegendemonstrationen und schildert seine Eindrücke.
Schon am Morgen des 31. Juli, an dem die Großdemonstration von bis zu 40.000 Erdogan-Anhängern an der Deutzer Werft stattfinden sollte, war die Stadt Köln anders als üblich.
Der Bahnhofsvorplatz, der auch an diesem Tag von in- und ausländischen Touristen bevölkert wurde, war durch Polizeifahrzeuge in zwei Hälften geteilt. Grund dafür waren zwei geplante und genehmigte Gegendemos zur Kundgebung der Erdogan-Anhänger auf der anderen Rheinseite: Ein breit aufgestelltes Bündnis verschiedener Organisationen und Gruppen – darunter Parteien, Jugendorganisationen, Ex-Muslime und Kurden – stand einer Versammlung der rechtsradikalen Vereinigung Pro NRW gegenüber.
Bis zum frühen Nachmittag blieb es allerdings unterhalb des Kölner Domes außergewöhnlich ruhig. Die Auflagen der Behörden für die Demo von Pro NRW waren sehr hoch und so dauerte es, bis ein LKW mit Beschallungsequipment aufgebaut war. Weiterhin mussten alle Besucher der Veranstaltung durch ein Zelt, welches zur Personenkontrolle genutzt wurde. Dies führte zu weiteren Verzögerungen. In diesem Zusammenhang machten einige Demonstranten lautstark klar, dass sie Deutsche seien und eine derartige Maßnahme unter der Würde eines Deutschen sei.
Als dann alle Pro NRW-Anhänger am Kundgebungsort ankamen, stellte man fest, dass nur wenige Demonstranten auf dem Platz zusammengefunden hatten. Hatte man zuvor mit circa 1000 Menschen gerechnet, waren es – nach Angaben der Polizei – letztlich nur 290.
Doch jene zeigten ganz eindeutig, welcher Gesinnung sie sind. So wurden Fotografen und Kameraleute, die offiziell Zugang zum Versammlungsort bekommen hatten, bedrängt. Mit aufgespannten Transparenten wurden Presseleute bis an die Polizeikette gedrängt. Eine andere Abschirmpraxis wurde tatsächlich mittels eines Schirmes versucht, den eine sehr emsige Frau ständig vor die Kameras hielt. Und damit die Presseleute den Sinn der Aktion auch verstehen, wurde "Lügenpresse" gerufen.
Die Reden der Rechten beinhalteten das Übliche: Beschimpfungen, Plattitüden und nicht ein einziger sinnvoller Lösungsvorschlag. Der letzte Beitrag der Pro NRW-Versammlung ging im Auftreten der Gegendemonstration auf dem Bahnhofsvorplatz allerdings weitgehend unter. Das antifaschistische Bündnis sorgte mit großen Lautsprechern dafür, dass die Rechten kein Gehör mehr fanden. Auf dieser Seite saß man auf dem Boden, hörte Musik und richtete sich mit Redebeiträgen an Passanten. Nach Angaben der Polizei waren es 900 überwiegend junge Menschen, die zwar laut aber bis zum Nachmittag friedlich demonstrierten.
Die Demonstranten von Pro NRW wollten nach der Veranstaltung auf dem Bahnhofsvorplatz noch durch die Kölner Innenstadt ziehen. Dies wurde jedoch in letzter Minute verboten. Die aufgebrachte Menge wurde von der Polizei am Verlassen des Platzes gehindert.