James Randi wurde der erste Preisträger des Heinz-Oberhummer-Awards für Wissenschaftskommunikation. Skeptiker-Chefreporter Bernd Harder hat mit ihm Anfang des Jahres bei der Verleihung in Wien gesprochen.
Bernd Harder: Was bedeutet die Wahl von Donald Trump für die Skeptiker und das kritische Denken in Ihrem Land?
James Randi: Meine Leute haben mich vor dieser Reise nach Europa ermahnt, nicht allzu viel dazu zu sagen. Ich denke, Donald Trump ist nicht für dieses Amt qualifiziert. Er zweifelt an nichts. Allenfalls von Gott selbst würde er Ratschläge annehmen.
Trumps Beraterin Kellyanne Conway macht mit eigenwilligen Neologismen wie "Alternative Fakten" von sich reden. Aber schon im Wahlkampf kursierte das Schlagwort von der Ära der "Post-truth politics". Wenn die Menschen nicht mehr an Fakten interessiert sind – was können wir Skeptiker dann überhaupt noch ausrichten?
Ich habe keine Antwort auf diese Frage. Die gegenwärtige Situation ist nicht nur sehr unglücklich, sie könnte sich geradezu als fatal erweisen. Nach der Wahl sind mir viele Leute begegnet, beim Einkaufen etwa, die nur noch den Kopf geschüttelt haben. Man sah ihnen den Schock richtig an. Wir sind alle recht beunruhigt.
Andererseits ist das ja nun nichts völlig Neues für uns. Mit Verschwörungstheorien, Falschbehauptungen und "Unsinkable Rubber Ducks" – Christopher Brookmyre prägte den Begriff – hatten es die Skeptiker doch immer schon zu tun.
Und meiner Überzeugung nach ist der Hauptgrund dafür die Religion, also gewissermaßen ein evolutionäres Erbe. Wenn irgendwo ein Stein herunterfällt, sucht man erst mal nach einer personalen Erklärung: Wer hat das gemacht? Auf diese Weise sind die Vorstellungen von Donnergöttern und allen möglichen übernatürlichen Wesenheiten entstanden, einschließlich einer Hierarchie von Himmel bis Hölle.
Credomanie, also die Glaubenssüchtigkeit, ist uns zu einem Gutteil angeboren und eine unerschöpfliche Quelle des Aberglaubens. So menschlich das auch ist, so sollten wir im Zeitalter der Wissenschaft doch den Mut und die Entschlossenheit aufbringen, diese primitiven Mechanismen zu durchschauen, und uns ihnen entgegenstellen.
Bleiben wir noch bei den unsinkbaren Gummienten. Uri Geller behauptet bis heute, die Skeptiker – und vor allem Sie – hätten ihn erst berühmt gemacht. War die Aufklärung über seine Tricks mithin kontraproduktiv?
Kennen Sie die Fabel vom Fuchs und den Trauben? Genauso ist es mit Geller. Ich habe ihn sicher nicht zu dem gemacht, was er ist. Im Gegenteil, ich habe ihm viele Schwierigkeiten bereitet, mehr als jeder andere. Geller hat alle Rechtsstreitereien mit mir verloren und teilweise teuer dafür bezahlt, weil er die Verfahrenskosten zu tragen hatte. Das waren einmal sogar mehr als 100 000 Dollar. Er versucht das nun umzudrehen, im Sinne von Äsops antiker Fabel, aber das funktioniert nicht.
Ich nehme mir solche provokant gemeinten Äußerungen nicht weiter zu Herzen. Uri Geller ist definitiv weg vom Fenster. Nicht mal in seiner Heimat Israel wird er von irgendjemandem ernst genommen. Wussten Sie, dass seine Frau, bevor sie geheiratet haben, in einem Zeitungsinterview alle seine Tricks verraten hat? Nach der Hochzeit hat sie vermutlich Redeverbot bekommen, denn danach war nichts mehr von ihr zu hören.
Eine andere unsinkbare Gummiente ist der Fernsehprediger Peter Popoff. Ihn ließen Sie auffliegen, indem Sie zeigten, dass seine Informationen über die Saalgäste nicht von Gott stammten, sondern von einem nicht sichtbaren Funkempfänger. Popoffs Organisation ging pleite, mittlerweile ist er aber wieder ganz gut im Geschäft.
Popoff ist einer von etwa 30 Leuten in diesem Bereich, die immer wieder als Scharlatane geoutet werden, aber dennoch einfach weitermachen. Popoff hat es mit seiner Klientel auch leicht. Diese Menschen haben große Angst vor dem Sterben und glauben hoffnungsvoll alles, was ihnen vorgesetzt wird. Es ist erstaunlich, was Religion mit der kritischen Denkfähigkeit von Popoffs Anhängern macht.
Der Heinz-Oberhummer-Award erinnert an den 2015 verstorbenen österreichischen Physiker und Kabarettisten. Die mit 20 000 Euro dotierte Auszeichnung wird jährlich an nationale und internationale Wissenschaftskommunikatorinnen und -kommunikatoren verliehen. Initiiert von Martin Puntigam haben die "Science Busters" zusammen mit der Universität Graz, der Technischen Universität Wien, dem ORF Fernsehen, Radio FM4 und der Stadt Wien den Preis ins Leben gerufen und finanziert. Als erster Preisträger erhielt im November 2016 der gebürtige Kanadier James Randi die Trophäe – ein Glas Alpakakot aus dem Hause Oberhummer.
Sie selbst gehen auf die 90 zu …
Ich bin alt genug, um dem Tod ins Auge zu sehen, aber ich habe keine Angst davor. Ich kann auf ein erfülltes Leben zurückblicken und sehe dem Unausweichlichen mit Gelassenheit entgegen. Natürlich sollte ich vorher aber noch mein nächstes Buch fertigkriegen.
In einem Interview mit Kylie Sturgess für CSI-Online haben Sie in diesem Zusammenhang bereits von ihrem "Abgesang" gesprochen.
Ja, das kann ich mir in meinem Alter durchaus vorstellen. Bislang hatte ich allerdings immer sehr viel Glück. Wobei ich auch nie wirklich ein Risiko eingegangen bin. Selbst beim gefährlichsten Trick war alles perfekt geplant und es standen immer Leute bereit, um mich notfalls zu retten. In einigen Fällen mussten sie das auch tun.
Worum geht es in denn in Ihrem elften Buch?
Es handelt von meinen Besuchen bei Wissenschaftlern in aller Welt, die Hellseher und andere Scharlatane getestet haben. Oft genug haben diese Wissenschaftler sich täuschen lassen, weil sie es nicht besser wussten. Wenn etwas außerhalb ihrer ganz speziellen Expertise liegt, dann versagen auch sie. Und Trickser gehören nun mal ganz eindeutig nicht zu ihrem Fachgebiet.
Da fällt uns natürlich das Projekt Alpha ein. Anfang der 1980er-Jahre schleusten Sie zwei junge Männer, Michael Edwards und Steve Shaw, in das McDonnell Laboratory for Psychical Research in St. Louis ein, wo sie die Parapsychologen davon überzeugten, starke mentale Kräfte zu besitzen. Allerdings waren auch das nur Tricks. Vor kurzem habe ich gelesen, dass dieser legendäre Coup verfilmt werden soll.
Davon habe ich gehört, weiß aber nicht, wie weit das gediehen ist. Die beiden Alpha-Kids – Steve Shaw ist übrigens heute als "Banachek" ein bekannter Mentalmagier – sind zwar von Filmproduzenten kontaktiert worden, aber ob etwas dabei herauskommt, ist unsicher.
Dabei ist die Geschichte wirklich spannend. Michael und Steve kamen damals zu mir und sagten, wir müssten das Ganze beenden, weil die Sache völlig aus dem Ruder laufe – so erfolgreich waren sie darin, die durchaus ernsthaften Forscher hinters Licht zu führen. Sie machten sich Sorgen um das Ansehen ihrer Versuchsleiter, insbesondere eines Mannes, dessen Namen ich lieber nicht nenne. Als wir unseren Hoax später im Time-Magazine veröffentlichten, nannten wir den Namen ebenfalls nicht. In meinem Buch spreche ich nur von "Dr. X". Jeder, der sich ein bisschen auskennt, kann den Mann aber leicht ausfindig machen.
Das Schlimme dabei war, dass er trotz unserer Enthüllungen über die verwendeten Tricks nicht von seinem Glauben lassen wollte, dass die Alpha-Kids über echte paranormale Fähigkeiten verfügen.
Und wie geht es mit Ihrem One-Million-Dollar-Challenge weiter?
Das weiß ich nicht. Ich bin jetzt 88 Jahre alt und sollte wohl keine allzu weitreichenden Pläne mehr für die Zukunft machen. Derzeit bin ich mit meinem Buchprojekt völlig ausgelastet. Außerdem ist der Preis von allen Stars des Paranormalen konsequent ignoriert worden, sodass es vielleicht auch gar keinen Sinn macht, ihn weiter aufrechtzuerhalten. Geller beispielsweise hat die Million nie für sich beansprucht, obwohl der Challenge eigentlich an Leute seines Kalibers gerichtet war.
Was ist Ihrer Auffassung nach die gefährlichste Spielart des vorgeblich Paranormalen?
Eindeutig die Pseudomedizin. Gerade in diesem Bereich ist Skeptizismus eine im wahrsten Sinne des Wortes gesunde Einstellung, für die wir uns weiterhin engagieren sollten.
Sie haben 1976 als Entertainer CSICOP mitbegründet und gelten heute als "Urvater der Skeptiker" – so nennt Sie auch das Magazin profil in einem Artikel zur Heinz-Oberhummer-Preisverleihung.
Ich kann das wegen der kleinen Schrift leider nicht lesen, aber ich fühle mich geschmeichelt. Damals in New York waren wir kaum mehr als eine Handvoll Gründungsmitglieder und Martin Gardner schlug vor, dass ich die Leitung von CSICOP übernehmen sollte. Das habe ich aber abgelehnt, weil ich kein Akademiker bin und mit meinen Shows und Radiosendungen auch viel zu beschäftigt war.
Aber war nicht gerade der Unterhaltungsfaktor eines James Randi ein entscheidender Punkt bei der Popularisierung des skeptischen Anliegens?
Kennen Sie Alice Cooper?
Gewiss.
Man weiß ja nie. Ich habe in den 1970ern mit Alice bei seiner Bühnenshow zusammengearbeitet und bekomme immer noch Eintrittskarten zugeschickt, wenn er in Florida auftritt. Bei seinen Konzerten werden große Pappschachteln aufgestellt, die nach noch mehr Lautsprechern aussehen. Das soll vor allem die Jugend beeindrucken.
Wenn ein bisschen Inszenierung und Effekte nötig sind, um die Botschaft rüberzubringen, dann ist das völlig ok. Bei Alice Cooper, bei James Randi – und auch bei den Skeptikern.
Sehen Sie irgendwo in der skeptischen Community einen zweiten Randi heranwachsen?
Das kann ich Ihnen wirklich nicht beantworten. Ich komme wahrscheinlich nicht wieder.
Das Interview erschien erstmalig in der Zeitschrift DER SKEPTIKER 01/2017.
3 Kommentare
Kommentare
Chr. Nentwig am Permanenter Link
Randi war mein Star, ist mein Star und wird immer mein Star bleiben.
Das war ein Super Interview.
Chr. Nentwig
Kay Krause am Permanenter Link
Ein bewundernswerter weiser alter Herr, dessen Lebenswerk darin besteht, Scharlatanerie öffentlich zu entblößen. In dem Maße, in dem es uns gegeben ist, sollten wir es ihm nachtun!
Pavlovic am Permanenter Link
Ich durfte James Randi bei der Verleihung des Erwin-Fischer-Preises 2004 "betreuen" und er führte einen Zaubertrick im Hinterzimmer zweimal vor, den ich bis heute nicht verstehe wie er dass hinbekommen hat: