Präsidentschaftswahl Brasilien

Brasilien wählt zwischen Pest und Cholera

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Brasilien steuert nach dieser Wahl in eine ungewissene Zukunft.

Brasilien hat seinen neuen Präsidenten gewählt: Jair Bolsonaro. Bolsonaro, der auch als "der brasilianische Trump" bezeichnet wird, vertritt eine extrem rechte und proreligiöse Agenda. Was das Hofieren der Religiösen betrifft, stand ihm im Wahlkampf jedoch auch sein nun unterlegener Gegenkandidat Haddad kaum in etwas nach.

Nach erbittertem Wahlkampf und einer durch die dabei geleisteten Entgleisungen und menschenverachtenden Aussagen geschockten Weltöffentlichkeit hat Brasilien am 28.10.2018 bei einer Stichwahl zwischen Fernando Haddad von der Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores (PT)) und Jair Bolsonaro von der Sozialliberalen Partei (Partido Social Liberal (PSL)), seinen neuen Präsidenten gewählt. Nach weitgehender Auszählung der Wahlkreise steht nun Jair Bolsonaro mit einer Mehrheit von rund 55 % der Stimmen als neuer Präsident und Nachfolger Michel Temers fest.

Während die meisten Menschen ein oder zwei Jahre nach einer Wahl ernüchtert sind, weil ihre Volksvertreter*innen die Wahlkampfversprechen nicht oder nur teilweise umgesetzt haben, bleibt für Brasilien nur zu hoffen, dass der neu gewählte Präsident seine Versprechen tatsächlich nicht hält. Bereits der Wahlkampf zwischen Bolsonaro und Haddad war schmutzig. Es wurde gegen Frauen und Minderheiten gehetzt und um die Stimmen ultrareligiöser Menschen gebettelt.

Haddad, der in Umfragen auch bei den religiösen Menschen hinter Bolsonaro lag, vereinbarte mit der katholischen Kirche im Gegenzug für deren Unterstützung, als Präsident die Abtreibung nicht zu legalisieren. Bolsonaro ging noch weiter und versprach gleich einen konservativen gesellschaftlichen Rundumschlag: "Será uma limpeza nunca vista na história do Brasil" – "Es wird eine Reinigung geben, wie es sie in der Geschichte Brasiliens noch nie gab". Womit Bolsonaro meint, dass die Tätigkeit von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) z. B. im Bereich Umweltschutz unmöglich gemacht wird. Harte Zeiten kommen unter dem neuen Präsidenten auch auf Frauen, People of Colour, Homosexuelle und andere Personengruppen zu. Immer wieder fiel Bolsonaro durch Hetzkommentare gegen LGBT und viele andere auf. People of Color sind für ihn Vagabunden, die von staatlicher Hilfe leben.

Im Gegensatz zu den genannten gesellschaftlichen Gruppen dürften männliche heterosexuelle weiße katholische Waffenfans ihr Vergnügen am Wahlkampf und dessen Ausgang (gehabt) haben. Außerdem vielleicht noch der ein oder andere reiche Fußballer, der es sich nicht nehmen lassen wollte, die Werbetrommel für Bolsonaro zu rühren.

Während Länder wie Irland mit riesigen Schritten in eine menschenfreundlichere Zukunft schreiten, in der niemand mehr für Blasphemie angeklagt werden darf, Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt sind, fällt Brasilien mit dieser Wahl in die gesellschaftliche graue Vorzeit zurück, in der Kirchen Macht haben, Menschenrechte hintenan stehen und Waffen Dialog und Aktivismus ersetzen.