Matthew Boedy legt das erste kritische Buch zu Charlie Kirk und Turning Point vor, worin der Einfluss des "christlichen Nationalismus" nicht nur auf die Politik exemplarisch veranschaulicht wird. "Exposing the Dangerous Plan to Christianize America and Destroy Democracy" lautet der passende Untertitel.
Man kann als Hochschullehrer, der auf dem Campus keine Waffen dulden möchte, schnell auf eine "professor watchlist" kommen. So erging es 2016 Matthew Boedy, der an der University of North Georgia in den USA lehrt. Diese Erfahrung motivierte ihn, sich genauer mit den Hintergründen zu beschäftigen. Verantwortlich dafür war eine Gruppierung namens Turning Point, gegründet von einem einschlägigen Aktivisten namens Charlie Kirk. Seine brutale Ermordung vor laufenden Kameras machte ihn 2025 post mortem weltberühmt. Das Erschrecken über diesen Gewaltakt ließ aber auch Kritik an seinem Wirken verstummen. Befördert wurde dieser Effekt der Immunisierung noch dadurch, dass Fehlinformationen auch von deutschen Journalisten verbreitet wurden. Dabei ist der kritische Blick auf dessen Person keineswegs als Rechtfertigung seiner Tötung zu verstehen. Dies kann man auch Boedy und seinem Buch auf breiter Faktenbasis nicht vorwerfen, veröffentlichte er doch bereits vor dem Mord dieses erste ausführlichere Sachbuch zum Thema.

Es trägt den Titel: "The Seven Mountains Mandate. Exposing the Dangerous Plan to Christianize America and Destroy Democracy" ("Das Mandat der sieben Berge. Aufdeckung des gefährlichen Plans, Amerika zu christianisieren und die Demokratie zu zerstören"). Darin geht es um neue Entwicklungen im christlichen Fundamentalismus, der auch politisch von großer Relevanz in den USA ist. Genau genommen fällt der Blick auf den "christlichen Nationalismus", wie auch das Selbstverständnis bei den Gemeinten lautet. Deren Anhänger haben über die Jahrzehnte ein breites Netzwerk in den USA etabliert. Es diente auch bei den letzten drei Präsidentschaftswahlen jeweils Donald Trump, um ihm aus dem einschlägigen sozialen Milieu entsprechend Wählerstimmen zuzutreiben. Dabei waren auch Charlie Kirk und Turning Point wichtig. Die von The Atlantic vorgetragene Auffassung, wonach hier Kirk der "Königsmacher" gewesen sei, steht als Kommentierung aber eher für eine Übertreibung. Gleichwohl waren und sind die gemeinten Aktivisten um Turning Point ein wichtiger Zusammenschluss. Darauf macht das von Boedy verfasste Buch aufmerksam.
Er blickt auf die Entstehung einschlägiger Gruppierungen zurück und damit auf die 1970er Jahre, wo seinerzeit noch ohne große Beachtung diverse Pläne erörtert wurden. Genau genommen geht es um das "Seven Mountains Mandate", das zu einer einschlägigen Ideologie gehört. Deren evangelikale Anhänger streben damit gesellschaftliche, politische und religiöse Dominanz an. In sieben Bereichen will man eine Hegemonie erlangen, um längerfristig einen religiösen Staat in den USA zu etablieren. Dieses Bemühen ist bei Boedy das zentrale Thema. Sein Buch beginnt mit der damit einhergehenden Entstehungsgeschichte und zeichnet die folgende Entwicklung nach, wobei er auf das Engagement in eben sieben Kontexten verweist. Entsprechend gegliedert ist auch der Hauptteil seiner Monographie, dann bezogen auf die unterschiedlichen Handlungsfelder und das dortige Wirken: Erziehung, Familie, Medien, Regierung, Religion, Unterhaltung und Wirtschaft. Seit 2012 wirkten hierbei mit steigendem Einfluss führend Kirk und Turning Point.
Anschaulich beschreibt Matthew Boedy die gemeinte Entwicklung, dabei ohne Polemik und ohne Übertreibung. Gesondert geht er in den einzelnen Kapiteln jeweils auf das Gefahrenpotential ein, denn eine Demokratie droht von einer Theokratie überlagert zu werden. Gerade diese Ausführungen hätten noch etwas ausführlicher sein können, gleichwohl wird das Gemeinte schon klar. Aus europäischem Blick mag manches verwunderlich wirken, in den USA ist so etwas viel stärker sichtbar. Ein Drittel gilt dafür als empfänglich, folgt man diversen Meinungsumfragen. Darauf macht Boedy anhand vieler Einzelheiten aufmerksam. Gleichzeitig liefert er durch die Kapiteleinteilungen ein Untersuchungsraster, das wie bei ihm mustergültig umgesetzt zur Einordnung der gemeinten Entwicklungen dienen kann. Bedauerlich ist allenfalls das Fehlen noch genauerer Informationen zu Turning Point, insbesondere zu deren Organisationsstruktur und den Spendern. "Exposing the Dangerous Plan to Christianize America and Destroy Democracy" ist ein passender Untertitel.
Matthew Boedy, The Seven Mountains Mandate. Exposing the Dangerous Plan to Christianize America and Destroy Democracy, Louisville 2025, Westminster John Knox Press, 183 Seiten, 25 US-Dollar






