Erster pastafarianischer Ratsherr vereidigt

"Ich gelobnudele"

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Der Bamberger Ratsherr Fabian Dörner.

Die Anhänger der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters – sogenannte Pastafari – haben eine weitere Hürde in Hinblick auf die gesellschaftliche Anerkennung ihrer Weltanschauungsgemeinschaft gemeistert. Im Mai wurde mit Fabian Dörner in Bamberg deutschlandweit erstmals einem Ratsmitglied eine pastafarianische Vereidigung gestattet.

hpd: Herr Dörner, Sie wurden im Mai als Ratsherr des Stadtrats von Bamberg vereidigt. Das allein wäre noch nichts Besonderes, doch Sie haben diesen Eid mit pastafarianischer Kopfbedeckung und Eidesformel abgelegt –  als bundesweit erster Abgeordneter in einem Stadtparlament. Gab es im Vorfeld der Vereidigung Probleme?

Dörner: Ich würde es nicht unbedingt als "Probleme" bezeichnen. Es war klar, dass es in einem katholisch geprägten Bundesland mit einer Regierungspartei mit dem Begriff "christlich" im Namen nicht auf Verständnis oder Begeisterung stößt, wenn ein Mandatsträger bezüglich der Eidesformel etwas noch nie Dagewesenes machen möchte. Es hat etwas gedauert, bis ich selbst den Artikel 31 der Bayerischen Gemeindeordnung verstanden und meine Eidesformel entsprechend formuliert habe.

"Ich gelobnudele"

Obwohl Ihnen die Formel "So wahr mir das Monster helfe" verwehrt wurde, haben Sie trotzdem etwas Pastafarianisches in den Eid hineingeschmuggelt. Was war das?

Beamte und Mandatsträger haben sehr wenige Möglichkeiten die Eidesformel gesetzeskonform zu variieren. Man kann schwören und sich dabei von Gott helfen lassen, man kann geloben oder man darf "das Gelöbnis mit einer dem Bekenntnis seiner Religionsgemeinschaft oder der Überzeugung seiner Weltanschauungsgemeinschaft entsprechenden, gleichwertigen Beteuerungsformel einleiten". Genau das habe ich getan. Die gleichwertige pastafarianische Beteuerungsformel lautet "ich gelobnudele". Und diese habe ich nicht "hineingeschmuggelt", sondern der Verwaltung offiziell mitgeteilt.

Wie waren die Reaktionen auf Ihre für Bamberger Verhältnisse sicherlich sehr ungewöhnliche Vereidigung? Haben Sie von Mitgliedern anderer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften Rückendeckung erhalten?

Konservative und gläubige Christen haben durchweg negativ auf die Wahl meiner Eidesformel reagiert und mir vorgeworfen, dass ich mein Mandat und die Vereidigung nicht ernst nehmen und die Ehre des Amtes beschmutzen würde. Eine der vielen Diskussionen/Kommentare ging darum, ob sich nicht jemand finden würde, der eine Klage anstrengen könnte, um die Vereidigung für ungültig zu erklären. Ich warte noch auf eine entsprechende Nachricht und würde mich sehr über eine Klage freuen.

Fühlen Sie sich durch diese Reaktionen und durch die Vorschriften hinsichtlich der Eidesformel als Pastafari diskriminiert?

Nein. Die Reaktionen von "anderer Seite" habe ich erwartet. Dass der christliche "Gott" heutzutage noch in einem Gesetzestext ist, halte ich für überholt. Ich gestehe jedem seinen Glauben zu. Aber entweder wir haben keinen Gott im Gesetz oder alle. Das bedeutet entweder, ich darf in meiner Eidesformel sagen "so wahr mir das Monster helfe" oder eben keiner bezieht sich auf einen Gott. Derzeit beziehen sich die Präambeln des Grundgesetzes sowie der bayerischen Verfassung ebenfalls auf Gott, was auch eines der Hauptargumente meiner "Fan-Gemeinde" ist.

Hand aufs Herz: Ist Ihnen Ihr Glaube wirklich so wichtig, dass Sie die Kopfbedeckung nicht mal für eine Vereidigung abnehmen können? Glauben Sie nicht, dass das Spaghettimonster da schon mal ein Auge zudrücken wird?

Dass das Monster ein Auge zudrücken würde, dessen bin ich mir gewiss! Allerdings ist eine Vereidigung eine feierliche und ernste Angelegenheit. Daher ist es eher andersherum. Ich habe den Piratenhut FÜR die Vereidigung getragen. Sonst trage ich den Hut nur bei anderen besonderen Anlässen, die mit Religion und Glauben zu tun haben.

"Erst, wenn in allen öffentlichen Gebäuden in Bayern Bierkrüge an der Wand hängen, ist der Leitkultur Genüge getan"

Nun sind Sie Mitglied der Partei Die PARTEI, die von einigen Menschen noch immer als Spaßpartei betrachtet wird. Fürchten Sie, dass Ihre Parteimitgliedschaft dazu führen könnte, dass man Ihre Weltanschauung als Spaßreligion missversteht?

Es steht jedem frei, die Dinge selbst einzuordnen. Jeder, der Die PARTEI immer noch als Spaßpartei betrachtet, trägt durch seine Taten und Äußerungen aktiv zum großen Erfolg von Die PARTEI bei. Dass meine politische Arbeit einen negativen Einfluss auf das Ansehen der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters hat, glaube ich nicht.

Werden Sie sich auch innerhalb Ihrer Partei aktiv für Ihren Glauben einsetzen, also zum Beispiel auf die Anerkennung eines offiziellen pastafarianischen Arbeitskreises drängen?

Ich konzentriere mich derzeit auf meine politische Arbeit. Innerhalb von Die PARTEI spielt Religion nicht wirklich eine Rolle. Außerdem gibt es noch die parteiinterne Die RELIGION als reine Satire-Religion. Daher wird es wohl keinen Arbeitskreis geben.

Nun liegt Bamberg in Bayern, wo die Religiosität bekanntlich zur Leit/d-Kultur gehört. Werden Sie sich als guter bayerischer Ratsherr dafür einsetzen, dass Religion weiterhin aktiv gepflegt wird und dass in Bamberg neben den Kreuzen in öffentlichen Gebäuden demnächst auch pastafarianische Symbole hängen?

Die Symbolpolitik von Herrn Söder, überall in öffentlichen Gebäuden Kreuze aufzuhängen, bekämpfe ich entschieden. Erst, wenn in allen öffentlichen Gebäuden in Bayern Bierkrüge an der Wand hängen, ist der Leitkultur Genüge getan.
 

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