Die Freidenker-Vereinigung der Schweiz veröffentlicht vier mal im Jahr das Mitgliederheft "frei denken". Doch das nur 16 Seiten umfassende Heft informiert die Mitglieder nicht nur über Vereinsinterna.
Die Themen im aktuellen Heft stellt Rita Caspar im Editorial kurz vor: "Die Stimme der Freidenker muss heute mehr denn je vernehmbar sein: In Zeiten, in denen die Politik sich auch vermeintlich Besseres, weil Althergebrachtes zurückzieht und einer überkommenen Verbotskultur das Wort redet." Es braucht mutige Menschen, die die Freiheit der Gesellschaft verteidigen - und damit auch die Freiheiten der Andersdenkenden und Andersgläubigen.
"Anstatt also über Burkaverbote und christlich-abendländische Werte zu schwadronieren, gilt es, unsere freiheitliche Verfassung und die ihr zugrunde liegende größte Kulturleistung des 20. Jahrhunderts, die Menschenrechtserklärung, zu verteidigen gegen jene, die letztere unter einem nationalistischen Kalkül aushebeln möchten."
Andreas Kyriacou schreibt dementsprechend über den "Einsatz für die Menschenrechte" und fordert, dass die Schweiz nicht "Despotenregimes in die Hände … spielen und die EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) als obsolet darstellen" sollte. Er weist darauf hin, dass in der Schweiz die Grundrechte weniger stark geschützt sind als in vergleichbaren Staaten, da "die Bundesverfassung … über Volksiniativen jederzeit geändert werden kann."
Über die Diskriminierung von Frauen - auch in Europa durch Scharia-Gerichte berichtet Eliane Schmid. Ein weiterer Artikel von ihr befasst sich mit Kinderbräuten in Europa. Der Schwerpunkt liegt dabei auf juristischen Regelungen, die das Alter der Heiratsfähigkeit bestimmen. In der Schweiz gilt seit 2013 das sogenannte "Wohnsitzprinzip" - d.h. dass zum Beispiel im Ausland geschlossene Ehen Minderjährigen nicht mehr automatisch anerkannt werden. Sie weist aber auch darauf hin, dass durch die Flüchtlinge aus Syrien und anderen Bürgerkriegsregionen immer mehr verheiratete Minderjährige in Europa leben und fordert eine generelle Regelung.
Auf Seite 8 des Heftes ist die Stellungnahme der Freidenker zum Burkaverbot veröffentlicht. Darin heißt es: "Die Menschenrechte sind allgemeingültig und haben Vorrang. Sie bieten einen Lösungsansatz für religionsspezifische Herausforderungen. Gleichstellung der Geschlechter, Vielfalt und Toleranz sind säkulare Werte, auf deren Basis die Religionsfreiheit zugunsten der Menschenrechte und des friedlichen Zusammenlebens zu relativieren sind. Burka und ähnliche Gesichtsschleier sind geeignet. Frauen zu unterdrücken. Selbst gewählt sind sie ein Zeichen der bewußten Nicht-Integration. Eine aufgeklärte Gesellschaft darf sich dadurch nicht zu einer Verbotskultur provozieren lassen, darf aber Unterdrückung nicht tolerieren. Die FVS (Freidenkervereinigung der Schweiz) spricht sich gegen die Burka, aber auch gegen ein allgemeines Burkatrageverbot aus."
Die Seite 9 des Heftes nimmt die "Säkulare Erklärung zum politischen Islam" ein, die der hpd veröffentlichte.
Wie gewohnt runden Buchbesprechungen, Termine und kurze vereinsinterne Beiträge das Heft ab.
3 Kommentare
Kommentare
Thomas am Permanenter Link
"Gleichstellung der Geschlechter, Vielfalt und Toleranz sind säkulare Werte, auf deren Basis die Religionsfreiheit zugunsten der Menschenrechte und des friedlichen Zusammenlebens zu relativieren sind."
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Die Religionsfreiheit IST ein "Menschenrecht", und zwar eines mit integriertem Zerstörungsmechanismus für alle übrigen Menschenrechte. Man könnte und sollte sich mit der Meinungsfreiheit zufriedengeben (die zwar jede Art von Aussagen ermöglicht, aber keine von ihnen kritikimmunisiert), doch statt dessen hat man Religioten ein Sonderrecht auf unkorrigierbares irrationales Denken und Handeln gewährt. Neben den Religionen selbst halte ich das für DIE katastrophalste kulturelle Fehlleistung der Menschheit, denn Irrationalismus ist anti-ethisch und der Hauptgrund für all das vermeidbare Leid auf der Erde. Eine Abschaffung der Religionsfreiheit erscheint unmöglich, und so bleibt uns nichts anderes übrig, als weiter daran zu arbeiten, jede Form von Irrationalismus aus den Köpfen der Menschen zu vertreiben, um die Religionsfreiheit eines (sehr, sehr fernen) Tages gegenstandslos zu machen.
Atheist Steinbrenner am Permanenter Link
Volle Zustimmung, Religion als teil der Meinungsfreiheit würde vollkommen ausreichend sein.
Zumindest enthält die Allgemeine Erklärung der Menschenechte in Artikel 30 aber den Hinweis dass man ein Recht nicht gegen das Recht eines anderen einsetzen kann.
"Keine Bestimmung dieser Erklärung darf dahin ausgelegt werden, daß sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person irgendein Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, welche die Beseitigung der in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten zum Ziel hat. "
Das heisst nach meiner Lesart, dass der Versuch einer Religion zur Durchsetzung Ihrer Lehren als allgemeine Normen ein Verstoss gegen die Menschenrechte ist.
Während man sich mit dem Bekenntnis zu den Menschrechten und dem Grundgesetz auf dem Boden der Menschenrechtre befindet, stehen Islamisten mit Aussagen wie "Der Koran ist mein Grundgesetz!" nicht auf dem Boden der Menschenrechte, genausowenig wie Christianisten die Teile ihres Moralkodex vermittels Lobbyismus zu allgemein gültigen Gesetze machen wollen. Vgl. Kriminalisierung der Beihilfe zur Selbsttötung.
Insofern ist der Einfluss von Religion in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durchaus formal begrenzt. Wir bäuchten also nicht andere kodifizierte Normen sondern nur die Umsetzung der existierenden.
Was die Situation in Deutschland angeht, so ist Art 140 GG i.V.m. Art 137 Abs1 Satz1 WRV ja auch für den juristischen Laien eindeutig zu verstehen:
"Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes."
Man müsste dies nur in der Rechtssprechung entsprechend umsetzen.
Thomas am Permanenter Link
Es mag sein, daß die bestehende Rechtslage ungenutzte Möglichkeiten bietet, religiöse Einflüsse zurückzudrängen, aber solange es die Religionsfreiheit gibt, wird sie den verheerenden Gedanken perpetuieren, es sei akze