London ist wieder von einem Terroranschlag getroffen worden. Diesmal richtete er sich gegen Muslime. In einem Kommentar fordert der Politologe Hamed Abdel-Samad ein entschiedenes Vorgehen gegen die Feinde der offenen Gesellschaft – egal welcher Couleur.
So wie wir Anschläge verurteilen, die von radikalen Muslimen verübt werden, müssen wir ohne wenn und aber auch den Anschlag auf Muslime in London verurteilen. Wir dürfen uns nicht in die Logik des Hasses verwickeln lassen oder Gewalt relativieren! Es gibt keine Rechtfertigung für Gewalt gegen Unschuldige, egal wer Täter und wer Opfer ist. Staat und Zivilgesellschaft müssen entschieden gegen alle radikale Strömungen vorgehen, die die offene Gesellschaft und das friedliche Zusammenleben ablehnen, egal ob Muslime oder Nichtmuslime.
Nichtmuslime, die berechtigte Ängste vor dem Islam haben, dürfen die Augen vor anderen Gefahren aus den eigenen Reihen nicht verschließen. Auch friedliche Muslime sind gefragt, diesen Anschlag nicht als Anlass zu nehmen, sich wie gewohnt in die kollektive Opferrolle zurückzuziehen, sondern als Motivation, gegen Hass und Ausgrenzung auch in den eignen Reihen vorzugehen. Es reicht nicht aus zu sagen, auch die anderen sind Terroristen und der Terror habe keine Religion.
Das friedliche Zusammenleben in ganz Europa steht auf dem Spiel. Angst, Skepsis und Gewaltbereitschaft wachsen schneller als die Kapazität der Behörden und der Gesellschaft. Wir brauchen mehr Ehrlichkeit und weniger Opferhaltung; mehr Empathie und weniger Naivität; mehr Taten und weniger Durchhalteparolen!
Die Demokratie und die offene Gesellschaft haben mehrere Feinde. Sie mögen sich oft zwar nicht, doch sie legitimieren und schaukeln sich gegenseitig hoch. Deshalb sind wir alle gefragt, die Feinde der Demokratie zu isolieren, zu ächten und Alternativen zu ihren vereinfachten Welt- und Gesellschaftsbilder zu bieten!
5 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Fremdenfeindlichkeit gibt es in jedem Land. Bei uns haben Flüchtlingsheime gebrannt, der Mob ging auf die Straße, um allem "Undeutschen" seinen Hass entgegen zu grölen.
Diese Art von Schwachsinn wird es leider immer geben. Menschen, die glauben nicht gehört zu werden oder die ihre "Ideale" selbst in die Hand nehmen wollen. Allerdings könnte man ihnen ihre Selbstlegitimation entziehen. Denn diese erwächst aus einem wesentlich verbreiterten "dumpfen" Gefühl in der Bevölkerung, dass die real existierenden Probleme "von denen da oben" nicht erkannt oder richtig behandelt würden.
Ja, es herrscht Verunsicherung in der Politik. Einerseits will man es sich mit den Religionsgemeinschaften nicht verderben - in ihnen könnten potentielle Wähler sein - andererseits ist unübersehbar, dass einzelne Personen(gruppen) aus diesen Gemeinden rechtsstaatliche Prinzipien ablehnen. Wie bekommt man also diesen Spagat hin, einerseits die Religion nicht zu verdammen, andererseits aber die Verantwortung der Religion klar zu benennen?
Eines ist sicher: Die Vertreter des Islams sind dabei wenig hilfreich. Sie beschwichtigen gebetsmühlenartig, dass Taten im Namen des Islams nichts mit dem Islam zu tun hätten. Dieses Fass muss ich hier gar nicht aufmachen. Es reicht die Feststellung, dass diese Beschwichtigung nicht hilfreich ist. Die "Biodeutschen" fühlen sich dadurch nicht in ihrer Angst verstanden und die friedlichen Muslime sehen weniger Gründe dafür, in ihrem eigenen Laden aufzuräumen. Und den rechten Krakeelern liefert diese Beschwichtigungskampagne Munition für ihren blinden Hass.
Es wäre an der Politik, hier korrigierend einzugreifen. Es wird sich doch irgendwo ein Referent im Innenministerium finden lassen, der einmal den Koran liest, der sich dann mit Vertretern des Islams und dessen versierten Kritikern - wie z.B. Hamed - trifft, um zu einer Position zu gelangen, die jedem denkenden Menschen möglich ist: Der Islam in seinem politischen Herrschaftsanspruch ist das Problem!
Wenn dies dann zu Statements und Politik des Innenministers führen würde - d.h. nicht die Muslime abzulehnen, sondern die Gefahren des Islams eindeutig zu benennen -, könnte dies in der Bevölkerung zu einer gewissen Entspannung führen. Und je mehr das Vertrauen in die reale Politik wächst, umso weniger werden die klassischen fremden- oder islamfeindlichen Stammtischparolen "gesellschaftsfähig" sein. Wenn "die da oben" das sagen, was der Bürger "doch mal sagen darf" - natürlich nicht polemisch, sondern sachlich -, wird den gewaltbereiten Rechten die latente gesellschaftliche Legitimation entzogen.
Wer sich nicht mehr sicher sein kann, nach seiner dummen Tat als Volksheld gefeiert zu werden, sondern als mieser Terrorist verurteilt wird, wird vermutlich davon Abstand nehmen. Ich vermute nämlich, es geht den weitaus meisten Menschen um eine Lösung des Problems "Umgang muslimisch konditionierter Menschen mit Freiheit und Demokratie" und nicht um dumpfe Fremdenfeindlichkeit.
Diese "klare Kante" in der Politik würde auch den Druck auf muslimische Gemeinden erhöhen, endlich die Hausaufgaben zu machen und den Islam von allen rechtstaatsfeindlichen Elementen zu befreien. Es kann nicht angehen, dass es mitten in Deutschland oder Europa (im Grunde auch sonst wo in der Welt) Organisationen gibt, die ihre Kinder verletzen dürfen (Beschneidung), die Geschlechterapartheit betreiben (Kopftuch etc.), die Tiere quälen (Schächten) und gesundheitliche Risiken in Kauf nehmen (Fasten während des Ramadan etc.).
Möglicherweise würde eine solche Reform des Islams hin zu einer reinen Privatveranstaltung auf Basis rechtsstaatlicher Prinzipien auch Salafisten den Nährboden entziehen, um dauerfrustrierte Muslime zu rekrutieren. Wenn dem Islam das Trennende genommen wird - und nicht die Mehrheitsgesellschaft des Trennende zu akzeptieren lernen muss (der Knackpunkt des Ganzen!) - dann besteht aus meiner Sicht eine echte Chance für ein offenes und friedliches Miteinander. Ein Weiterso wird nur den radikalen Rändern aller Lager weiter Aufschub geben. Und davor habe ich Angst!
HansNykl am Permanenter Link
Auf den Punkt gebracht, Herr Kammermeier, vielen Dank, Sie sprechen mir aus der Seele.
libertador am Permanenter Link
" Es kann nicht angehen, dass es mitten in Deutschland oder Europa (im Grunde auch sonst wo in der Welt) Organisationen gibt, die ihre Kinder verletzen dürfen (Beschneidung), die Geschlechterapartheit betreiben (
In den ersten drei Punkten würde ich Ihnen zustimmen. Aber wenn erwachsene Menschen fasten, können Sie das ganz gut selbst entscheiden. Es gehört zum Rechtsstaat dazu, dass sich Menschen selbst entscheiden dürfen wofür Sie Risiken eingehen.
Ich finde es wichtig, dass man bei solcher Kritik die Punkte kritisiert, die kritisch sind, wie Sie es auch getan haben. Doch sollte man weitere Dinge, die vielleicht unklug sind, da gesundheitsschädlich, den Gläubigen selbst überlassen.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"... wenn erwachsene Menschen fasten, können Sie das ganz gut selbst entscheiden. Es gehört zum Rechtsstaat dazu, dass sich Menschen selbst entscheiden dürfen wofür Sie Risiken eingehen."
Ja, da gibt es keinen Widerspruch von mir. Ab 18 Jahren kann sich auch jeder selbst beschneiden. Doch fasten nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder (obwohl islamisch nicht vorgeschrieben) und Jugendliche werden dazu angehalten, zu fasten. Aber auch Erwachsene erleiden hin und wieder gesundheitliche Schäden (kollabieren), wenn sie bei brütender Hitze keine Flüssigkeit zu sich nehmen. Und die dann notwendigen Heilbehandlungen/Rettungsaktionen zahlt dann wieder die Allgemeinheit.
Jeder Arzt wird bestätigen, dass es fahrlässig ist, bei Hitze nicht wenigstens drei Liter Wasser täglich zu trinken. D.h. die Arbeitsfähigkeit (laut Ditib sogar die Demonstrationsfähigkeit) wird erheblich herabgesetzt. Die Konzentration in der Schule leidet, die Fahrtauglichkeit (Verkehrssicherheit) etc.
Und dann wird Fasten im Ramadan nicht als freiwillige Veranstaltung empfohlen, sondern - wie dies in Religionen üblich ist - mit sozialem Zwang und in muslimischen Ländern sogar mittels drakonischer Strafen durchgesetzt. Man stelle sich eine folgende Szene vor einen deutschen Gericht vor. Der Richter brüllt den Angeklagten an: "Wie kamen Sie nur auf den gotteslästerlichen Gedanken, im Ramadan etwas zu trinken?" Die kleinlaute Antwort des Delinquenten: "Ich hatte Durst!" Würden wir dann eine anschließende Bestrafung hinnehmen?
"Ich finde es wichtig, dass man bei solcher Kritik die Punkte kritisiert, die kritisch sind, wie Sie es auch getan haben. Doch sollte man weitere Dinge, die vielleicht unklug sind, da gesundheitsschädlich, den Gläubigen selbst überlassen."
Wären die Religionsgemeinschaften so offen, dass sie dies wirklich den Gläubigen überlassen würden, hätte ich damit kein Problem. Doch gerade der soziale Druck, das Vorbild der Eltern ihren Kindern gegenüber und die Angst, der eigene Vater käme in die Hölle, wenn man sich nicht an die göttlichen Gebote hält (habe ich schon von einem muslimischen Jugendlichen gehört) lassen für eine freie Wahl keinen Spielraum.
Es ist also an den Religionsgemeinschaften, sich dahingehend zu reformieren, dass ALLE sogenannten "göttlichen" Gebote auf rein freiwilliger Basis praktiziert werden - ohne familiären Druck, ohne Repression in der Gemeinde. Aber bis dahin sehe ich noch einen sehr langen Weg...
Tom Schmidt am Permanenter Link
Die Weltuntergangsrethotik ist kontraproduktiv und spielt im Übrigen den Islamisten in die Hände. Mag sein, dass in Herrn Abdel-Samads Filterblase das friedliche Zusammenleben gefährdet ist.
Als vor 16 Jahren die Anschläge von New York die Welt erschütterten, fragten wir uns alle bang, was machen "die" als nächstes. Schreckgespenster von dreckigen Bomben machten die Runde, es gab Angst vor Biowaffen. Es folgten eine Serie von großen konventionellen Anschlägen auf Bahnhöfe in europäischen Hauptstädten
Inzwischen "schicken die" Leute die mit Messer auf Passanten einstechen oder mit Machten auf Polizisten losgehen. Inwiefern das ein Bedrohungsszenario sein soll, dass die westl. Zivilisation bedroht, ist nicht nachzuvollziehen. Nüchtern betrachtet drängt sich hier der Eindruck auf, dass ist das letze Aufgebot.
Hier der rationale Blick auf das Problem Terrorismus von Lawrence M. Krauss
http://www.newyorker.com/news/news-desk/thinking-rationally-about-terror