Die Stadt Erlangen macht es dem Bund für Geistesfreiheit (bfg) nicht leicht: Sie will die Dauer der Karfreitagsparty und die Zahl der Gäste begrenzen. Der örtliche bfg-Vorsitzende empfindet das als "drakonisch".
"Heidenspaß statt Höllenqualen" soll es am Karfreitag dieses Jahr auch in Erlangen heißen. Im Kulturzentrum der Stadt, dem "E-Werk", will der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Erlangen der staatlich verordneten Trauerpflicht an diesem christlichen Feiertag entgegentreten. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Herbst 2016 macht es möglich. Geplant ist eine Lesung des bekannten Comic-Zeichners und gbs-Beirats Ralf König, Vorträge sowie Live- und DJ-Musik (hier das volle Programm).
Erst nach einem persönlichen Gespräch hat die Stadt Erlangen den Bescheid für eine "Befreiung vom Verbot musikalischer Darbietungen" erteilt (denn: es erscheine "trotz bestehender Zweifel noch hinreichend plausibel, von einer weltanschaulichen und versammlungsrechtlichen Prägung der Veranstaltung (…) auszugehen") – und will allein dafür schon Gebühren in Höhe von 128,13 Euro abrechnen. So einfach lässt sie den bfg aber nicht davonkommen: Auf insgesamt sieben Seiten wird detailliert abgewogen zwischen "Elementen der Meinungskundgabe" und "Zügen einer Vergnügungsveranstaltung" und die Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung des Bürgeramtes nennt Auflagen, die "dem öffentlichen Ruhe- und Stilleschutz Rechnung" tragen sollen.
Zum einen dürfen die Gäste der Karfreitagsparty nicht wie beantragt bis vier Uhr früh tanzen, bereits um zwei Uhr soll Schluss sein. Und das, obwohl für das E-Werk eine Sperrzeit erst ab fünf Uhr gilt – nicht aber an stillen Tagen, argumentiert die Stadt Erlangen.
Zum anderen wird die Zahl der Gäste auf 300 begrenzt. Das ist die Zahl, die der Bund für Geistesfreiheit als Untergrenze der zu erwartenden Besucher angegeben hatte. Tatsächlich rechnet er aber mit rund 700 Feiernden. Das geht der Behörde aber dann doch zu weit. Dies sei "keine überschaubare Besucherzahl" mehr, die "Gewährleistung des öffentlichen Ruhe- und Stilleschutzes wäre nicht mehr gegeben". Das Bürgeramt beruft sich hierbei auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, worin aber nicht näher ausgeführt ist, was "überschaubar" konkret heißt. Als Maßstab nimmt Erlangen die letztjährige Heidenspaßparty in München, die etwa 200 Menschen besucht hatten.
Zusätzlich sei dann "mit erheblichen Einnahmen zu rechnen", ergo stünde dann "die Gewinnerzielungsabsicht und nicht die Weltanschauung oder Meinungskundgabe im Vordergrund". Damit würde "der Charakter einer kommerziellen Vergnügungsveranstaltung vollends in den Vordergrund treten" und damit sei die Heidenspaßparty dann laut Urteil "von einer Befreiung ausgeschlossen". Im Zweifelsfall müsse man "der öffentlichen Ruhe und Stille (…) an einem stillen Tag, insbesondere am Karfreitag (…) größeres Gewicht zukommen lassen".
Um die Einhaltung der Besucher-Obergrenze zu gewährleisten, habe der bfg "während der gesamten Dauer der Veranstaltung durch organisatorische Maßnahmen an allen Ein- und Ausgängen (z. B. Zählung mittels Ticker) über die Zahl der anwesenden Personen zu wachen."
Für all diese Auflagen machte die Stadt Erlangen auch noch von einem Trick Gebrauch: Sie ordnete die sofortige Vollziehung an, um zu verhindern, dass der bfg einen Rechtsbehelf einlegt. Denn: dann könnte "die Veranstaltung ohne die angeordneten Auflagen durchgeführt werden und mögliche Störungen (…) nicht verhindert werden". Das liege "im überwiegenden Interesse der Öffentlichkeit", weiß das Bürgeramt.
Vorsorglich werden auch gleich Bußgelder zwischen 500 und 1.000 Euro angedroht, sollte sich der Bund für Geistesfreiheit nicht an die Auflagen halten.
"Der Bescheid gehört eher in die wilhelminische Zeit als in die heutige", findet Frank Riegler, Vorsitzender des bfg Erlangen. Die Auflagen der Stadt empfindet er als "drakonisch". Ehrenamtliche, die sich engagierten, würden zu Hilfspolizisten degradiert und durch überhöhte Gebühren abgezockt. Außerdem passten in das E-Werk 1.000 Gäste. "Der Oberbürgermeister (Florian Janik (SPD), Anm. d. Red.) verbietet also 700 Leuten den Besuch unserer Veranstaltung".
Einen Vorteil hat das Ganze aber für den bfg: Das öffentliche Interesse ist ihm sicher. Es gibt einen Pressetermin mit dem Bayerischen Rundfunk, auch die Erlanger Nachrichten berichteten im Vorfeld und haben sich für den Abend angekündigt.
4 Kommentare
Kommentare
Rene Goeckel am Permanenter Link
Unverschämt, wie vordemokratisch sich die Verwaltung verhält. Ich hoffe, die Sache fliegt der Stadt Erlangen gewaltig um die Ohren.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Die Übergriffigkeit des Amtes ko*** mich an.
Aber, flüssig zu lesen, von der Autorin schön beschrieben.
awmrkl am Permanenter Link
Oberbürgermeister Florian Janik (SPD)
Aha. Notiert. Gemerkt.
Manfred Schleyer am Permanenter Link
In der "Kirchenrepublik Deutschland" (Carsten Frerk) muss sich noch vieles ändern, muss noch vieles geändert werden. Für die Freiheit von klerikaler Bevormundung!