Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) lässt es am Karfreitag in Bayern krachen. Obwohl am Karfreitag in der gesamten Bundesrepublik vergnügliche Veranstaltungen streng untersagt sind, veranstaltet der Bund für Geistesfreiheit in München, Regensburg und Erlangen fröhliche Tanzpartys. Die zuständigen Behörden mussten dem bfg die Erlaubnis hierfür aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts erteilen.
2007 verboten die Behörden dem bfg München seine "Heidenspaß statt Höllenqual"-Party auf Grundlage des Bayerischen Feiertagsgesetzes. Der bfg klagte gegen dieses Verbot durch alle Instanzen. Nach einer Verfassungsbeschwerde nahm sich 2016 endlich das Bundesverfassungsgericht der Sache an. Die Richter in Karlsruhe entschieden am 7. Oktober 2016, dass Artikel 5 des Bayerischen Feiertagsgesetzes mit der Weltanschauungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar ist. Laut Bundesverfassungsgericht muss trotz Tanzverbot an Karfreitag getanzt werden dürfen, sofern der Tanz Ausdruck einer weltanschaulichen Abgrenzung gegenüber dem Christentum ist. Hierauf berufen sich die bfgs in Bayern seitdem und erwirken von den Behörden entsprechende "Befreiungen vom Vergnügungsverbot" für ihre Veranstaltungen.
Heidenspaß-Party in München
Die Münchner Heidenspaß-Party findet so nun bereits zum dritten Mal völlig legal am Karfreitag statt. Am 19. April 2019 lädt der Bund für Geistesfreiheit München (bfg München) in den BLITZ Club (Museumsinsel 1, 80538 München). Unter dem Motto "Tanzen lernen an Karfreitag" startet die Veranstaltung um 19:00 Uhr mit einem Lindy-Hop-Tanzworkshop von Swing and the City. Um 20:30 Uhr beginnt im großen Club das Abendprogramm mit der Live-Band "The Stimulators". In der Pause um ca. 21:20 Uhr tritt das Profi-Tanzpaar Ksenia Makhortova und David Riegler auf. Ab 20:30 Uhr laden DJ Nosce-te-ipsum (Schwarzes-Tanzen, Loft) und DJ Andreas (Dance into the Darkness) im kleinen Club 2 zum "Dunkelbunten Gesellschaftstanz" mit Darkwave, Metal und Gothic. Nach dem Auftritt der Stimulators legt ab ca. 23:00 Uhr BLITZ-DJ Donner im großen Club auf. Der Eintritt im BLITZ Club ist frei.
Bekanntgabe der Preisträger des Kunstpreises "Frecher Mario"
Wem in München am Karfreitag bereits vor der Heidenspaß-Party nach Religions- und Kirchenkritik ist, den lädt der bfg München am Nachmittag ins Werkstattkino (Fraunhoferstraße 9, 80469 München) ein. Dort findet um 16:30 Uhr die Bekanntgabe der Preisträger des Kunstpreises "Der Freche Mario" statt. Der mit 3.000 Euro dotierte Preis zeichnet Künstler aus, die sich ohne Schere im Kopf mit den sogenannten ewig währenden Wahrheiten und Autoritäten auseinandersetzen. Mit der alle zwei Jahre stattfindenden Ausschreibung möchte der bfg München darauf aufmerksam machen, dass es nicht nur in Saudi-Arabien oder im Iran gefährlich ist, über Religion zu lachen, sondern dass es auch in vielen Ländern Europas noch immer "Blasphemiegesetze" gibt. Die Forderung nach Abschaffung des deutschen "Gotteslästerungs-Paragrafen" § 166 StGB ist deshalb eine Kernforderung der Organisatoren des Kunstpreises. Anschließend folgt um 17.00 Uhr die Vorführung des preisgekrönten Kinofilms "Unbedingter Gehorsam" des Regisseurs Luis Urquiza, der sich mit sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Mexiko befasst.
Heidenspaß in Erlangen
Doch getanzt wird nicht nur in München. Nach der erfolgreichen Premiere der Heidenspaß-Party in Erlangen im vergangenen Jahr bittet der bfg Erlangen auch an diesem Karfreitag wieder auf die Tanzfläche. Das Programm im Erlanger E-Werk startet um 19:00 Uhr mit einer ketzerisch-kabarettistischen Lesung des Cartoonisten Piero Masztalerz auf der Kellerbühne des E-Werks. Im Anschluss gibt es in der Clubbühne des E-Werks drei Konzerte mit dem Würzburger Nonnen-Duo "Hildegard von Binge Drinking", der Skapunk-Band "Skatholiken" sowie der Punk-Band "Hobbygärtner". Mit einer Aftershowparty wird das Programm abgerundet.
Freigeistertanz in Regensburg
Gleich in sechs unterschiedliche Lokalitäten lädt der bfg Regensburg am Karfreitag ab 22:00 Uhr zum "Freigeistertanz" ein: Heimat, RESI, Wunderbar, Tiki Beat, Alte Filmbühne und Vinyl. "Der Freigeistertanz steht im Zeichen einer aufgeklärten und humanistischen Gesellschaft", heißt es in einer Pressemitteilung des bfg Regensburg. "Für den Bund für Geistesfreiheit steht an diesem Tag einmal mehr das friedliche Miteinander im Vordergrund, weshalb wir religiöse Ansichten in den Hintergrund stellen wollen und auf eine unserer Hauptforderungen verweisen: Religion soll Privatsache und die Verflechtung von Staat und Kirche voll aufgehoben werden. Eine laizistische Staatsform fördert ein friedliches Zusammenleben."
Die kritischen Programmpunkte der Heidenspaß-Partys zeigen, dass es den Freigeistern des bfg um weit mehr geht, als einfach nur darum, Spaß zu haben. Die Partys waren und sind weiterhin Ausdruck des Protests gegen eine Gesetzgebung, die Religionen zu Lasten von Menschen mit anderer oder keiner Religion Privilegien einräumt – wie unter anderem die staatlich verordnete Zwangsstille am Karfreitag. Dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts für Veranstaltungen wie die Heidenspaß-Partys nun Ausnahmegenehmigungen erteilt werden müssen, ist in dieser Hinsicht zwar ein Erfolg, doch noch lange nicht das Ende des Kampfs gegen religiöse Privilegien, wie Assunta Tammelleo, stellvertretende Vorsitzende des bfg München, betont: "Warum brauchen konfessionsfreie Menschen eine Ausnahmegenehmigung, wenn sie ihre vom Grundgesetz garantierten Freiheitsrechte wahrnehmen wollen? Und schon gar nicht bedarf es einer 'Religionspolizei', die regelt, wann Menschen fröhlich oder traurig zu sein haben."
9 Kommentare
Kommentare
Hans Strohschein am Permanenter Link
Der "Bund für Geistesfreiheit" sowie z. B.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Der "Bund für Geistesfreiheit" sowie z. B.
Wer sagt denn, dass sie das tun? Ich arbeite gerne und viel, auch am Karfreitag. Da eröffne ich dieses Jahr eine lustige Ausstellung. Ach, wissen Sie, Sie Ausbund der Menschenfreundlichkeit: Dieses dumme Stereotyp habe ich schon vor vielen, vielen Jahren gehört und es war damals genauso falsch wie heute. Säkulare treten ja nicht für "keine Feiertage" ein, sondern gegen manche Arten von Feiertagen ("Stille Tage") und den christlichen Bezug. Soll man einen Elisabeth-Selbert-Tag feiern. Die Frauen in Deutschland haben ihr die Gleichberechtigung zu verdanken. Oder von mir aus einen Nasebohr-Tag. Der wäre allemal besser, als ausgerechnet eine brutale Hinrichtung zu feiern. Da kenne ich Millionen Dinge, die feierwürdiger wären.
"Unter dem Strich ist es also ein intolerantes Ablehnen der Werte anderer verbunden mit einer gehörigen Portion Schmarotzertum."
Das haben Sie aber nett formuliert. Sie sind wahrhaftig ein Menschenfreund. Ich versuche einmal Ihnen Ihre Aussage vor Augen zu führen. Das ist sinnlos, ich weiß, aber trotzdem probiere ich es: Wenn jemand in diesem Themenkomplex die Werte anderer auf intolerante Weise ablehnt, dann sind es Monotheisten - und zwar wechselseitig. Diese haben schließlich die religiöse Intoleranz erfunden. Nein, das ist nicht antisemitisch, das ist Fakt!
Und in puncto "Schmarotzertum" hat die Kirche einen Vorsprung von über 1.600 Jahren. Noch heute saugt sie am Gehalt selbst kirchenferner und konfessionsloser Säkularer. Das können wir nie mehr aufholen, selbst wenn wir tausend Jahre durchsaugen...
Frank am Permanenter Link
Dieser Kommentar ist genauso albern wie die Gesetze zum Tanzverbot am Karfreitag.
Der Karfreitag ist ein bundesweiter Feiertag. Das Geschrei möchte ich nicht hören, wenn Nicht-Christen verlangen würden, daß der Karfreitag als gesetzlicher Feiertag abgeschafft würde.
Oder erwarten Sie, daß zukünftig gesetzliche Feiertage an die Religionszugehörigkeit geknüpft sein sollen? Das ergäbe dann wohl den nächsten Konflikt mit dem Grundgesetz.
Genau genommen müßten alle Feiertage mit Religionsbezug als gesetzliche Feiertage abgeschafft werden und wenn die Religiösen irgend einen ihrer Feiertage feiern wollten müßten sie eben Urlaub nehmen. Das müssen heutzutage ja Juden, Hindus, Moslems usw. auch schon (ich bin mit religiösen Feiertagen nicht vertraut)
Was bitte ist intolerant daran zu verlangen von religiösen Eiferern und deren Sondergesetzen und -regelungen nicht behelligt zu werden? Die Christen usw. können sich an Karfreitag ungehemmt austoben. Darum ging es überhaupt nicht. Ausgangspunkt war, daß das byrische Tanzverbot gegen das Grundgesetz verstößt, weil Christen ihre religiösen Vorstellungen der Allgemeinheit aufzwingen wollen.
Was daran, einen bundesweiten Feiertag nach eigenem Gutdünken zu gestalten, "Schmarotzertum" sein soll müßten Sie dann doch mal erklären.
Letztlich sind es doch die Kirchen, die von nicht-religösen Menschen durch die vielen Zuwendungen aus Stuermitteln an die Kirchen und deren Einrichtungen schmarotzen und davon auch ordentlich Fett angesetzt haben über die Jahrzehnte.
A.S. am Permanenter Link
Ich werde am Karfreitag ungeniert im Garten arbeiten und abends tanzen gehen ...
Eberhard Duschl am Permanenter Link
Da wird es Sie ja freuen, Herr Strohschein, dass ein Kardinal Marx den Tag der Arbeit, einen der raren weltlichen Feiertage, bockig dazu missbrauchte, im Kloster Scheyern einen "Kath. Gottesdienst zum 1.
Hans Strohschein am Permanenter Link
Hat Ihnen der Gottesdienst denn gefallen oder haben Sie “bockig“ dem Fernseher den Rücken zugewandt?
Eberhard Duschl am Permanenter Link
Weder noch, Herr Strohschein! Mein Vater war bei den Regensburger Domspatzen und hat uns seinen Ekel vor dieser Kinderschänderbande vererbt.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Heidenspaß statt Höllenqual" - immer wieder, bitte; und ohne Ausnahmegenehmigung!
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Heidenspass statt Höllenqual. Eine Lösung sich vom Glauben zu lösen. Die Kirchen verteidigen ihre Privilegien, die immer mehr den Bach herunterrauschen. Wer geht heute noch ins Kloster, wer wird heute noch Priester?