Kanada: Indigene Internats-Opfer sollen entschädigt werden

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Symbolbild
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Jahrzehntelang waren indigene Kinder ihren Familien entrissen und in, meist von der katholischen Kirche geführte, Internate gebracht worden. Dort sollten ihre Sprachen und ihre Kultur gegen jene der aus Europa Zugewanderten ausgetauscht werden. Die Kinder erlebten zudem noch körperliche und sexuelle Gewalt. Nicht wenige starben und wurden in unmarkierten Gräbern verscharrt. Nun hat sich die Regierung zu einem Entschädigungspaket von 40 Milliarden kanadischen Dollar entschieden. Eine Entscheidung, die mit gemischten Gefühlen aufgenommen wird.

Am 23. November 2021 legte die kanadische Regierung unter Justin Trudeau in ihrer Throne Speech (Thronrede) ihre Pläne für die Zukunft vor. Dabei ging es um die Covid-19-Pandemie und ihre auch wirtschaftlichen Folgen für Kanada, den Klimawandel, aber auch Verbesserungen im Schutz für Frauen vor Gewalt, Unterstützung von LGBTQIA+ und Indigenen. Überraschend war, dass bei der Throne Speech nicht nur britische, sondern auch Indigene Rituale ihren Platz fanden. Zudem hielt Generalgouverneurin Mary Simon einen Teil ihrer Rede in Inuktitut.

Gesten, die die Hoffnung beleben, dass sich die Geschichte in Bezug auf den Raub von indigenen Kindern zur Umerziehung nicht wiederholen wird.

Jahrzehntelang waren First-Nations-Kinder ihren Familien entrissen und zur Aberziehung ihrer Sprache und Kultur in Internate verbracht worden. Neben dem Zwang, Sprache und Gebräuche der Zugewanderten aus Europa anzunehmen, waren sie Gewalt, sexualisierter Gewalt, mangelhafter Unterbringung und Ernährung ausgesetzt. Unzählige starben und wurden in unmarkierten Gräbern verscharrt. Die meist für die Internate zuständige katholische Kirche verweigerte lang die Zusammenarbeit und Herausgabe von Akten, sodass Angehörige keine Gewissheit über den Verbleib ihrer Familienmitglieder hatten.

Nachdem bereits ein Gerichtsurteil von 2016 der kanadischen Regierung eine Unterfinanzierung indigener Infrastruktur bescheinigte, beschloss die Regierung nun, ein Entschädigungspaket für Betroffene der Internate auf den Weg zu bringen. Das Paket soll 40 Milliarden kanadische Dollar, etwa 27,5 Milliarden Euro, umfassen.

Alle Internats-Schüler*innen sollen 10.000 kanadische Dollar (knapp 6.900 Euro) und 3.000 kanadische Dollar (etwa 2.000 Euro) für jedes im Internat verbrachte Jahr erhalten. 200 Millionen Dollar (knapp 138 Millionen Euro) sollen in Heilungs- und Bildungsprogramme fließen. Weitere Zahlungen, so zum Beispiel Schnellauszahlungen für über 56-Jährige, können beantragt werden.

Während für viele die Anerkennung des unermesslichen Leides und ein Versuch, zumindest finanzielle Folgen abzumildern, begrüßt wird, sehen andere das Entschädigungspaket kritisch. Die Nichtregierungsorganisation culturalsurvival.org zitiert auf ihrer Website Mike Benson, Executive Director der National Residential School Survivor Society, kurz NRSSS, der Nationalen Gesellschaft der Internatschulen Überlebenden, mit einer eher kritischen Aussage. An den Verlust von Sprache und Kultur, sowie die Jahre, die Menschen von ihrem Zuhause ferngehalten wurde, lasse sich kein Preisschild hängen.

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