Zum Wintersemester startet das umstrittene Islam-Institut an der Humboldt-Universität zu Berlin. Hier sollen Islamische Theologen und Religionslehrer ausgebildet werden. Bis jetzt ist erst ein Lehrstuhl besetzt, währenddessen häufen sich die Bewerbungen für den Studiengang.
Im Herbst startet in Berlin das Institut für Islamische Theologie – und erfreut sich ungeahnter Beliebtheit, wie die Berliner Morgenpost berichtet. Es gebe bereits 240 Bewerbungen, 80 hatte man erwartet. Am Ende werden es wohl 150 bis 180 Studenten werden, schätzt die Institutsleitung. Gründungsdirektor Michael Borgolte, seines Zeichens Mittelalterhistoriker, freut sich: "Das Studium der Islamischen Theologie wird ein Kracher", sagte er der Zeitung. Viele Bewerber, dafür aber noch keine Professoren: Erst ein Lehrstuhl ist besetzt. Bei den übrigen fünf laufen die Auswahlverfahren noch, die Entscheidungen sollen kommende Woche fallen. Sollte aber etwas dazwischenkommen und die Verfahren bis zum Beginn des Wintersemesters noch nicht abgeschlossen sein, hat die Humboldt-Universität für eine Übergangslösung gesorgt: In diesem Fall kämen Gastprofessoren zum Einsatz, mit denen man bereits Vereinbarungen getroffen habe.
Das könnte auch bei der bereits besetzten Stelle noch nötig werden, denn auch hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Das hat der Beirat des Instituts, in dem mehrere Islamverbände sicherstellen sollen, dass die Lehrinhalte mit der islamischen Glaubenslehre übereinstimmen. Das ist nicht unproblematisch, zum einen, weil es im Islam keine einheitliche Linie oder zentrale Instanz gibt, zum anderen, weil ausschließlich konservative Vertreter in dem Gremium sitzen, was im Vorfeld für Kritik sorgte.
Neben der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden (IGS) sind dies die sunnitische Islamische Föderation Berlin und der Zentralrat der Muslime. Einige von Berufungskommissionen ausgewählte Professoren wurden von den Beiräten abgelehnt, weil sie zu liberal seien, schreibt die Berliner Morgenpost. Der Mangel an Kandidaten ist also nicht der Grund für die Verzögerung, sondern diejenigen zu finden, mit denen alle Gremiumsmitglieder einverstanden sind, bereitet Schwierigkeiten. Neben den islamischen Vertretern gehören zum Institutsbeirat auch – mit eingeschränkten Befugnissen – die Vizepräsidentin der Universität für Lehre und Studium, Prof. Eva Inés Obergfell, sowie ein christlicher Vertreter, Prof. Wolfgang Huber, Honorarprofessor und Altbischof von Berlin. Auch beim Beirat verlief die Berufung der Kandidaten nicht reibungslos: Ein von der IGS Vorgeschlagener musste wieder von der Liste gestrichen werden, nachdem ihn der Verfassungsschutz als bedenklich eingestuft hatte.
Trotz aller Startschwierigkeiten versichert Borgolte, dass es definitiv am 1. Oktober losgehen könne – zumindest für die Theologen. Die angehenden islamischen Religionslehrer müssen mit dem Beginn ihrer Ausbildung noch ein Jahr warten, weil der Akademische Senat zu wenig Zeit für die Vorbereitung des Studiengangs hatte. Lehramtsstudenten können aber schon in den kommenden beiden Semestern Lehrveranstaltungen besuchen, die ihnen dann rückwirkend anerkannt werden sollen.
Der Gründungsdirektor ist laut Morgenpost überzeugt: Das Institut werde eine bedeutende Rolle spielen, sowohl bei "Konflikten zwischen muslimischen Gruppierungen und der Mehrheitsgesellschaft" als auch bei muslimischen Eltern, die zu der Erkenntnis gelangen würden, dass es besser sei, wenn Lehrkräfte, die an einer Universität ausgebildet wurden, ihre Kinder im Glauben unterweisen würden.
Das Institut hat sich selbst hohe Ziele gesteckt: Das neue Fach soll "als forschungsstarke akademische Disziplin mit internationaler Strahlkraft die Berliner Hochschullandschaft bereichern", kann man auf der Website der Humboldt-Universität lesen. Die ausgebildeten Theologen sollen sich "auf der Grundlage rationaler Durchdringung islamischer Glaubensinhalte für den Schuldienst sowie für Tätigkeiten in Moscheegemeinden, Zivilgesellschaft und Wohlfahrtspflege qualifizieren". Voraussetzung für eine mögliche Professur ist übrigens, dass man selbst muslimischen Glaubens ist – eine Außensicht ist im Studiengang also nicht vorgesehen.
13 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"… muslimischen Eltern, die zu der Erkenntnis gelangen würden, dass es besser sei, wenn Lehrkräfte, die an einer Universität ausgebildet wurden, ihre Kinder im Glauben unterweisen würden."
Das beste für Kinder ist, wenn sie von dem abergläubischen Hokuspokus verschont bleiben, egal aus welcher Mottenkiste er stammt. Warum sollen sie erst eine bis ins Mark unsinnige Weltsicht lernen, die dann Geschichts-, Bio- und Physiklehrer erst wieder mühsam geradebiegen müssen? Oft ohne Erfolg, denn viele muslimisch konditionierte Kinder bleiben sogar nach der Schule in ihrem Aberglauben hängen.
Ich hätte mir einen Lehrstuhl gewünscht, der - wie in allen anderen wissenschaftlichen Disziplinen auch - die Wirkgeschichte des Islams, seine Herkunft, Entstehung und Verbreitung erforscht. Mit allen entscheidenden Fragen: Gab es einen Gepriesenen (Muhamad) oder war dies Jesus, der Gesalbte (Christus, synonym zu "der Gepriesene")? Stammt der Koran wirklich aus Mekka/Medina? Wie verbreitete sich diese Lehre? Warum kann sie sich nicht modernisieren? Welche Mechanismen sorgen für die deutlich erkennbare Opfermentalität ihrer Anhänger? Und schließlich: Wie könnte man Muslime von einem liberalen Islam á la Seyran Atec überzeugen? Wie kriegen Muslime die Geschlechterapartheit, die Genitalverstümmelung, die rigide Sexualmoral und die irrationalen Weltbilder samt intoleranter Selbstüberhöhung des Islams in den Griff? Können wir dabei helfen?
Alles das gehört wissenschaftlich aufgearbeitet. Doch genau das - so fürchte ich - wird es an der Humboldt-Uni nicht geben. Chance vertan...
Roland Fakler am Permanenter Link
@Bernd Kammermeier Sehr schön zusammengefasst! Ich halte es für ein Verbrechen, Kindern mit staatlicher Autorität unvernünftige und unwahre Dinge einzutrichtern. Was soll da rauskommen?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Rationale "Durchdringung islamischer Glaubensinhalte"... ts ts ts.
Wie analog an den christl. theol. Fakultäten, ja?
Ursula Hollwedel am Permanenter Link
Tja, ein Stück aus dem Tollhaus! Jetzt warte ich darauf, wann ein Lehrstuhl für Astrologie eingerichtet wird.
Thomas B. Reichert am Permanenter Link
@Hans Theologie ist die Lehre, wie man Sozialstrukturen aufbauen und erhalten kann. Mit Feste, Rituale, Kunst, Gemeinschaft ... wird der Mensch geködert, um ihn anschliessend je nach sozialem Status zu programmieren.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Und so wird der reaktionäre Unsinn weitergegeben und wieder sinnloser Ballast in die Köpfe gehämmert, Fortschritt verhindert und Gelder verschwendet.
Man o man wann hört das endlich auf.
Klaus D. Lubjuhn am Permanenter Link
Explosiv die Zahl der Bewerber für ein Studium des Islam an der Berliner Humboldt.
David Z am Permanenter Link
Ein solche Entwicklung sollte einer "Universität" eigentlich peinlich sein. Stattdessen wird frohlockt...
A.S. am Permanenter Link
Die ganzen Vorgänge um das Islam-Institut zeigen nur eines: Die Obrigkeit in unserem Lande legt großen Wert auf Gottgläubigkeit.
Härtere Indoktrination muss wohl her, um die Menschen zukünftig unter Kontrolle zu halten und zu steuern. Allem Anschein nach soll der Islam das Christentum in Deutschland ablösen. Daher auch die ausschließliche Beteiligung konservativer Gruppierungen. Von Aufklärung innerhalb der Religion haben die Veranstalter sichtbar genug. Byebye, Frau Ates und MitstreiterInnen.
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin,
Religion ist keine Wissenschaft!
Keine Religion hat die Welt verbessert!
Die Ausbildung von Religionslehrern sollte nicht an Instituten erfolgen und auch nicht
mit öffentlichen Geldern gefördert werden.
Viele Grüße
Arno Gebauer
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Alexander von Humboldt müsste sich m.E. im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, was
in der nach Ihm benannten Universität gelehrt werden soll.
Bernd Kockrick am Permanenter Link
Es ist nicht Aufgabe des Staates, irgendwelche Religionsgemeinschaften in der Verbreitung Ihres Aberglaubens und sogar in der Ausbildung ihrer Prediger zu unterstützen.
Bernd Kockrick am Permanenter Link
Wir züchten uns mit der staatlichen Finanzierung der verschiedenen Religionsgemeinschaften selbst die Feinde unserer offenen Gesellschaft heran.