In Italien dürfen Schwule jetzt Priester werden

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Ist es ein Schritt der katholischen Kirche in Richtung sexuelle Diversität? Oder steckt bloß die Sorge vor Priestermangel dahinter? Für Überraschung sorgte die Nachricht allemal: Die Italienische Bischofskonferenz (CEI) lässt künftig auch schwule Männer für die Ausbildung zum Priester zu.

Die neuen Richtlinien wurden vor wenigen Tagen vom Vatikan abgesegnet. Die Bischofskonferenz will die Lockerung der Anforderungen fürs Priesteramt ausdrücklich im Kontext der persönlichen Reifung der Priesteramtskandidaten verstanden wissen. Erläuternd heißt es in dem 68 Seiten starken Dokument: "Wenn im Ausbildungsprozess von homosexuellen Neigungen die Rede ist, ist es auch angebracht, die Unterscheidung nicht nur auf diesen Aspekt zu beschränken, sondern wie bei jedem Kandidaten seine Bedeutung im Gesamtrahmen der Persönlichkeit des jungen Menschen zu erfassen." Zu den Zielen der Ausbildung gehöre den Richtlinien zufolge, "die Fähigkeit, die Keuschheit im Zölibat als Geschenk anzunehmen, frei zu wählen und verantwortungsvoll zu leben".

Zwar sind mit der Öffnung der Priesterseminare für schwule Männer die Anforderungen für künftige Geistliche erheblich gelockert. Freilich bleibt Sex weiterhin verboten, ob mit Männern oder Frauen. Weitere Punkte der neuen Richtlinien betreffen die Missbrauchsprävention und die Rolle von Frauen sowie psychologischen Fachkräften.

Die katholische Kirche tut sich seit jeher schwer mit sexueller Diversität in den eigenen Reihen. 2016 hatte Papst Franziskus alle Schwulen vom Priesteramt ausgeschlossen: die "praktizierenden Homosexuellen" ebenso wie Männer, die "tiefsitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine sogenannte homosexuelle Kultur unterstützen". Ein polnischer Theologe ließ sich 2021 sogar dazu herab, schwule Priester in einem Zeitschriftenartikel als "Plage", "Krebsgeschwür" und "Kolonie von Parasiten" zu bezeichnen.

Angesichts des auch in Italien grassierenden Mangels an Priesternachwuchs dürfte die Kirche ein Interesse daran haben, die Hürden für Kandidaten herabzusetzen. Laut einer Untersuchung der Italienischen Bischofskonferenz gab es 2021 nur etwa 31.800 Priester in dem katholischen Land – elf Prozent weniger als zehn Jahre zuvor. Das Durchschnittsalter lag bei 60,6 Jahren.

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