Kamala Harris: Eine Baptistin für Abtreibung

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Kamala Harris bei ihrer Vereidigung als US-Vizepräsidentin, 2021
Kamala Harris

Seit der amtierende US-Präsident Biden ankündigte, dass er bei der kommenden Wahl nicht gegen den Herausforderer Trump antreten werde, gilt Vizepräsidentin Kamala Harris als Top-Anwärterin für die Kandidatur und als Hoffnungsträgerin für ein progressives Amerika. Die endgültige Entscheidung steht noch aus. Doch es gilt als sicher, dass die US-Demokraten die 59-Jährige als Kandidatin nominieren. Schon jetzt hat Harris Geschichte geschrieben: als erste – schwarze – Frau als Vizepräsidentin. Mit der Nominierung wäre sie die erste schwarze Kandidatin für das Präsidentschaftsamt. Doch was hätten Säkulare, Atheisten und Humanisten von einer Präsidentin Kamala Harris zu erwarten?

Politik in den USA ist untrennbar mit Religion verbunden. Während der Republikaner Donald Trump die Parole "Make America Pray again!" ausgibt und die Evangelikalen zu Begeisterungsstürmen hinreißt, vertritt Kamala Harris ein liberales Christentum. Man mag ihre bisherige Karriere wie eine progressive Interpretation des amerikanischen Traums betrachten. Eine Identifikationsfigur für Frauen und Minderheiten. Ihr Vater, ein Wirtschaftswissenschaftler, stammt aus Jamaika; die Mutter war Krebsforscherin mit indischen Wurzeln. Zunächst arbeitete die Juristin Kamala Harris als Bezirksstaatsanwältin von San Francisco, später übernahm sie als Attorney General von Kaliforniern Aufgaben als Generalstaatsanwältin und Justizministerin. In diesem Amt spielte sie eine Schlüsselrolle für die Wiedereinführung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Kalifornien 2013.

Dennoch zeigt die Vizepräsidentin ein durchweg christliches Profil. Sie ist bekennende Baptistin und aktives Mitglied der Third Baptist Church of San Francisco. Ausführlich zitiert ihr Biograf Gopal Sharma ihre Erinnerungen an sonntägliche Kirchenbesuche, als sie mit ihrer Schwester im Kinderchor sang. Eine Zeit, die Harris bis heute geprägt habe: "Dort sammelte ich einige meiner frühesten Erinnerungen an die Lehren der Bibel. Es war dort, wo ich erfuhr, dass ‚glauben‘ ein Verb ist und dass wir es leben und in unseren Taten zeigen müssen." Ihr langjährigen Pastor Amos Brown nennt sie eine "spirituelle Person", heißt es.

Eine gläubige Baptistin also, die dennoch für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch plädiert – nachdrücklicher als der Katholik Joe Biden. Zwar gehört auch er zu den Verteidigern des seinerzeit bahnbrechenden Urteils Roe vs. Wade, das Schwangeren das Recht auf Abtreibung sicherte, bis es 2022 vom Obersten Gerichtshof gekippt wurde. Dennoch ist der Präsident nach eigenen Worten "kein großer Befürworter von Abtreibung".

Harris dagegen macht sich stark für eine Gesetzgebung, die das Recht auf Abtreibung landesweit garantiert. Im März besuchte sie eine Klinik für Schwangerschaftsabbrüche in der Stadt St. Paul (Minnesota) – laut Weißem Haus der erste offizielle Besuch einer derartigen Einrichtung durch einen US-Präsidenten oder -Vizepräsidenten. Zudem ist sie als Unterstützerin von der Planned Parenthood Federation of America bekannt. Diese nicht kommerzielle Organisation setzt sich für die Verhütung ungewollter Schwangerschaften ein und bietet in mehr als 650 Kliniken medizinische Versorgung in den Bereichen Sexualmedizin, Gynäkologie und Familienplanung.

Beobachter erwarten, dass die Debatte um den Schwangerschaftsabbruch zu einem zentralen Wahlthema in den Vereinigten Staaten wird. Gleichzeitig mit der Präsidentschaftswahl findet in Florida ein Referendum zur Beendigung des Abtreibungsverbotes statt. Schwangerschaftsabbrüche sind dort nur bis zur sechsten Woche erlaubt.

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts KFF insgesamt 12 Prozent der Befragten Schwangerschaftsabbruch als bedeutendstes Thema bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl. Unter den Frauen in Bundesstaaten mit Abtreibungsverbot waren es 19 Prozent.

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