Florida: Ringen um das Recht auf Abtreibung

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"Stop The War On Women" – Boston Women's March, 21. Januar 2017
Boston Women's March

Das Thema Abtreibung spielt im US-Präsidentschaftswahlkampf eine große Rolle. In Florida hat nun das Oberste Gericht mit zwei Urteilen die Debatte weiter angeheizt – die Folgen könnten die Wahl im November mitentscheiden.

Das Gericht urteilte zum einen, dass Schwangerschaftsabbrüche künftig bereits ab der sechsten Woche strafbar sind. Ein entsprechendes Gesetz ist bereits vom Gouverneur des Bundesstaates, dem Republikaner Ron DeSantis, unterzeichnet, Anfang Mai tritt es in Kraft. Bislang sind Abtreibungen in Florida bis zur 15. Schwangerschaftswoche erlaubt. Zu diesem Zeitpunkt wissen viele Frauen jedoch noch nicht, dass sie schwanger sind. Deutliche Kritik an dieser Verschärfung kommt von Präsident Joe Biden, der das neue Gesetz als "unerhört" bezeichnet. Dadurch werde "die dringend benötigte medizinische Versorgung für Millionen von Frauen in Florida und im gesamten Süden noch unerreichbarer."

Die aktuellen Entscheidungen dürften mehr Frauen betreffen als jede andere Einschränkung des Abtreibungsrechts in den USA seit Aufhebung des Grundrechts auf Abbruch 2022. Bei der Bevölkerungszahl der Bundesstaaten liegt Florida auf Platz drei. Zudem ist es umgeben von Bundesstaaten mit erheblich strengeren Abtreibungsgesetzen und gilt gegenwärtig noch als Zufluchtsort für Schwangere, die sich für einen Abbruch entschieden haben, aber am Wohnort dafür kriminalisiert würden. Staatlichen Daten zufolge haben im letzten Jahr über 84.000 Frauen in Florida abgetrieben.

Weg für Volksabstimmung frei gemacht

Der zweite Richterspruch könnte in seiner Konsequenz dieses rigide Gesetz aushebeln. Denn das Gericht hat darin den Weg für eine Volksabstimmung frei gemacht: Parallel zur Wahl im November entscheiden die Bürger, ob das Recht auf Abtreibung in der Verfassung des Bundesstaates verankert wird. Dafür ist eine Mehrheit von 60 Prozent erforderlich.

Zur Abstimmung im November steht ein Text, nach dem kein Gesetz den Abbruch verbieten, verzögern oder einschränken darf, wenn er zum Schutz der Schwangeren oder vor Erreichen der Lebensfähigkeit des Fötus erfolgt. Im Allgemeinen geht man davon aus, dass ein Fötus etwa ab der 24. Schwangerschaftswoche außerhalb der Gebärmutter lebensfähig ist.

Auch in anderen Bundesstaaten versuchen Aktivisten, die Abstimmung über das Abtreibungsrecht parallel zur Präsidentschaftswahl im November durchzusetzen. Sie erhoffen sich, damit mehr weibliche und junge Wähler für die Demokraten zu mobilisieren. Einige dieser Staaten, etwa Pennsylvania, Arizona und Nevada, spielen potenziell eine bedeutende Rolle für den Ausgang der Präsidentschaftswahl. In Maryland und Nevada konnten die Aktivisten bereits Erfolge verzeichnen.

In den Vereinigten Staaten wird das Recht auf Schwangerschaftsabbruch vehement diskutiert, seit der Supreme Court im Juni 2022 das Grundsatzurteil Roe vs. Wade aus dem Jahr 1973 kippte. Dieses hatte ein landesweites Recht auf Abtreibung garantiert. Nach der Aufhebung erließen rund 20 Bundesstaaten Gesetze, die Schwangerschaftsabbrüche kriminalisieren oder das Recht darauf erheblich beschneiden.

Die verheerenden Folgen eines Verbots legt eine im Januar veröffentlichte Studie dar: Demnach sind zehntausende Menschen nach einer Vergewaltigung gezwungen, den Fötus auszutragen.

In Umfragen spricht sich nur etwa ein Drittel der Amerikanerinnen und Amerikaner für ein verschärftes Abtreibungsrecht oder ein Totalverbot aus. Die Demokraten um Präsident Joe Biden haben das Abtreibungsrecht im Wahlkampf zum Thema gemacht, um junge und weibliche Bevölkerungsgruppen für sich zu gewinnen. Dagegen wollen Konservative Schwangerschaftsabbrüche nur unter bestimmten Bedingungen erlauben oder ganz verbieten.

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