Gefahr für queere Menschen

Kanada spricht Reisewarnung für Teile der USA aus

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Das kanadische Außenministerium warnt die queere Community vor Reisen in Teile der Vereinigten Staaten. Weil ihnen dort das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit oder auf adäquate medizinische Versorgung verwehrt werden könnte, empfiehlt die Regierung eine sorgfältige Wahl des Reiseziels. Aufschluss über die steigende Queerfeindlichkeit in den USA geben Daten der American Civil Liberties Union und des Counting Crowds Consortiums.

"Einige Staaten haben Gesetze und Richtlinien festgelegt, die 2SLGBTQI+-Personen1 betreffen können" – dieser auf den ersten Blick unscheinbare Einzeiler findet sich seit Ende August auf einer Website des kanadischen Außenministeriums, wenn sich geneigte Reisende dort über die Voraussetzungen für einen Trip in die USA informieren möchten. Die Vereinigten Staaten sind das bei Kanadier*innen beliebteste Reiseziel: 55 Prozent aller ausländischen Übernachtungsreisen entfielen 2018 auf die USA.

Die Regierung begründet die Entscheidung mit seit Anfang diesen Jahres in bestimmten Bundesstaaten erlassenen Gesetzen, die unter anderem Drag-Shows verbieten und trans Personen den Zugang zu adäquater, geschlechtsspezifischer Gesundheitsversorgung verweigern, berichtet queer.de. Die American Civil Liberties Union (ACLU), eine Organisation mit langer Tradition im Kampf für universelle Menschenrechte, zählt im Moment ganze 496 Gesetze, die sich explizit gegen die geschlechtliche und sexuelle Selbstbestimmung queerer Menschen richten (Stand: 1. September 2023). Lediglich drei Bundesstaaten – Delaware, Illinois und New York – sowie Puerto Rico und Washington, D.C. haben bislang keine neuen Anti-LGBTQI+-Gesetze verabschiedet, zeigt die Karte der ACLU.

Der kanadische Warnhinweis spezifiziert dabei nicht, welche US-Bundesstaaten für queere Kanadier*innen besonders gefährlich sein könnten. Für gewöhnlich werden Reisewarnungen nur für Nationen ausgesprochen, in denen die Gesetzeslage die Rechte queerer Menschen offen missachtet oder diese mit drakonischen Strafen bedroht werden. So warnt das Außenministerium Kanadas beispielsweise pauschal vor Reisen nach Ägypten oder Russland. Insofern ist die Tatsache, dass die kanadische Regierung vor Reisen in Teile der Vereinigten Staaten warnt, diese Teile aber nicht benennt, ein außen- wie innenpolitisches Novum. "Die Informationen werden bereitgestellt, um es Reisenden zu ermöglichen, ihre eigenen fundierten Entscheidungen bezüglich Reisezielen zu treffen", erklärte das Ministerium.

Das von Daten- und Politikwissenschaftler*innen der Universität Harvard gegründete Projekt Counting Crowds Consortium (CCC) überwacht seit 2017 die Zahl queerfeindlicher Demonstrationen. Zwischen Januar 2017 und Mai 2022 zählte das Projekt durchschnittlich drei solcher Demonstrationen pro Monat. In der zweiten Hälfte des Jahres 2022 katapultierte sich dieser Wert um das Dreißigfache nach oben, auf durchschnittlich 39 Demonstrationen pro Monat. 2023 erhöhte sich die Zahl noch einmal leicht auf nun fast 41 anti-LGBTQI+-Demonstrationen pro Monat. Während des Pride Month im Juli 2023 beobachtete das CCC bei 67 Pride-Veranstaltungen eine Gegendemonstration, bei 19 davon waren White Supremacy- oder andere rechtsextreme Gruppen involviert.

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1 Das "2S" im hier verwendeten Akronym steht für "Two-Spirit", einen seit den 1990er Jahren in Nordamerika genutzten Begriff zur Bezeichnung von Personen in indigenen Communities, die keine explizit maskuline oder feminine soziale Rolle einnehmen; vergleiche hierzu den Eintrag "Two-Spirit" in der kanadischen Nationalenzyklopädie. ↩︎