Selbstbestimmt bis zum Lebensende:

Eine literarische Reise ins Innerste

Jürgen Domian hat sich über Jahre als einfühlsamer Gesprächspartner in seiner Radiosendung bewährt, vor einigen Monaten hatte er sie beendet. Nun legt er einen Roman vor, der großartig ist.

Sein Protagonist, ein 59-jähriger Mann aus Berlin, ist des Lebens überdrüssig. Alles ödet ihn an, nichts kann ihn mehr begeistern. Was soll er also noch länger am Leben sein.

Hansen, so heißt er, beschließt also, zu sterben. Nicht gleich, sondern in ein paar Monaten an seinem Geburtstag. Er hat sich alles ganz genau überlegt. Er wird nach Lappland in eine einsame Hütte fahren, sich bei Minusgraden in den Schnee legen und die Kälte ihr Werk tun.

Der Sommer ist noch lang, also bereitet er alles vor, verabschiedet sich bei seinem besten Freund, sagt seinem erwachsenen Sohn nichts und reist ab. Was ihm in den Weiten Skandinaviens begegnen wird, sind vor allem seine inneren Dämonen. Wenn er mit keinem spricht, tagelang keinen Besuch bekommt und durch die Wälder streift, kommen sie. Sie fordern ihn heraus, ängstigen ihn und wollen Antworten erhalten.

Der mehrwöchige Aufenthalt wird zu einer ungeahnten Reise in sein Innerstes. Und sein Geburtstag, der sein Sterbetag werden soll, rückt immer näher. Die Gedanken bekommen ein Eigenleben, manchmal sind sie auch ganz weg und machen einem neuen Wahrnehmen Platz, von dem er gar nicht wusste, dass es das geben kann. An deren Ende erkennt Hansen sich selbst nicht mehr wieder.

Was er daraus macht und was um ihn passiert, soll an dieser Stelle nicht verraten werden.

Dem Hansen, den Jürgen Domian durch dieses Buch schickt, ist der Leser sehr nah gekommen. Er darf an dessen Häutung, Wandlung und seinem tiefen Schmerz teilhaben. Die Worte, in denen dies alles transportiert wird, sitzen präzise. Es ist keines zu wenig und keines zu viel, keines falsch. Eben großartig.

Domian, Jürgen: Dämonen. Hansens Geschichte, Gütersloher Verlagshaus 2017, ISBN 978-3-579-08691-0, 18,99 Euro