Fragt man bei den Bundesländern nach Zwischenfällen mit muslimischen Schülern stößt man auf eine Mauer des Schweigens. Nur drei Länder antworteten auf Anfragen des Humanistischen Pressedienstes.
Vergangene Woche berichtete die "Tagesschau", dass an mehreren Hamburger Schulen das Auftreten stark gläubiger muslimischer Jugendlicher zunehmend für Spannungen sorgt: "Betroffen sind unter anderem Mädchen, die kein Kopftuch tragen oder sich nicht religiös verhalten. Teilweise verweigern einzelne Schülerinnen und Schüler sogar den Unterricht."
In einer Antwort auf eine Anfrage der CDU schrieb der Senat der Hansestadt: "In einzelnen Fällen kam es zu verbalen Abwertungen gegenüber Mitschülerinnen und Mitschülern sowie deren Familienangehörigen, etwa durch die Verwendung religiös aufgeladener oder beleidigender Begriffe. Besonders betroffen waren hierbei Mädchen, die sich nicht an bestimmte religiöse Kleidungsnormen hielten, etwa indem sie Röcke trugen oder kein Kopftuch trugen."
Lehrkräfte, so berichtete die "Tagesschau", seien der Ansicht, man müsse diese Ängste ernst nehmen, ohne alle muslimischen Jugendlichen unter Generalverdacht zu stellen: "Wichtig sei es, mehr Raum für Gespräche zwischen Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern zu schaffen. Ziel dieser Gespräche sei es, gegenseitigen Respekt zu fördern und gleichzeitig klare Regeln und Konsequenzen im Schulalltag zu entwickeln."
Anfrage bei den übrigen 15 Bundesländern
Der Humanistische Pressedienst fragte alle übrigen Bundesländer an, ob es auch an ihren Schulen zu Vorfällen wie in Hamburg gekommen sei, welche Maßnahmen ergriffen wurden und ob man mit islamischen Verbänden kooperiert – und stieß auf eine Mauer des Schweigens. Gerade einmal drei von 15 angeschriebenen Bundesländern reagierten.
Kurz fiel die Antwort aus Sachsen-Anhalt aus: "Derartige Vorfälle sind hier nicht bekannt."
Dem Schulministerium in Hessen ist ein mit den Geschehnissen in Hamburg vergleichbarer Fall bekannt. Das Land verweist in der Frage, wie es reagierte, auf ein ganzes Bündel etablierter Maßnahmen:
"Unsere interreligiösen Fortbildungsmaßnahmen: Lernen im Dialog, Online im Trialog, Abrahamitische Teams, religionssensibles Coaching, Interreligiöser Kongress, aber auch die Kerncurricula für den Islamischen Religionsunterricht und den Schulversuch Islamunterricht – sowie Ethik – tragen viel dazu bei, dass Inhalte zur Selbstbestimmung der Frau, Gleichheit von Mann und Frau, Wissen über den politischen Islam und zum Islamismus in den Schulen vermittelt werden. Zudem bieten diese o. g. Fortbildungsmaßnahmen Workshops für Schülerinnen und Schüler im Umgang mit religiösen Ritualen und Kulturen an."
Auch dem Schulministerium in Rheinland-Pfalz sind keine Fälle wie in Hamburg bekannt, aber man ist sich bewusst, "dass Schule nicht im luftleeren Raum existiert." Allgemeine gesellschaftliche Konflikte könnten sich in unterschiedlicher Ausprägung immer auch im Schulalltag widerspiegeln. Zugleich sei es ein zentrales Ziel des rheinland-pfälzischen Bildungssystems, junge Menschen auf Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern zu bilden sowie zu gewaltfreiem Zusammenleben zu erziehen:
"Dabei steht außer Frage, dass Gewalt, Gewaltandrohung und Einschüchterungsversuche an unseren Schulen keinen Platz haben. Dies gilt unabhängig von der dahinterliegenden Motivation wie beispielsweise Extremismus, Islamismus oder Antisemitismus."
Aus diesem Grund unterstützten das Ministerium sowie die Schulaufsicht und das Pädagogische Landesinstitut (PL) mit zahlreichen weiteren Partnerinnen und Partnern die Schulen in der Prävention und Intervention bei jeglicher Form von Gewalt.
Da die Beurteilung, Beratung und Unterstützung bei Gewalt, Gewaltandrohung oder Einschüchterungsversuchen sensibel die Bedürfnisse und die physischen oder psychischen Verletzungen der betroffenen Schülerinnen und Schüler aufgreifen sollte, wird das Vorgehen stets auf den jeweiligen Einzelfall abgestimmt:
"Zur Unterstützung von Schulen hat das Pädagogische Landesinstitut (PL) bereits 2017 die Handreichung 'Islamismus erkennen und vorbeugen' – Eine Handreichung zum Umgang mit Radikalisierungsprozessen im Kontext Schule veröffentlicht."
Zudem unterstützt das Land die Kommunen beim Ausbau der Schulsozialarbeit – unter anderem mit zehn Millionen Euro pro Jahr.
Rheinland-Pfalz stehe zudem im steten und engen Austausch mit den Islamverbänden: Im Dezember 2024 habe die Landesregierung mit ihnen Verträge geschlossen, die unter anderem zum Ziel haben, das Angebot an islamischem Religionsunterricht an unseren Schulen auszubauen:
"Artikel 2 Absatz 2 dieser Verträge enthält ein klares gemeinsames Bekenntnis gegen jede Form von religiösem Extremismus: Die Vertragsparteien fördern zusammen das Miteinander und die gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen in Rheinland-Pfalz. Gemeinsam treten sie jeglicher Form von Gewalt und Diskriminierung aufgrund von Ethnie und Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität entgegen. Antimuslimischen Rassismus, Antisemitismus und religiösen Extremismus werden beide Seiten gemeinsam entschieden bekämpfen."






