Neuer Bundesbeauftragter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit

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Thomas Rachel ist der neue Beauftragte der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit
Thomas Rachel

Thomas Rachel (CDU) folgt auf Frank Schwabe (SPD). Der vormalige Beauftragte hatte ein offenes Ohr für säkulare Anliegen und lud Vertreter:innen religionsfreier Organisationen zu einem Fachgespräch ein. Ob der neue Mann auf dieser Position in gleicher Weise ansprechbar ist, wird sich zeigen.

Ende Mai stellte die neue schwarz-rote Koalition den Nachfolger von Frank Schwabe vor: Der Abgeordnete Thomas Rachel ist laut offizieller Mitteilung evangelischer Christ, Bundesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU und Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Position des Beauftragten der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit wurde nicht gestrichen und auch der Name, den der Ex-Beauftragte um den Begriff der Weltanschauung erweitert hatte, wurde beibehalten. Das Amt wechselte lediglich vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ins Auswärtige Amt.

Der hpd hat zum "International Atheist Day" im vergangenen Jahr ein Interview mit Schwabe geführt, in dem er seine Haltung folgendermaßen beschrieb: "Ich bin selber protestantischer Christ, das finde ich auch ganz gut so. Aber ich finde, das ist am Ende die Entscheidung jedes Einzelnen, und der Staat soll da nicht privilegieren, sondern muss alle Formen von Religion oder Nicht-Religion respektieren." Im Rahmen seines Amtes hatte er sich für die Freilassung des nigerianischen Humanisten Mubarak Bala eingesetzt und sich ablehnend gegenüber der Strafbarkeit von Blasphemie geäußert. Die humanistische Perspektive sei "sicherlich etwas, was man in den nächsten Jahren noch weiter ausbauen und noch stärker einfließen lassen kann", räumte der damalige Beauftragte der Bundesregierung ein.

Im Gespräch mit dem hpd kündigte er seinerzeit einen Bericht seines Hauses an, der ein halbes Jahr später unter dem Titel "Weltanschauungsfreiheit weltweit stärken!" veröffentlicht wurde. Dem vorausgegangen war ein Fachgespräch im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, an dem Philipp Möller vom Zentralrat der Konfessionsfreien, Mina Ahadi vom Zentralrat der Ex-Muslime, Dustin Altermann von der Säkularen Flüchtlingshilfe, Michael Schmidt-Salomon von der Giordano-Bruno-Stiftung sowie Carmen Wegge und Sabine Smentek vom Arbeitskreis Säkularität und Humanismus (AKSH) der SPD und der frühere Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit des UN-Menschenrechtsrats Heiner Bielefeldt teilnahmen.

Die Latte für den neuen Mann im Amt liegt aus säkularer Perspektive also hoch. In der Pressemitteilung zu seinem Amtsantritt ließ er verlauten:

"Christinnen und Christen, Musliminnen und Muslime, Jüdinnen und Juden und Angehörige vieler anderer Religionen und Weltanschauungen sind weltweit von der Verletzung der Religionsfreiheit betroffen. Sie werden Opfer von Verfolgung und Diskriminierung allein aufgrund ihres Glaubens, während andere diskriminiert und bedroht werden, weil sie keiner Religion angehören. In meinem neuen Amt werde ich mich dafür einsetzen, diesen Menschen eine Stimme zu geben und für ihre Rechte einzustehen. Ich werde außerdem entschieden gegen radikale Strömungen eintreten, die Religion gezielt als Vorwand für Spaltung und Hass in der Gesellschaft missbrauchen."

Die Anerkennung von religionsfreien Menschen und deren Gefährdung bleibt also bestehen, und an dieser Stelle scheint der neue Religions- und Weltanschauungsbeauftragte nicht in alte Muster zurückzufallen. Auch das Risiko, das religiösen Ideologien innewohnt, benennt er hier. Im Interview mit der Evangelischen Zeitung bediente er dann aber doch religiöse Klischees und äußerte sich aus säkularer Sicht eher befremdlich: "Kirchen und Religionsgemeinschaften können einen wichtigen Beitrag zum Frieden leisten", erklärte er, "und sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Gemeinwohl." Seine eigene religiöse Identität und das kirchliche Engagement würden ihm helfen, "ein tieferes Verständnis auch für Angehörige anderer Religionen und Weltanschauungen zu entwickeln". Dass aus einem selbst empfundenen Glauben Verständnis für Religiosität erwächst, ist nachvollziehbar, nicht jedoch zwangsläufig für nicht-religiöse Weltanschauungen. Ob Rachel dazu zumindest auf professionell-staatlicher Ebene dennoch in der Lage ist, bleibt abzuwarten.

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