Studie

Wie Religion und Verschwörungsglaube zusammenhängen

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Das Auge als Symbol der Illuminaten
Symbol der Illuminaten

Gott oder die Illuminaten – dass verborgene Mächte die Geschicke der Welt leiten, gehört zu den zentralen Vorstellungen sowohl bei religiös Gläubigen als auch bei Anhängern von Verschwörungserzählungen. Tatsächlich tendieren Verschwörungsgläubige oft auch zu Religiosität – weil beide Überzeugungen einander in kognitiver Hinsicht ähneln.

Zu diesem Schluss kommt ein Forscherteam um den Mainzer Psychologen Marius Frenken in einer nun veröffentlichten Studie, nachzulesen im Fachjournal Political Psychology. Wer einen stark ausgeprägten Verschwörungsglauben zeigt, neigt demnach auch zu einer stärkeren Religiosität – wohl, weil sich die zugrunde liegenden ideologischen und politischen Weltanschauungen gleichen, so die Forscher.

Über die Ursachen und die Art der Beziehung zwischen beiden Überzeugungen wurde bereits heftig diskutiert. So vermutete man etwa, dass Religiosität und Verschwörungsdenken gleiche psychologische Bedürfnisse befriedigen, etwa die Sehnsucht nach Kontrollgefühl, moralischen Leitlinien und Gruppenzugehörigkeit. Dieser Annahme erteilen Frenken und seine Kollegen eine Absage. Nach Auswertung von umfangreichen Befragungsdaten kommen sie vielmehr zu dem Schluss, dass die Ursache in den kognitiven Ähnlichkeiten von Verschwörungsdenken und Religion liegt. Beide bedienen der Studie zufolge gleiche Denkstile, indem sie etwa das Wirken geheimnisvoller Mächte auf die Welt annehmen und "Anomalien als erklärende Ausgangspunkte" für ihre Weltsicht heranziehen.

Unklar sei bisher auch gewesen, was diese Parallelen für die Beziehung zwischen Religiosität und Verschwörungsglauben bedeuten, schreiben die Forscher weiter. Ihr Ausgangspunkt: Wenn beide Merkmale ähnliche Bedürfnisse erfüllen, sollte sich dies in einer negativen Korrelation widerspiegeln. Eine Person wäre dann tendenziell entweder verschwörungs- oder religionsgläubig, aber nicht beides gleichzeitig. Basieren Religion und Verschwörungsglaube jedoch auf den gleichen Denkstilen, wäre eine positive Korrelation zu erwarten, das heißt, wer an das eine glaubt, tendiert auch eher zum anderen.

Zur Klärung unternahmen die Forscher zunächst eine Meta-Analyse von früheren Studien zum Verhältnis von Verschwörungsmentalität und Religiosität beziehungsweise zum Verhältnis von verschiedenen einzelnen Verschwörungsüberzeugungen. Die Daten stammten größtenteils aus den USA sowie aus Deutschland und Polen, wo die Religiösen meist dem Christentum angehören. Ein geringerer Anteil umfasste auch einen Anteil von nichtchristlichen Personen im Iran und der Türkei. Die Auswertung ergab eine signifikante positive Korrelation zwischen Religiosität und Verschwörungsmentalität und zwischen Religiosität und der Tendenz, bestimmte Verschwörungsüberzeugungen zu bejahen.

Anhand von anschließenden eigenen Befragungen von Personen in den USA stellten Frenken und sein Team kleine bis mittlere positive Korrelationen zwischen Religiosität und Verschwörungsdenken sowie Religiosität und bestimmten Verschwörungsmythen fest. Allerdings nahmen diese Effekte deutlich ab, wenn politische Überzeugungen berücksichtigt wurden. Dies deutet darauf hin, dass die Beziehungen zwischen Religiosität und Verschwörungsglauben weitgehend von gemeinsamen politischen Überzeugungen bestimmt werden. Frenken spricht von einer "religiösen Aufladung" dieser Beziehung. "Viele Verschwörungstheorien sprechen die religiöse Rechte an, und Religiosität ist in vielen Ländern auch im rechten Spektrum stärker ausgeprägt", erklärt Frenken weiter.

Dies gelte vor allem für die USA, so Frenken. Während dort unter Religiösen die allgemeine Tendenz herrsche, das Wirken finsterer Mächte zu vermuten, sei diese Tendenz bei den Religiösen in den europäischen Ländern weniger ausgeprägt.

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