Zwölf Chancen für die offene Gesellschaft

Die Säkulare Ampel

6. Ethik für alle als Lehrfach einführen

Kein Mensch kommt gläubig zur Welt. Die Festlegung auf ein bestimmtes religiöses Bekenntnis entsteht durch Erziehung – und genau das bezweckt der konfessionelle Religionsunterricht: "Reli" dient nicht der Information über Religion, sondern der Vermittlung des jeweiligen Glaubens, also der Missionierung von Kindern. Dies kostet den Staat jährlich 4 Milliarden Euro Steuergelder, wird aber inhaltlich von den Kirchen bestimmt. Öffentliche Schulen sollen jedoch keine Bekenntnisse vermitteln, sondern Erkenntnisse. Deshalb wollen wir den konfessionellen Religionsunterricht ersetzen durch "Ethik für alle".

Befürworter des Reli-Unterrichts bringen zwar gern an, er sei durch das Grundgesetz als ordentliches Lehrfach geschützt, doch die wichtige Einschränkung des Artikels 7 GG wird dabei oft verschwiegen: "mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen". Solche bekenntnisfreien öffentlichen Schulen gibt es allerdings nur in der Verfassung, nicht in der Realität. In einem weltanschaulich neutralen Staat sollten sie eine Selbstverständlichkeit sein.

Vor allem mit Blick auf die weltanschauliche Vielfalt Deutschlands ist diese Bekenntnisfreiheit wichtig. Laut Verfassung muss der Staat jede Weltanschauung gleich behandeln, also müsste er auch jeder Gemeinschaft ein eigenes Lehrfach ermöglichen. Im Schulalltag ist das kaum umsetzbar. Zudem reduziert es Kinder auf natürliche Erben der Weltanschauung ihrer Eltern. Aber: Es gibt keine religiösen Kinder, sondern nur Kinder religiöser Eltern. Die Entscheidung für eine Weltanschauung muss und darf jeder Mensch für sich selbst treffen.

Um die Haltung der Bevölkerung zum Religionsunterricht zu erfahren, hat ein Mitgliedsverband des Zentralrats, der Bund für Geistesfreiheit Bayern, eine bundesweite Befragung durchführen lassen, die zeigt, dass die Deutschen mehrheitlich für das Modell "Ethik für alle" votieren. "72 Prozent sind eine verfassungsändernde Mehrheit und ein klares Handlungssignal", kommentiert Ernst-Günther Krause, der Initiator der Studie, die Ergebnisse.

Grafik: Zentralrat der Konfessionsfreien

Als Zentralrat der Konfessionsfreien betrachten wir Schulen als geistige Schutzräume für Kinder, zu denen religiöse und nicht-religiöse Weltanschauungsgemeinschaften keinen Zugang haben sollten. Ein gemeinsamer Ethikunterricht ab der ersten Klasse wird dem weltanschaulich neutralen Staat gerecht – so will es auch die überwältigende Mehrheit der Menschen in Deutschland.