Weil er in seinem Heimatland aufgrund seiner Homosexualität verfolgt wird, suchte ein junger Iraker in Österreich Asyl. Sein Antrag wurde von der zuständigen Behörde mit der Begründung abgelehnt, dass er sich übertrieben schwul verhalten habe. Erst vor zwei Wochen war in Österreich einem jungen homosexuellen Afghanen der Asylstatus verwehrt worden, weil er sich nach Ansicht der Behörde nicht schwul genug verhalten hatte.
In Sachen Asyl für verfolgte Homosexuelle herrscht in österreichischen Behörden derzeit ein dermaßen buntes Treiben, dass es jedem CSD-Veranstalter die Tränen in die Augen treiben muss – wahlweise vor Neid oder vor Wut.
Bekanntlich kann Homosexualität in einigen, vor allem muslimischen Ländern der Erde tödliche Nebenwirkungen haben. Wer Menschen desselben Geschlechts liebt und diese Liebe lebt, ist in Gefahr, aufgrund des dort vorherrschenden religiösen Fundamentalismus verfolgt, verprügelt oder gar getötet zu werden. Deshalb gilt Homosexualität bei drohender Verfolgung im Herkunftsland in den aufgeklärten Ländern Europas als Asylgrund.
Wie sich nun zeigt, ist in der Alpenrepublik Österreich in Sachen Homosexualität jedoch dringend weitere Aufklärung vonnöten. Erst vor knapp zwei Wochen war bekannt geworden, dass der Asylantrag eines jungen Afghanen mit hanebüchenen Erklärungen abgelehnt worden war. Der Afghane hatte bei seinem Asylantrag in Österreich darauf hingewiesen, dass er in seinem Heimatland aufgrund seiner Homosexualität verfolgt wird. Ein Beamter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in Wiener Neustadt lehnte den Asylantrag mit der Begründung ab, dass Gang, Gehabe und Kleidung des Afghanen zu wenig homosexuell seien. Auch sei er nach eigenen Angaben lieber allein als in großen Gruppen unterwegs, was den Beamten ebenfalls an seiner Homosexualität zweifeln ließ, da es nach Ansicht des Beamten schließlich bekannt sei, dass Schwule eher gesellig seien.
In den Sozialen Medien sorgte diese Nachricht für Empörung und kreative Wutausbrüche, in denen bildreich spekuliert wurde, wie ein homosexueller Asylsuchender wohl auf einem österreichischem Amt vorstellig werden müsse, damit sein Antrag positiv beschieden wird.
Wie so häufig im aktuellen Kapitel der Geschichte wurde die Fantasie jedoch wieder einmal von der Realität überholt. In der vergangenen Woche wurde nämlich ein ähnlich gelagerter Fall aus der Steiermark bekannt. Ein 27-jähiger Iraker hatte einen Asylantrag gestellt und diesen mit der Verfolgung in seinem Heimatland aufgrund seiner Homosexualität begründet. Diesmal lehnten die Beamten den Asylantrag ab, weil er sich eines stereotypen, überzogen mädchenhaften Verhaltens bedient habe – kurz: weil er zu schwul war. Laut der Wochenzeitschrift Die Zeit ist der junge Iraker übrigens aktives Mitglied in der österreichischen Homosexuellen-Szene.
Vielleicht sollte die Behörde über das Erstellen eines amtlichen Informationsblattes nachdenken, wie Schwule in Österreich denn nun bitte zu sein haben: Schwul sein – aber richtig! (Österreich-Edition). Dies wäre nicht nur für Behördenmitarbeiter hilfreich, sondern vor allem auch für die Homosexuellen in Österreich, die bislang der offenbar geradezu wahnwitzigen Meinung waren, dass man als schwuler Mensch einfach so sein kann, wie man ist.
Spannend auch die Frage, was sich die österreichische Asylbehörde als nächstes ausdenken wird, um so wenige Asylanträge wie nur möglich genehmigen zu müssen. Vielleicht die Empfehlung, Heil in der Religion zu suchen, um von der Homosexualität kuriert zu werden und als gottgefälliger neuer Mensch in die Heimat zurückzukehren? Das kommt Ihnen dann doch etwas zu weit hergeholt vor? Keineswegs: Im Mai dieses Jahres bekam eine asylsuchende homosexuelle Frau aus Uganda genau diesen Ratschlag von Beamten in Großbritannien.
3 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ist schon ein Kreuz mit dem Schwulsein in A, aber anscheinend ein Pappenstiel im Vergleich zur Situation in GB?
Kay Krause am Permanenter Link
Der junge Mann hätte sich dem Herrn österreichischen Beamten auf den Schoß setzen und ein wenig zärtlich sein sollen, oder als Pfarrer verkleidet in Großmutterkleidung mit Spitzen und Rüschen zur Vernehmung erscheinen
libertador am Permanenter Link
Dieses Vorgehen zeigt ganz gut, dass auch in westeuropäischen Staaten weiterhin große Lücken in der Akzeptanz von Homosexuellen vorhanden sind.
Die Fälle in Österreich und GB zeigen dann noch was anderes: behördliche Willkür. Die Entscheidungen scheinen losgelöst von Gründen zu sein, sondern einfach passend gemacht zu werden. Das wirkt wie Vorgaben möglichst viele abzulehnen ohne gescheite rechtliche Mittel das umzusetzen.