Ein Wissenschaftler bringt die Recherche weiter: Sechs Prozent der katholischen Priester werden zu Tätern, dabei verlangen sie als Autoritäten von ihren Opfern sexuellen Gehorsam und erniedrigen ihre Opfer zu Abhängigen. Gleichzeitig verweist der Wissenschaftler auf die Jahresbücher, in denen alle Priester der Diözese dem aktuellen Stand nach aufgelistet sind.
"Versetzung nach", "krankheitshalber beurlaubt", "aus dem Dienst vorzeitig ausgeschieden", das ist der Code, durch den die Journalisten den Tätern näher kommen und deren Namen erfassen. Die erschütternde Befürchtung: Im Bistum Boston kommen bis 2002 als Sexual-Täter 87 Priester in Frage. Die Zahl erhärtet sich und wird zur Erkenntnis. Im Abspann des Films ist von mehr als 200 Priestern als Täter zu lesen. Die Zahlen von Opfern und Tätern erhöhten sichund liegen bis 2008 vor.
Das Erzbistum hat von ihren Taten gewusst, hat die Täter in der Institution weiter beschäftigt und sie vertuschend an einen anderen Ort versetzt. Durch die Kirche geschützt, ließ und lässt man die Priester gewähren, fördert ihre Taten durch Vertuschung. Wenden die Mütter, die Väter der Kinder sich an die Polizei, eilen Anwälte des Erzbistums dazu, um Prozesse zu verhindern, vereinbaren Geldzahlungen mit den Opfern und fordern ihnen als Gegenleistung lebenslanges Schweigen ab. Anklagen, Gerichtsprozesse, Öffentlichkeit werden vermieden, Akten "ausgelagert".
Ein Opferanwalt und eine Richterin bringen eine weitere Wende: Beide respektieren ganz einfach das Gesetz. Ohne Schnörkel wurden damit 2002 in Boston Beweise frei, die zuvor in ungesetzlicher Weise der Öffentlichkeit vorenthalten waren und das mit dem Ergebnis: Das Erzbistum Boston hat um die Täterschaft ihrer Priester gewusst.
Und sollten bei den Zuschauern des Films der Gedanke aufkommen, die Recherche wäre in Deutschland gewesen. Nein, sie irren, es war nur die Anmutung, als wäre die Recherche von Deutschland in die USA übertragen worden. Die "Spotlight"-Recherche fand in Boston statt, die Täter gehörten dem Erzbistums Boston an und das hat nach Bekanntwerden des Skandals Konkurs anmelden müssen. Der Erzbischof legte 2001 sein Amt nieder. Der Vorwurf war, Fälle des sexuellen Missbrauchs an Kindern durch Diözesanpriester nicht hinreichend verfolgt zu haben. Er entging der Staatsanwaltschaft und lebt seither in Rom.
Spotlight, USA 2015 - Regie: Tom McCarthy. Buch: Josh Singer, Tom McCarthy. Kamera: Masanobu Takayanagi. Musik: Howard Shore. Schnitt: Tom McArdle. Mit: Mark Ruffalo, Michael Keaton, Rachel McAdams, Liev Schreiber, John Slattery, Stanley Tucci, Brian d'Arcy James, Billy Crudup, Richard Jenkins, Paul Guilfoyle. Paramount, 128 Minuten.
2 Kommentare
Kommentare
Dieter Bauer am Permanenter Link
Jede grundlegend auf Unwahrheit und Gegenstandslosigkeit basierende Vereinigung muss und wird ihre Diener und Helfershelfer in der Versenkung untertauchen lassen, will sie sich nicht ihrer fragwürdigen Existenzgrundla
Rainer am Permanenter Link
Den Film kann man nahezu 1:1 auf die Zeugen Jehovas übertragen. Auch hier findet ein von ganz oben tolerierter und vertuschter Missbrauch an Kindern statt.