Frankfurt/Main

Stadt Frankfurt will rund 5 Millionen für Kirchentag 2021 zahlen

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Der Frankfurter Römer – Zentrum der Stadtpolitik
Frankfurter Römer

Am Freitag verkündete der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main seinen Beschluss, den Ökumenischen Kirchentag 2021 mit rund 5 Millionen Euro zu finanzieren. Das Pikante daran: Die Stadt ist hoch verschuldet und weit über die Hälfte der Bevölkerung Frankfurts hat mit dem Christentum nichts am Hut.

Es geschieht wieder einmal – und das im vermeintlich säkularen Deutschland im 21. Jahrhundert: Eine hochverschuldete Stadt will großzügig ihren Stadtsäckel öffnen, um ein religiöses Sommerfest zu finanzieren. In diesem Fall heißt die Stadt Frankfurt am Main und bei dem religiösen Sommerfest handelt es sich um den Ökumenischen Kirchentag 2021. Kirchentage finden in Deutschland jeden Sommer statt, jeweils jährlich im Wechsel ein Evangelischer Kirchentag oder ein Katholikentag – und alle paar Jahre ein Joint Venture der beiden christlichen Großkirchen, ein Ökumenischer Kirchentag. Nun ist an Sommerfesten grundsätzlich nichts auszusetzen. Problematisch ist jedoch, dass die beiden Großkirchen ihre Kirchentage jeweils zu 30-50% aus öffentlichen Mitteln von Stadt, Land und Staat finanzieren.

Vergangenen Freitag beschloss nun auch der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main für den dort 2021 stattfindenden Ökumenischen Kirchentag eine großzügige Finanzspritze aus städtischen Mitteln. Der Magistrat – die "Regierung" der Stadt – setzt sich zusammen aus Oberbürgermeister, Bürgermeister sowie 9 haupt- und 14 ehrenamtlichen Stadträtinnen und Stadträten. Die Sitzungen des Magistrats sind nicht öffentlich.

In einer Pressemitteilung der Stadt Frankfurt über den Magistratsbeschluss ist nachzulesen, dass "die Stadt Frankfurt den Veranstaltern, dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und dem Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT), einen Barzuschuss in Höhe von 3,9 Millionen Euro" sowie "unentgeltlich Sach- und Dienstleistungen in einem Wert von bis zu einer Million Euro" bewilligt hat. Die von Bürgermeister, Stadtkämmerer und Kirchendezernent Uwe Becker (CDU) hierfür genannte Begründung lautet:

"Unsere internationale und weltoffene Stadt bietet den geeigneten Rahmen, um Menschen zusammenzuführen und mit ihnen über aktuelle Themen offen zu diskutieren. Der Dialog wird immer bedeutender, um in einer sich schnell wandelnden Welt den Blick zu weiten und das Herz zu öffnen. Der ökumenische Kirchentag spricht viele Menschen unterschiedlichen Alters, Herkunft und Religionen an. Die Stadt Frankfurt am Main sieht es daher als ihre Pflicht an, den offenen Dialog und die Stärkung des Zusammenhaltes unserer Gesellschaft zu unterstützen und zu fördern."

"Diese Begründung ist eine Farce", sagt Maximilian Steinhaus, Pressesprecher der Aktionsgruppe Das 11. Gebot: Du sollst Deinen Kirchentag selbst bezahlen!, die seit Jahren kritisiert, dass religiöse Events wie Kirchentage massiv durch öffentliche Gelder finanziert werden. "Zahlreiche Statistiken zeigen, dass rund 95% der Besucher von evangelischen oder katholischen Kirchentagen evangelische oder katholische Christen sind, von einem Dialog mit anderen Religionen kann also kaum die Rede sein. Es handelt sich um christliche Sommerfeste. Und wenn dort neben Glaubensfragen mitunter auch gesellschaftliche Fragen erörtert werden, so geschieht dies immer aus einer christlich-religiösen Perspektive. Der Beschluss des Magistrats ist deshalb in mehrfacher Hinsicht skandalös", sagt Steinhaus. "Ganz abgesehen davon, dass es einfach keine Aufgabe von Stadt, Land und Staat ist, religiöse Feste zu sponsern, ist die Stadt Frankfurt auch noch hoch verschuldet und weit über die Hälfte der Bevölkerung ist nicht mal Mitglied der evangelischen oder katholischen Kirche. Wie durch die üppige Finanzierung einer solchen Veranstaltung durch eine hochverschuldete, mehrheitlich nicht-christliche Stadt eine Stärkung des Zusammenhalts unserer Gesellschaft entstehen soll, ist mir schleierhaft. Für die nicht-christliche Mehrheit der Bevölkerung in Frankfurt ist die Entscheidung des Magistrats nämlich ein Schlag ins Gesicht."

Laut dem Statistischen Jahrbuch der Stadt Frankfurt waren im Jahr 2017 39% der Bevölkerung evangelisch oder katholisch, 61% der Einwohner gehörten dagegen einer anderen oder keiner Religionsgemeinschaft an. Da die Mitgliedzahlen der christlichen Großkirchen in Deutschland rapide sinken, ist zu erwarten, dass im Jahr 2021 noch weniger Menschen in Frankfurt Mitglied der katholischen oder evangelischen Kirche sein werden, denn auch hier lässt sich der entsprechende Trend klar beobachten. Laut Statistischem Jahrbuch waren 2012 noch 43% der Einwohner Frankfurts Mitglied der evangelischen und katholischen Kirche – ein Mitgliederschwund von 4% in fünf Jahren bezogen auf die Gesamtzahl der Bevölkerung. Hält der Trend in dieser Stärke an, so werden 2021 nur noch gut ein Drittel der Einwohner Frankfurts Mitglied der beiden christlichen Großkirchen sein.

Darüber hinaus ist die Stadt Frankfurt/Main derzeit hoch verschuldet. Tendenz steigend. Es wird erwartet, dass die Schulden der Stadt bis zum Jahr 2021 auf rund 2,9 Milliarden Euro anwachsen werden – gegenüber 2016 fast eine Verdoppelung des städtischen Schuldenbergs. Die Kommunalaufsicht des Landes Hessen hat die Stadt bereits aufgefordert, der rapide wachsenden Verschuldung beim Haushalt 2018 entgegenzusteuern. Ende letzten Jahres hatte Stadtkämmerer und Kirchendezernent Uwe Becker deshalb laut der Frankfurter Neuen Presse eine Kürzung der Ausgaben um fünf Prozent quer über alle Dezernate gefordert. Im Zuschuss für den Ökumenischen Kirchentag sah er dagegen von Anfang an kein Problem. Im Gegenteil: Im November 2016 hatte Becker gegenüber der Frankfurter Rundschau seine Bereitschaft erklärt, "den Kirchentag nun noch stärker als bisher geplant finanziell zu fördern." Ursprünglich war ein städtischer Zuschuss von 3 Millionen Euro für den Ökumenischen Kirchentag 2021 vorgesehen.

Glücklicherweise ist durch den Beschluss des Magistrats noch nicht endgültig über die Finanzierung des Ökumenischen Kirchentags entschieden. Der Magistrat muss nun eine Vorlage erarbeiten und in die Stadtverordnetenversammlung einbringen. Eine Abstimmung hierüber könnte im Februar oder März erfolgen.


Der Artikel wurde am 05.02.2018 um 13:13 Uhr bearbeitet.