Die Freidenker-Vereinigung der Schweiz erstattet Anzeige gegen den Bischof der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg, Charles Morerod, wegen Begünstigung gemäß Artikel 305 des Schweizerischen Strafgesetzbuches.
Den Medien war zu entnehmen, dass der damals neu ernannte Bischof Morerod 2011 von einer Opferhilfeorganisation über die sexuellen Übergriffe eines ihm unterstellten katholischen Geistlichen orientiert wurde. Sanktionen gegen den Geistlichen seien aber erst nach der ersten öffentlichen Aussage des mutmaßlichen Opfers erfolgt.
Artikel 305 des Strafgesetzbuches führt zum Straftatbestand der Begünstigung aus, dass mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft wird, wer jemanden der Strafverfolgung oder dem Vollzug einer Strafe oder Maßnahme entzieht. Unserer Einschätzung nach ist dieser Straftatbestand erfüllt, sofern sich erhärten lässt, dass diese Aktenübergabe tatsächlich 2011 erfolgte.
Mit der Strafanzeige wollen die FreidenkerInnen sicherstellen, dass die Ermittlungsbehörden tätig werden und ein Verschulden Morerods seriös prüfen. Es darf nicht länger sein, dass die Kirche sich wie ein Staat im Staat benimmt und mutmaßliche Täter vor dem Zugriff der Vollzugsbehörden schützt. Gemäß Berichten des Tages-Anzeigers und des SRF war der Fall kirchenintern schon seit Jahrzehnten bekannt, und eine erste Aussprache fand bereits 2001 statt.
Trotzdem wurde der Beschuldigte keineswegs suspendiert, sondern war weiterhin als Pfarrer tätig und blieb nichtständiges Mitglied des Priesterseminars.
Die viel zu spät erfolgte interne Untersuchung der Diözese "betreffend das nicht Weitergeben von Informationen, Mangel an Urteilsvermögen und dem Verschwinden von Dokumenten" reicht nicht. In diesem Fall wurde wohl zudem versucht, dem Opfer eine Mitschuld am Geschehen zuzuschieben. Im Zusammenhang mit der systematischen Vertuschung von Missbrauchsfällen in den Reihen der römisch-katholischen Kirche hat sich immer wieder gezeigt, dass kircheneigene Kontrollmechanismen fehlen oder versagen und deshalb der Rechtsstaat aktiv werden muss.
Erstveröffentlichung auf der Webseite der Freidenkenden Schweiz.
5 Kommentare
Kommentare
Rene Goeckel am Permanenter Link
Nun werden wir lernen, ob es in der Schweiz funktionierende Staatsanwalschaften gibt. Bei uns können sie ja problemlos untätig bleiben.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Diese unerträgliche Praxis der Vertuschung und Schuldzuweisung der Opfer, sowie die Uneinsichtigkeit der Täter in ihr Verhalten, muss mittels Strafrechtlicher Verfolgung unnachgiebig geahndet werden.
für Täter aus der Bevölkerung und einem für Klerikale Täter.
Im Gegenteil, Täter die bei Kindern einen Vertrauensvorschuss genießen, wie, Priester und
Lehrpersonal, sollten dabei wesentlich härter bestraft werden, da diese ihre Stellung schamlos ausnützen um ihren abartigen Neigungen zu frönen.
Antimodes am Permanenter Link
Das Strafverfolgung verschleppt wird und Beweislagen unauffindbar werden, ist zu verurteilen. Dennoch verstehe ich nicht, was der Ruf nach Sanktionen nach Anzeige soll.
Andreas Kyriacou am Permanenter Link
Es geht nicht um die Handlungen des mutmasslichen Täters (des Priesters), sondern um das Nichthandeln von dessen Vorgesetzten.
awmrkl am Permanenter Link
"was der Ruf nach Sanktionen nach Anzeige soll"
Wo denn? Lt Artikel wurde Anzeige erstattet, nicht mehr!?
"Bis zu einem gültigen Urteil gilt zunächst die Unschuldsvermutung"
Das gilt (wohl auch in CH) formal streng für Staatsorgane wie Exekutive (ermittelnde Polizei zB) und Justiz. Aber bei weitem nicht so streng für Berichterstattung in Medien, da darf -unter Vorbehalt des Fiktiven- auch mal spekuliert werden, zumal in so gekennzeichneten Formaten wie Glossen, (Meinungs-)Kommentaren u.ä.
"Auch für Priester"
Darum geht es ja gerade! Daß anscheinend Kleriker anderer Gerichtsbarkeit (nämlich (fast) keiner) unterliegen als alle anderen, trotz "vor dem Gesetz sind alle gleich". Also eine Art Staat im Staat. Siehe in D, wo trotz Anzeigen in allen Bundesländern und Verdachts aufgrund umfangreichen Materials (Studie) die Staatsanwaltschaften sich blind und taub stellen!?
"In anderen Ländern ..."
Dort sind wir aber nicht!
Auf Deutsch: Was sollte jetzt dieser seltsam relativierende Kommentar?