Mit 1.877 Covid-19-Fällen pro 100.000 Einwohner (Stand: Mittwoch) weist der Kirchenstaat momentan die höchste Quote in ganz Europa auf. Gleichzeitig dürfte der Anteil an altersbedingten Risikogruppen-Angehörigen besonders hoch sein. Daher besteht nun auch dort Maskenpflicht. Wer die Infektionsschutzregeln aber nicht so ernst nimmt, ist der Papst höchstpersönlich.
In absoluten Zahlen wirkt die Situation auf den ersten Blick nicht ganz so dramatisch: Es handelt sich um zwölf aktive Corona-Infektionen – allerdings auf nur 453 vor Ort lebende Einwohner des lediglich 0,44 Quadratkilometer kleinen Staatsgebiets. Seit Ausbruch der Pandemie gab es insgesamt 27 Corona-Fälle im Kirchenstaat, verstorben ist niemand. Und das obwohl der der Vatikan aufgrund seines hohen Altersdurchschnitts einen besonders hohen Anteil an Risikogruppen-Angehörigen haben dürfte. Vor allem Papst Franziskus selbst ist aufgrund einer Lungen-Vorerkrankung und nur eines verbliebenen Lungenflügels besonders gefährdet.
Um das Ansteckungsrisiko zu senken, besteht nun auch im Kirchenstaat Maskenpflicht, wie domradio.de berichtet. Auch der Papst trug diese Woche einen Mund-Nasen-Schutz, der lange auf diesen wie auch auf das Einhalten von Abstandsregeln verzichtet hatte: Noch bis vor kurzem hatte man Franziskus Pilger umarmen und Gästen die Hand geben sehen.
Nun schien das Gottvertrauen aber angesichts der sich weltweit verschärfenden Pandemie-Lage nicht mehr auszureichen, denn zuletzt waren die Einschläge näher gekommen und es hatte auch Angehörige der Schweizer Garde, der päpstlichen Leibwache, erwischt sowie einen Bewohner des päpstlichen Wohnsitzes. "Corona macht also nicht einmal einen Bogen um den Papst", stellt domradio.de anscheinend überrascht fest.
Am Mittwoch hatte Gottes selbsternannter Stellvertreter sein Vertrauen in dessen Schutz aber wohl schon wieder gefunden: Nach der Generalaudienz leistete der Papst durch das Missachten von Abstandsregeln und das Verzichten auf eine Mund-Nasen-Bedeckung möglicherweise einen zusätzlichen Beitrag zur Weiterverbreitung der nicht so frohen Botschaft in alle Welt.
3 Kommentare
Kommentare
Andreas am Permanenter Link
Wieder eine "gewollter-geht’s-nicht"-Kritik an Papst Franziskus: kann der hpd auch anders?
Wie wäre es mit – ernsthafter – Berichterstattung zu: "Papst Franziskus: »Recht auf Familie für Homosexuelle«", https://www.diepresse.com/5886508/papst-franziskus-recht-auf-familie-fur-homosexuelle
Roland Weber am Permanenter Link
Da ich hier etwas von Kirchen"staat" lese, möchte ich darauf hinweisen, dass diese Einschätzung völkerrechtlich falsch ist.
Bei allen drei Elementen versagt der Vatikan:
1. Staatsvolk
2. Staatsgebiet
3. Staatsgewalt
Zu 3.: Die "Staatsgewalt" des Papstes als Legislative, Exekutive und Judikative stellt zwar den Absolutismus in Höchstform dar, aber seine Gewalt bezieht sich gerade nicht auf ein Staatsgebiet und auch auf kein Staatsvolk, sondern eine religiöse Gemeinschaft. Zu jeder Staatsgewalt gehört auch ein Mindestmaß an eigenständiger Infrastruktur. Ohne den italienischen Staat ginge im wahrsten Sinne des Wortes im Vatikan-"Staat" das Licht zur absoluten Gänze aus. Es fehlt an jeglichen Mindeststandards.
Zu 2.: Wie auch hier angesprochen, sind 0,44 qkm Fläche kein „Staat“. Auch hier fehlt es an einer Mindestvoraussetzung.
Zu 3.: Das sogenannte "Staatsvolk" des Vatikan besteht ausschließlich aus Staatsangehörigen tatsächlicher Staaten. Dem Wahn, sich als „Volk“ zu verstehen, kann man Katholiken durchaus widersprechen, da ein Volk vermehrungswillig und vermehrungsfähig sein muss. Da mag manchem jetzt doch etwas durch den Kopf schwirren, was aber nicht den Kern der Sache trifft. Dies müsste im Volksgedanken des Volkes (!) ersichtlich sein und kann nicht durch haarspalterische Sophistik aufgebrochen werden. Es gibt auch keine vatikanische Staatsangehörigkeit außerhalb des Vatikans. Alle dortigen Bewohner reisen zu recht mit ihrer Herkunftsstaatsangehörigkeit. Verträge schließt der Vatikan auch nicht als Staat.
Zur Klarstellung: Es genügt ein „Fehlen“ (1.-3), der Kirchen“staat“ bietet gleich alle drei.
Das einzige, was noch erwähnenswert ist, ist natürlich, dass man seitens des Vatikans stets Sonderrechte eingefordert hat. Dies führte zwar nirgends zur formellen Anerkennung als Staat, aber wer weiß dies schon oder wagt es schon an diesem Scheinstatus zu rütteln? Aber noch ist nicht aller Tage Abend und die Zeiten geschlossener abendländischer Harmonie und Herrschaft eines Papstes sind glücklicherweise vorbei. Den Kirchenstaat, den es im Mittelalter einmal gab, wurde im Rahmen der italienischen Vereinigung im 19.Jahrhundert abgeschafft. Erst Mussolini setzte die kirchliche Herrschaft im o.a. Rahmen wieder ein, dies ist ein geschichtliches Faktum, aber völkerrechtlich ist dies belanglos. Belanglos ist allerdings nicht das Konkordat, dass Hitler als erste Regierungshandlung mit dem Vatikan schloss. Aber es wird sich niemand finden, der es wagen würde, die Gültigkeit oder Berechtigung heute in Frage zu stellen.
Kurz: Der Vatikan ist was er ist – aber kein Staat. Und das der "Herr" seinem angemaßten Stellvertreter und seinem Gefolge keinen Sonderstatus einräumt, liegt auch hier offen auf der Hand.
A.S. am Permanenter Link
Ein Fall von Hybris.
Ansonsten bitte: "heimtückische Botschaft" nicht "frohe Botschaft".