Kommentar

Woelkis wolkige Wahrheiten

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Kardinal Rainer Maria Woelki hat die ihm vom Papst verordnete geistliche Auszeit scheinbar nicht genutzt, um sich in seiner Amtsführung auf biblische, ethische Grundaussagen zurückzubesinnen. Anders ist sein Umgang mit der Berichterstattung über die Spielschulden des Priesters aus seinem Erzbistum nicht zu erklären. Die Kölner Diözese soll insgesamt 1,15 Millionen Euro zum Teil aus einem bischöflichen Sondervermögen zur Tilgung bereitgestellt haben, aus dem auch Missbrauchsopfer entschädigt werden.

Schon im Jahr 2020 hat Bettina Boettinger publikumswirksam verkündet, dass ihrer Meinung nach die Lüge in der Kirche immer noch das Wort habe. Circa 1,15 Millionen Euro wurden im Zusammenhang mit angeblichen Spielschulden eines Priesters unter der alleinigen Verantwortung von Kardinal Woelki bezahlt. Seine Pressestelle lässt ihn in Presseverlautbarungen nun den Anschein erwecken, dass man gelernt habe und ein solcher Fall nicht mehr auftreten könne, da der Kontakt zwischen der Personalabteilung und den Geistlichen heute intensiver und besser geordnet sei. Letztlich sei es zu dem Fall gekommen, da sich das Erzbistum stets bemühe, Priester, die in Not geraten seien, im Rahmen der Fürsorgepflicht zu unterstützen.

Kein Wort wird darauf verwandt, dass der biblische Schuldenerlass das Mittel der Bibel ist, um die Schuldner wieder am ordentlichen Leben teilhaben zu lassen. Schon Moses hat seinem Volk Israel befohlen, alle sieben Jahre einen Schuldenerlass durchführen (vgl. 5. Mose 15). Die kirchlichen Sozialverbände haben ganz maßgeblich daran mitgewirkt, dass inzwischen auch der weltliche Gesetzgeber die Möglichkeiten des Schuldenverzichts geschaffen hat. Betroffene Schuldner müssen nicht sieben Jahre auf den Schuldenerlass warten, sondern bekommen diesen heute sogar schon nach drei Jahren. Dies steht in der Insolvenzordnung. Der betroffene Priester hätte den Schuldenerlass damals jedenfalls nach sechs Jahren erhalten.

Der Priester bekommt auch regelmäßig sein Gehalt. Ihn nicht zu kündigen, obwohl er Schulden hat, ist sicherlich ein Aspekt der Fürsorgepflicht. Die Schulden zu bezahlen kann jedoch nicht nachvollzogen werden. Es sind auch Fälle bekannt, in denen Priester, mit Kenntnis der Personalabteilung eines Bistums, ein Privatinsolvenzverfahren durchlaufen haben und so Schuldenbefreiung erlangt haben, ohne dass das Bistum Zahlungen leisten musste. Das Erzbistum Köln verweist auf seiner Homepage Gläubige mit Finanzproblemen darauf, Hilfe und Beratung beim SKM Köln (Sozialdienst Katholischer Männer e. V.) oder beim Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e. V. einzuholen. In der Regel kennen die Personalabteilungen die entsprechenden Ansprechpartner. Warum dies nun gerade beim Erzbistum Köln selbst nicht der Fall sein soll, kann man nicht nachvollziehen.

Nachvollziehbar wird es jedoch dann, wenn man weiß, dass hier eben keine Schulden erlassen wurden. Stattdessen hat Kardinal Woelki verfügt, dass 493.697,82 Euro aus dem sogenannten BB-Fonds, dem Sondervermögen des Erzbistums, unmittelbar an den Priester oder auf dessen Verpflichtung hin an Dritte ausbezahlt wurden. Möchte Woelki hier wirklich den Eindruck erwecken, nicht er habe die Zahlungen veranlasst – sondern die Personalabteilung? Kardinal Meisner kann die Zahlungen auch nicht veranlasst haben, denn dieser war zum Zeitpunkt der Zahlungen schon längst emeritiert und Woelki selbst schon seit mehr als einem Jahr Kardinal. Spielschulden des Priesters können auch eigentlich gar nicht bezahlt worden sein, denn Spielschulden können nicht eingeklagt werden. Der Gesetzgeber sagt in Paragraph 762 BGB eindeutig, dass Verbindlichkeiten durch Spiel oder durch Wette nicht begründet werden können.

Natürlich stellen sich die Gläubigen nun die Frage, warum Kardinal Woelki einem Priester auf großzügigste Art und Weise fast 500.000 Euro Gehaltszahlungen aus einem Sondervermögen bezahlte, welches er nur sehr sparsam und zurückhaltend nutzt, um Opfer sexueller Gewalt zu entschädigen. Hier einen Fehler der Personalabteilung des Erzbistums zu vermuten oder einer allgemeinen Fürsorgepflicht entsprechen zu wollen, erscheint den Mitgliedern der katholischen Kirche wenig rational.

Rational nachvollziehbar wäre aber, dass die Personalabteilung gerade nicht von der Zahlung informiert wurde und erst im Rahmen von Steuerprüfungen des Finanzamtes auffiel, dass hier aus dem BB-Fonds Gehaltszahlungen an den Priester bezahlt und nicht versteuert wurden. Nur so lässt sich erklären, dass die Nachzahlung von Lohnsteuer und Zinsen mit 650.000 Euro deutlich höher war als die Gehaltszahlung von 500.000 Euro. Ebenso wenig vernünftig erscheint die Annahme, dass aus dem BB-Fonds des Erzbistums 493.697,82 Euro ohne Wissen und Wollen des Kardinals ausbezahlt wurden.

Kardinal Woelki und seine Pressestelle scheinen davon auszugehen, dass rationales Denken und vernünftiges Argumentieren nicht das Mittel der Wahl ihrer Kirchenmitglieder sind. Stattdessen hoffen sie offensichtlich, dass die Kölner Kirchenmitglieder auch weiterhin einen festen Glauben haben. Mag Kardinal Woelki weiter hoffen, dass die Schafe seiner Herde ihm als Oberhirten nicht laufen gehen.

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