Nigeria

Zum Tode verurteilter Sänger kämpft gegen Anti-Blasphemiegesetze

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2020 wurde der Gospel-Sänger Yahaya Aminu Sharif wegen eines per WhatsApp-Messengerdienst versendeten Liedes der Blasphemie beschuldigt und von einem Sharia-Gericht zum Tode verurteilt. Nach weiteren Verhandlungen vor unterschiedlichen weltlichen und religiösen Gerichten wendet sich der Künstler nun an den Obersten Gerichtshof Nigerias. Dabei geht es ihm nicht nur um einen Freispruch für sich, sondern darum, die Anti-Blasphemie-Gesetzgebung als verfassungswidrig kippen zu lassen.

Weil er in einem per WhatsApp versendeten Lied einen Imam höher gelobt haben soll als den Propheten Mohammed, wurde der damals erst 22-jährige und kaum bekannte Gospel-Sänger Yahaya Aminu Sharif der Blasphemie beschuldigt. Ein Scharia-Gericht im nordnigerianischen Kano verurteilte ihn daraufhin zum Tode durch Erhängen. Der Sänger wandte sich an ein weltliches Gericht, welches im Januar 2021 die Todesstrafe zwar aufhob, ihn aber weder freisprach noch gegen eine Kaution freiließ, seinen Fall aber wegen Unregelmäßigkeiten bei der ersten Verhandlung an ein anderes Scharia-Gericht weitergab. Eine Entscheidung, die Sharif nicht akzeptierte, da er einen Freispruch und die Freilassung erwartet hätte.

Nun hat sich der Künstler an den Obersten Gerichtshof Nigerias gewendet. Er soll nicht nur über seinen Fall entscheiden, sondern über die Rechtmäßigkeit der Anti-Blasphemie-Gesetzgebung in Nigeria. Obwohl Scharia-Gerichte in der nigerianischen Verfassung verankert sind, sind Sharif und sein juristischer Beistand überzeugt, dass die von diesen religiösen Gerichten durchgesetzte Anti-Blasphemie-Gesetzgebung nicht mit der Verfassung des Landes zu vereinbaren ist. Außerdem soll diese Gesetzgebung gegen die African Charter on Human and People's Rights (Afrikanische Charta der Menschen- und Völkerrechte) sowie die International Convention on Civil and Political Rights (Internationale Konvention über bürgerliche und politische Rechte) verstoßen, die schließlich Religions- und Meinungsfreiheit garantieren sollen.

Sollte der Oberste Gerichtshof tatsächlich im Sinne Yahaya Aminu Sharifs und unzähliger anderer Nigerianer*innen urteilen, wäre das ein gigantischer Schritt, um fanatischen Gläubigen eine Waffe gegen Meinungs- und Religionsfreiheit zu nehmen und potentielle Lynchmobs gar nicht erst entstehen zu lassen: Erst im Frühling dieses Jahres waren zunächst eine Studentin und nur wenige Wochen später ein junger Mann von selbstgerechten Mobs wegen vermeintlicher Blasphemie ermordet worden. Immer wieder werden in Ländern mit Anti-Gotteslästerungsgesetzen Vorwürfe der Blasphemie konstruiert, um Konkurrenz oder andere unliebsame Menschen in die Fänge der (Lynch-)Justiz zu befördern, um sie so loszuwerden. Nur eine Welt, in der 13-Jährige nicht für Gotteslästerung eingesperrt werden und religiös Eifernde keinen Rückhalt von der Justiz zu erwarten haben, ist eine sicherere.

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