Zwei Blinde reden über Farben

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Verfechter der Menschenrechte: Papst Franziskus (li.) und Großimam Achmed al-Tayyeb (r.)
Verfechter der Menschenrechte: Papst Franziskus (li) und Großimam Achmed al-Tayyeb (r)

Neulich reiste Papst Franziskus in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Landauf, landab gefeiert als der erste Besuch eines katholischen Oberhaupts in einem islamischen Land.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) titelt von einem gemeinsamen Kampf gegen Terrorismus und Extremismus und nennt die Reise einen "Meilenstein auf dem Weg zum engeren interreligiösen Dialog und zur Verständigung". Es klingt irgendwie verstörend, wenn sich die Vertreter eines Königreichs und das Oberhaupt eines Kirchenstaates treffen, um über Menschenrechte und interreligiösen Dialog zu plaudern. So, wie zwei Blinde im Louvre herumtappen und sich über die Farben der Gemälde unterhalten. Und nicht bemerken, dass sie in der Besenkammer stehen.

Doch es kommt noch skurriler: Papst Franziskus und Großimam Achmed al-Tayyeb haben eine gemeinsame Erklärung unterschrieben. Darin bekennen sie sich "zu Frieden, Freiheit und Frauenrechten". Wer kann das – ohne in Lachen auszubrechen – lesen? Der Papst bekennt sich zu Frauenrechten! Vor allem zum Recht auf die Selbstbestimmung der Frau. Was er damit meint, zeigt sich schon in der Einleitung der Erklärung "im Namen des unschuldigen menschlichen Lebens, das Gott zu töten verboten hat." Vatican News verdeutlicht, was die Herren meinen: "Die beiden Religionsführer erinnern daran, dass der Schöpfer uns 'das Geschenk des Lebens gemacht hat, damit wir es schützen. Niemand hat das Recht, es anderen zu nehmen, es zu bedrohen oder nach eigenem Ermessen zu manipulieren … Wir verurteilen daher alle Praktiken, die das Leben bedrohen: Völkermord, Terrorakte, Vertreibung, Menschenhandel, Abtreibung und Euthanasie.'" (Hervorhebung durch den Autor)

Selbstverständlich wird auch wieder auf der alten Leier musiziert: Terror hat nichts mit Religion(en) zu tun, "sondern ist vielmehr auf eine Häufung von Fehlinterpretationen religiöser Texte zurückzuführen." Na dann ist ja alles gut. Und Franziskus und Achmed al-Tayyeb können sich weiterhin die Hände in Unschuld waschen.

Als "Festival der Toleranz" bezeichnet gar katholisch.de den Besuch des Papstes auf der Arabischen Halbinsel. Und muss doch zugeben: "Das … Gesicht der VAE ist geprägt von strenger Islam-Auslegung, Traditionalismus und patriarchalem Empfinden von Beduinenclans, die binnen zweier Generationen mittels ihrer Petrodollars aus dem arabischen Mittelalter ins 21. Jahrhundert katapultiert wurden." Woher da Toleranz für Anders- oder Nichtgläubige kommen soll bleibt das Geheimnis des Autors.

Human Rights Watch wies daraufhin, dass die Vereinigten Arabischen Emirate kein toleranter Staat sind. Wenzel Michalski sagte in einem Interview mit der Deutschen Welle: "Es gibt dort massive Menschenrechtsverletzungen – gerade, was die freie Meinungsäußerung und das Recht auf Versammlungsfreiheit angeht. Wer diese Rechte in Anspruch nimmt, läuft Gefahr, im Gefängnis zu landen. … Der Staat geht sehr hart und brutal gegen Oppositionelle und Kritiker vor."

Wie schön, dass die VAE und der Vatikan nun für Menschenrechte einstehen möchte. Ein erster Schritt wäre, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte zu unterschreiben.