BERLIN. (hpd) Der Deutsche Presserat hat eine Beschwerde über einen Artikel des "Focus" zurückgewiesen, in welchem Studienergebnisse über Gemeinsamkeiten von Atheisten und Psychopathen vorgestellt worden waren.
Unter anderem hatte der Sprecher der "Humanistischen Alternative Bodensee" (HABO), Dennis Riehle, Verstöße gegen die geltenden Richtlinien vermutet, da er durch die pauschalen Vergleiche eine weltanschauliche Personengruppe diskriminiert sah und Fehler in der Aufbereitung der wissenschaftlichen Ergebnisse durch die Redaktion des Focus vermutete. Der Journalist hatte daher entsprechende Grundsätze nach Ziffer 2 (Sorgfalt) und Ziffer 10 (Schmähung) des Pressekodexes verletzt gesehen und den Beitrag vom 25. März 2016 dem Gremium zur Überprüfung vorgelegt.
Dort entschied man nun, dass die Eingabe gegen den Text mit dem Titel "Glaube ist im Gehirn verankert – Was Atheisten mit Psychopathen gemeinsam haben" unbegründet gewesen sei. Nachdem Riehle unter anderem bemängelt hatte, dass der Focus die Studienerkenntnisse nicht auf ihre Plausibilität hinterfragt habe, schrieb der Presserat:
Es steht Ihnen – wie auch allen anderen Lesern – selbstverständlich frei, die Erkenntnisse der Studie, deren wissenschaftliche Methodik etc. anzuzweifeln. Aus presserechtlicher Sicht bleibt allerdings festzuhalten, dass die Redaktion die Studie im streitgegenständlichen Artikel ihrem Inhalt nach korrekt wiedergegeben hat. … Im vorliegenden Fall jedenfalls bleibt die Berichterstattung in ihren Aussagen so nah an der zugrunde liegenden Studie, dass weitergehende Ausführungen nicht erforderlich waren.
Riehle hält hier jedoch entgegen, dass eine Redaktion aus ihrer journalistischen Verantwortung dazu aufgefordert ist, solch prägnante Feststellungen wie die aus der Studie zumindest auch kritisch zu hinterfragen oder dafür zu sorgen, dass durch ein unkommentiertes Reproduzieren keine Missverständnisse entstehen können. Hier meint der Presserat allerdings:
Auch die von Ihnen monierte fehlende Differenzierung bei der Beschreibung der Ähnlichkeiten in den emotionalen und kognitiven Eigenschaften der Personengruppen ist bereits der dem Artikel zugrunde liegenden Studie inhärent.
Der HABO-Sprecher sieht damit den Redakteur des Beitrags aus der Pflicht genommen: "Allein darauf zu verweisen, dass all das Wiedergegebene in der Studie steht, reicht nicht aus. Ein Journalist ist doch mehr als eine 'Copy- und Paste'-Tastenbediener, seine Leistung zeigt sich nicht nur im Informieren, sondern besonders im Erklären, Analysieren und Aufdecken von Ungereimtheiten".
Auch erkennt der Presserat keine Schmähung:
Der Artikel berichtet über die Ergebnisse einer konkreten Studie, die im Ergebnis funktionale Ähnlichkeiten im Denkmuster von Atheisten und Psychopathen konstatiert. Die Grundlage, auf der diese Ähnlichkeiten festgestellt wurden, wird den Lesern ausreichend transparent gemacht. Der Artikel stellt dabei hinreichend deutlich heraus, dass die Studie gemeinsame Muster gefunden hat, die sowohl Atheisten definieren als auch Psychopathen. Eine Gleichsetzung dieser Personengruppen erfolgt jedoch nicht.
Auch hier zeigt sich Riehle überrascht, wie schützend sich der Presserat vor den Redakteur stellt: "Eigentlich gilt im Pressekodex, dass bereits jeder Anschein, wonach eine Ungenauigkeit zu Fehlinterpretationen beim Leser führen könnte, vermieden werden sollte. Ich weiß nicht, ob jedem, der den Beitrag studierte, auch wirklich deutlich war, dass hier nur eine Parallele, aber keine Gleichheit aufgezeigt werden sollte. Insofern hat das Gremium dem Focus einen großen Spielraum dafür gelassen, einen provokativen Artikel zu verfassen, ohne dabei auf mögliche Zweideutigkeiten achten zu müssen", so der Journalist abschießend.
7 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Also da werd' ich doch voll Psycho! Das verletzt ja so extrem meine atheistischen Gefühle, dass ich grad' Lust bekomm', den Rechtsfrieden aufzumischen! ...
Quatsch, lass sie schreiben, was sie wollen. Wie wäre es stattdessen damit?
Für eine aktuelle Studie von 2014 haben Psychologen um Keise Izuma von der University of York Experimente im hinteren medialen Frontalkortex (pMFC) durchgeführt. Dabei ließ sich auf diese Hirnregion mit transkranieller Magnetsimulation (eine Methode zur partiellen Beeinflussung bestimmter Hirnareale mit Magnetfeldern) derart einwirken, dass ca. 33% der religiös gläubigen Probanden im wahrsten Sinne des Wortes kurzzeitig ihren Glauben verloren. Auch Out-group-Motive verminderten sich. Die Testpersonen wurden toleranter, was den Schluss nahelegt, dass Religion und Rassismus sowie intolerante Ideologien im pMFC angesiedelt sind. (Oxford University Press, 2015)
Wenn also Atheisten Psychopathen sind, dann sind Theisten intolerante Rassisten. Beides wäre pauschal gesehen falsch. Aber man sollte mal testen, was der Presserat zu einem Artikel sagt, der "gemeinsame Muster" zwischen Theisten und Rassisten aufzeigt - ganz nah an der Studie der University of York. Ob da nicht einer mit dem 166 winkt?
Paul am Permanenter Link
Wer befähigt ist, sollte seinen eigenen Denkapparat benutzen, wer nicht, muss sich auf andere verlassen und unhinterfragt jede Zeile einer Studie, die vermutlich in den Hinterzimmern eines religiösen Verschwörungstheo
Kay Krause am Permanenter Link
Psychopathie: mit einfachen Worten erklärt: "seelisch-charakterliche Störung". Niemand - auch kein Pfaffe - hat mir bisher den Begriff "Seele"
Ich bin verwundert, welches Aufheben hier um den FOKUS gemacht wird,
die BILD-Zeitung der Halbgebildeten. So wie ich die AfD nicht wählen muß, so brauche ich den FOKUS nicht zu kaufen. So wie ich mit jedem Euro Kirchensteuer diese unselige Kirche am Leben erhalte, so sorge ich mit jedem gekauften FOKUS-Exemplar für die weitere Existenz dieses oberflächlichen Magazines.
Alternative: kostenlos "hpd" lesen !
Thomas B. Reichert am Permanenter Link
@Kay Krause
Dann erkläre ich Dir den Begriff "Seele".
Im alten Ägypten gab es das KA, BA und ANCH - Aspekte der Energie, der Gefühle, Gedanken ...
Der Pfaffe spielt natürlich auch Seelsorger, aber eigentlich geht es ihm nur darum möglichst viele Schafe zu führen, denn: Je mehr Schafe einem Hirten folgen desto besser geht es ihm.
Quelle: www.gottesoffenbarung.com - Aufklärung Gott und Christentum
Holger am Permanenter Link
Ich find es etwas übertrieben, deswegen so einen Aufriss zu machen. Klar ist der Vergleich mit Psychopaten weit hergeholt, aber das spricht widerrum einfach nur gegen den "Qualitätsjournalismus" des Focus.
Lg
pavlovic am Permanenter Link
Der Psychologe Prof. Dr.
visitor am Permanenter Link
Redefreiheit, mag die Rede auch noch so primitiv und dämlich sein, ist m.E. viel höher einzuordnen als die Gängelung durch Gesetze.
Das beste Mittel gegen Hetze wie in der trotteligen Focus-Postille ist eine intelligente Gegenrede.
Freedom of press ist eines der wenigen Prinzipien, bei denen das US-System vorbildlich ist.