Pro Asyl bemängelt:

BAMF verlagert eigene Fehler an Gerichte

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat in einer Presseerklärung mitgeteilt, dass sich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sich in den letzten Monaten Asylentscheidungen häufen, die extrem mängelbehaftet sind. Es wird der Vorwurf erhoben, dass das Bundesamt die ihm aufgetragene Arbeit systematisch den Verwaltungsgerichten aufbürdet.

Pro Asyl konnte das an einem Beispiel nachweisen. Die Organisation hat sich im Fall eines als "offensichtlich unbegründet" abgelehnten Somalis an das BAMF gewendet. Im Antwortschreiben des Bundesamtes heißt es: "Grundsätzlich bitte ich Sie aber um Ihr Verständnis, dass wir auf Grund der enormen Arbeitsbelastung derzeit Interventionen von dritter Seite nur in äußerst eklatanten Fällen nachgehen können und auf die … Überprüfung im Gerichtsverfahren verweisen müssen."

Das jedoch sei nicht rechtsstaatliches Handeln. "Qualitätskontrolle ist in erster Linie die Sache des Amtes selbst" stellt Pro Asyl fest. Nicht die inzwischen völlig überlasteten Verwaltungsgerichte hätten die Rechtmäßigkeit von Asylanträgen zu prüfen, sondern das Bundesamt selbst. Es gehe nicht an, das Gerichte "vom Bundesamt sehenden Auges in Kauf genommene Verfahrensmängel zu korrigieren" haben.

Der o.g. Fall ist selbst nach dem Kategoriensystem des Bundesamtes "äußerst eklatant". Der Antragsteller aus Somali hatte angegeben, "er sei nicht nur kurzzeitig von der Al-Shabab Miliz festgesetzt worden, sondern ihm drohe auch die Blutrache einer Familie, deren einer Angehöriger durch den Bruder des Asylsuchenden ermordet worden war." Allerdings ohne jeden Quellenbezug und ohne Recherche "ging der Entscheider (des BAMF) davon aus, dass ein Mitglied des in Rede stehenden Verfolger-Clans aufgrund seiner Religionszugehörigkeit keinen Mord begehen würde." Zudem wird behauptet, der Antragsteller sei auch deswegen unglaubwürdig, weil er "trotz ausreichender Gelegenheit und mehrmaligen Nachfragens in seiner persönlichen Anhörung es unterlassen habe, den Widerspruch aufzuklären, an welchem Ort zwei Männer auf ihn geschossen hätten".

Im Protokoll der Anhörung im Asylverfahren findet sich jedoch keine einzige solche Nachfrage. "Es ist aber wesentliche Pflicht des Bundesamtes, angebliche Widersprüche durch gezielte Nachfragen aufzuklären (sog. Vorhaltepflicht)" schreibt Pro Asyl. "Da dies nachweisbar versäumt worden ist, durfte die Bundesamtsentscheidung, in der behauptet wird, der Asylantragsteller sei bei der Glaubhaftmachung der Verfolgungsfurcht 'gänzlich gescheitert', niemals das Amt verlassen."

Das ist sogar dem BAMF bekannt. Es räumt ein: Einige der von Pro Asyl beanstandeten Formulierungen und Rückschlüsse im Bescheid hätten tatsächlich so nicht vorgenommen werden dürfen. So sei es korrekt, dass zwischen der Religionszugehörigkeit eines Clan-Mitglieds und einer dadurch bedingten verminderten Tötungsabsicht kein kausaler Zusammenhang bestehe. Auch die Nichtbeachtung der Vorhaltepflicht gibt das Bundesamt zu. Man habe nicht dem Protokoll geglaubt, sondern den Handnotizen eines Mitarbeiters, anhand derer man die Widersprüche in den Aussagen des Asylbewerbers erkannt haben will. Eine Nachfrage dazu (wie gesetzlich vorgeschrieben) habe es nicht gegeben. Pro Asyl dazu: "Nicht der Flüchtling ist beim Nachweis der Glaubhaftigkeit gescheitert, sondern dem Bundesamt kann man künftig nicht mehr abnehmen, dass Anhörungsprotokolle das tatsächlich Gesagte wiedergeben."

Trotzdem blieb das BAMF bei seiner ablehnenden Entscheidung und wurde erst vom Verwaltungsgericht eines Besseren belehrt. Im Eilrechtsschutz hat das Gericht festgestellt, dass der Kläger wahrscheinlich bei einer Rückkehr nach Somalia eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt zu befürchten habe.

Doch Pro Asyl schränkt ein: "Die positive Wendung des Falles ist kein Trost für alle anderen Betroffenen solcher Praktiken. Das Bundesamt, das die Behebung von Fehlern selbst dann verweigert, wenn es darauf hingewiesen wird, legt es darauf an, dass es mit der Methode manchmal durchkommt. Ein Teil der so abgelehnten Flüchtlinge wird innerhalb der kurzen Rechtsmittelfrist (bei 'offensichtlich unbegründet' eine Woche) keinen Anwalt finden können, der moniert, was das Bundesamt schon von sich aus nicht hätte tun dürfen."