Interview

Tectum-Verlag zukünftig ohne Religionskritik

Wie der hpd erfuhr, wurde der Tectum-Verlag, in dem unter anderem die Bücher von Uwe Lehnert, Rolf Bergmeier, Joachim Kahl, Horst Groschopp und anderer religionskritischer Autoren verlegt wurden, verkauft. Wir sprachen mit Heinz-Werner Kubitza, der den Verlag vor einem knappen Vierteljahrhundert gründete.

hpd: Anfang Januar bekam der hpd die Information, dass der Tectum Verlag verkauft worden ist. Ist das wahr?

Heinz-Werner Kubitza: Ja, das stimmt. Der Tectum Verlag wurde zum 1.1.2017 an den Nomos Verlag in Baden-Baden verkauft. Nomos ist wie Tectum ein Wissenschaftsverlag, aber mit ca. 140 Mitarbeitern, einer eigenen Druckerei und einer eigenen Auslieferung wesentlich größer als Tectum. Ein Zusammenschluss beider Verlage macht Sinn.

Weshalb haben Sie Ihren Verlag verkauft, den Sie seit immerhin fast 25 Jahre betrieben haben?

Das hat mehrere Gründe. Irgendwann hätte ich die Nachfolgefrage stellen müssen, und habe ja selbst keine Kinder. Auch hätte ich gerne mehr Zeit um eigene Bücher zu schreiben. Einige Mitarbeiter wollten den Tectum Verlag übernehmen. Das wäre meine favorisierte Lösung gewesen, aber die Verhandlungen darüber haben leider zu keinem Erfolg geführt. Aktiv habe ich selbst keinen Käufer gesucht, und hätte das vielleicht erst in ein paar Jahren getan. Aber, vielleicht weil wir einige gute Jahre hinter uns haben, ist der Nomos Verlag auf uns aufmerksam geworden und hat mir ein Kaufangebot gemacht. Wir haben uns geeinigt.

Wie geht es nun weiter mit dem Tectum Verlag?

Der Verlag bleibt noch ca. ein Jahr in Marburg, ich selbst arbeite so lange noch mit. Dann zieht er nach Baden-Baden um, wo Nomos ein eigenes Haus besitzt. Alle Mitarbeiter wurden übernommen, aber vermutlich werden einige Marburg nicht verlassen wollen. Der Tectum Verlag besteht unter dem Dach von Nomos weiter, und unsere Bücher bleiben nach wie vor lieferbar. Für unsere Wissenschaftsautoren bieten sich im Verbund mit Nomos sogar künftig bessere Vertriebs- und Werbemöglichkeiten.

Heinz-Werner Kubitza, Foto: © Evelin Frerk
Heinz-Werner Kubitza, Foto: © Evelin Frerk

In der Mitteilung über den Verkauf des Tectum Verlags hieß es auch, dass Sie davon ausgehen, dass mit dem Verkauf des Verlags an Nomos die religionskritische Sparte des Verlags wohl eher nicht mehr bedient werden wird. Das ist ein harter Schlag für die Autoren von religions- und kirchenkritischer Literatur.

In der religionskritischen Sparte des Verlags sind in den letzten Jahren immerhin ca. 30 Titel erschienen. Ich habe diese Sparte selbst betreut, und ja auch selbst dort meine eigenen Bücher veröffentlicht. In zwei Wochen kommt dort noch mein neues Buch "Der Glaubenswahn. Über die Anfänge des religiösen Extremismus im Alten Testament" heraus. Ich betreue die Religionskritik noch bis zum Umzug nach Baden-Baden, gehe aber selbst nicht mit dorthin. Damit wird die religionskritische Reihe vermutlich eingestellt, denn das Gebiet passt nicht zu Nomos. Auch ich werde mir dann einen neuen Verlag suchen müssen.

Haben Sie einen Rat für die Autoren – auch für die, die bislang bei Tectum veröffentlichten – welcher Verlag für sie zukünftig in Frage kommt?

Religionskritische Autoren haben es schwer, einen Verlag zu finden. Religiöse und esoterische Verlage gibt es viele, aber Verlage mit religionskritischem Standpunkt sind dünn gesät. Es ist aber auch ein schwieriges Segment, wie ich in den vergangenen Jahren merken konnte.

Obwohl die meisten Menschen nichts mehr mit Religion zu tun haben wollen, gibt es nur erstaunlich wenige Leser von religionskritischen Büchern. Manche Verlage publizieren schon mal Religionskritik, aber wenn ich recht sehe, gibt es nur einen ernst zu nehmenden und explizit religionskritischen Verlag, und das ist Alibri in Aschaffenburg. Das ist der Verlag, von dem ich selbst wohl auch (im Verhältnis) die meisten Bücher gelesen habe. Dass ich nun den Tectum Verlag verkauft habe, hat zumindest den positiven Nebeneffekt, dass ich nicht mehr, wie ich das schon öfter hörte, als Konkurrenz zu Alibri wahrgenommen werde. Das war mir immer etwas unangenehm.

Doch wenn irgendwann auch der Alibri Verlag keine neuen Bücher mehr machen sollte, dann hätte die säkulare Szene in Deutschland ein echtes Problem.

Herzlichen Dank für die Auskunft und alles Gute für Sie.

Das Interview führte Frank Nicolai für den hpd.