Einem seltsamen Sakral-Hobby frönt ein Krankenpfleger des Lorenz-Böhler Spitals: Mehrmals pro Woche stellt sich Martin H. direkt vor den Eingang des Gynmed-Ambulatoriums am Mariahilfer Gürtel und versucht Patientinnen durch sogenanntes "Kampf-Beten" von einem Schwangerschaftsabbruch abzuhalten.
Was freilich ergebnislos bleibt, weil sich Frauen diese Entscheidung nicht leicht machen - und wenn sie sich entschieden haben, klar bei ihrer Entscheidung bleiben. "Bewaffnet" ist er dabei mit einem Rosenkranz und einem Plastik-Embryo. Frauen, die zum Schwangerschaftsabbruch kommen, beschimpft der Krankenpfleger schon mal als "Mörderinnen". Die zahlreichen Gespräche des Gynmed mit ihm blieben bislang ergebnislos, er will mit seiner Belästigung unbedingt weitermachen, weil er den Auftrag zur "Rettung der Seelen" direkt von Gott habe, wie er angibt.
Die "Allgemeine Unfallversicherungsanstalt" (AUVA) nennt es "Religionsfreiheit"
Als Begründung gibt er ferner an, dass er als Krankenpfleger im Lorenz-Böhler Krankenhaus arbeitet und aufgrund dieser Tätigkeit sowie als ehemaliger Rettungsfahrer genau wüsste, was bei einer Abtreibung passiert und "dass dabei ein Kind getötet” würde. Auch hätte er volle Unterstützung durch seine Arbeitskollegen und -Kolleginnen. Die AUVA, konfrontiert mit den seltsamen Machenschaften ihres Krankenpflegers, rechtfertigt die Belästigung von Patientinnen in einer Krisensituation mit "der Religionsfreiheit ihrer Mitarbeiter".
Krankenpfleger überschreitet Grenzen bei Frauen
Der Gynmed Ambulatorium-Leiter DDr. Christian Fiala versteht die Haltung des Dienstgebers nicht: "Der Mann bietet den Frauen ja keinerlei Hilfe oder Unterstützung an, sondern begeht Grenzüberschreitungen gegenüber Patientinnen und dringt in deren Privatsphäre ein, um seine religiös-fundamentalistische Botschaft zu verbreiten". Für ihn stellt sich die Frage, ob das Verhalten von Martin H. überhaupt mit den Anforderungen an einen Krankenpfleger vereinbar ist und wie man sicher sein könne, dass er diese Übergriffe gegenüber Patientinnen nicht auch in anderen Situationen begeht.
8 Kommentare
Kommentare
Wolfgang am Permanenter Link
Aus welchem Jahrhundert stammt dieser Bericht?
2017!
Ach du lieber Gott!
Marco am Permanenter Link
Ein Gott ist dort gewiss nicht zu finden!?!
Kay Krause am Permanenter Link
Es wäre doch interessant (um diesen Artikel zu vervollständigen), inwieweit diese AUVA sowie speziell das Lorenz-Böhler-Spital christlich (katholisch?) geprägt bzw. im Hintergrund geführt sind.
Vielleicht sollte mal jemand diesem offensichtlich religiös-fanatischen Herrn empfehlen,
den Schmutz vor seiner eigenen Türe zu kehren?!
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Die AUVA ist weltanschaulich neutral und wird durch Beiträge finanziert, die staatlicherseits eingezogen werden (verpflichtende Sozialversicherungsbeiträge).
Der gelernte Österreicher vermutet, dass es es in den Chefebenen ein Proporzsystem gemäß Parteibuch gibt. In Wien ist der Chef vermutlich rot. Sagt die Erfahrung mit öffentlich finanzierten Behörden.
Ob die Aussage bzgl. der "vollen Unterstützung der Kolleginnen" inhaltlich stimmt, wage ich zu bezweifeln.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
1) Wenn das, was der Mann tut, strafrechtlich relevant ist, dann möge man ihn anzeigen. Ansonsten muss man ihn in Ruhe lassen. Meine Meinung: Zu beten und Plastikembryos herzuzeigen muss erlaubt sein.
2) Das Lorenz-Böhler-Spital ist ein Unfallspital. Die Gefahr, dass er dort "diese Übergriffe gegenüber Patientinnen nicht auch in anderen Situationen begeht", halte ich für gering.
3) "weil sich Frauen diese Entscheidung nicht leicht machen" - Das gilt hoffentlich oft. Aber wahrscheinlich nicht immer. Viele Menschen treffen wichtige Entscheidungen unüberlegt. Warum sollte es gerade hier anders sein?
4) Nach meiner laienhaften Rechtsauffassung ist Abtreibung in Österreich verboten. Ich wäre diesbezüglich an einer Diskussion mit einem guten Juristen durchaus interessiert.
5) Ich halte Abtreibung für ein Verbrechen. Und für diese Auffassung brauche ich keinerlei religiöse Begründung. Es reicht mir, dass es sich bei einem Embryo um ein menschliches Lebewesen handelt (oder zumindest handeln könnte - selbst das würde reichen, um jede Abtreibung abzulehnen).
Noncredist am Permanenter Link
> (...) direkt vor den Eingang (...)
Ist das nicht Privatbesitz? Darf er das "so nah" am Gebäude? Oder sollte er da nicht eher einen Abstand waren?
> Frauen (...) beschimpft der Krankenpfleger schon mal als "Mörderinnen".
Seit wann ist es erlaubt, Privatpersonen öffentlich ohne Gerichtsverfahren als Mörder abzustempeln? Wie kann die Privatperson in einem Rechtsstaat davor bewahrt werden? Meine Meinung: Sofort wegen schwerer Beleidigung anzeigen :)
> Die zahlreichen Gespräche des Gynmed mit ihm blieben bislang ergebnislos, er will mit seiner Belästigung unbedingt weitermachen, weil er den Auftrag zur "Rettung der Seelen" direkt von Gott habe, wie er angibt.
Irrelevant, von wem der Auftrag virtuell erteilt wurde. Wenn "direkt von Gott" eine rechtlich haltbare Erlaubnis vorlegt, dann darf er auch belästigen. Niemand sollte in einem Rechtsstaat mit der Ausrede "direkt von Gott" z.Bsp. ein Gebäude für sich beanspruchen dürfen. Solche eigenmächtige Handlungen sollten rechtlich gehandhabt werden. Kann er dies nicht, so muss er mit Konsequenzen für sein Handeln rechnen. Ist er geistig nicht zurechnungsfähig, so sind weitere Schritte anzuwenden.
> Als Begründung gibt er ferner an, (...)
Er darf gerne Papers verfassen und philosophische Grundsätze dazu formulieren. Er darf Diskussionen in den Medien anstoßen und gerne führen. Aber seine Freiheit hört dort auf, wo er die Freiheit der anderen einzuschränken versucht. Mit seiner Überzeugung darf er gerne eine Demo anmelden und ausüben. Soviel sollte man doch noch erwarten dürfen. Er darf gerne Flugblätter verteilen. Doch bitte ohne Beleidigung! Seine berufliche Tätigkeit gibt ihm nicht die Freiheit, jemanden "Mörder" zu nennen, ohne sachliche Expertise eines Richters. Sich mit frenden Federn schmücken, darf man gerne zu Karneval.
> Für ihn stellt sich die Frage, ob das Verhalten von Martin H. überhaupt mit den Anforderungen an einen Krankenpfleger vereinbar ist
Solange er die Handlung vor dem Gebäude nicht "als Krankenpfleger im Dienst" ausübt, sollte dies irrelevant sein. Eher interessiert es mich, ob man als Krankenpfleger in diesem Staat berechtigt ist, jemanden mit dem Titel "Mörderin" zu belegen. So ganz ohne vorherige Rechtssprechung.
> und wie man sicher sein könne, dass er diese Übergriffe gegenüber Patientinnen nicht auch in anderen Situationen begeht.
Meiner Meinung nach ... gar nicht. Nur sein Gewissen schützt ihn davor, diese Handlung auch in anderen Situationen anzuwenden. So what? Wenn er bei der Bank einen Kredit aufnehmen möchte und mitbekommt, dass seine Sitznachbarin abtreiben möchte, so kann er sie gerne als Mörderin bezeichnen. Die Frau möge sich aufregen und beleidigt sein, und die Bank darf ihn gerne für den Tag Hausverbot erteilen, da er jedoch "im Auftrag Gottes" handelt, wird er alles andere stets als unterlegen ansehen. Er befindet sich sprichwörtlich "im himmlischem Recht" und sieht den irdischen Rechtsstaat als defekt an. Wenn er gute Gründe darlegen kann, so darf er gerne Diskussionen anstoßen. Aber es gibt auch entgegengesetzte Gründe. Er muss nicht mit Zustimmung rechnen, nur weil er das Gefühl einer Göttlichkeit bei sich hat. Es wird auch nicht besser, wenn er Menschen gleich als Mörder bezeichnet.
Meine 2 Cents dazu.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Noncredist!
Ich bin völlig überrascht Ihrer Meinung!
Auch ich halte die Titulierung als "Mörderin" (noch dazu in der Öffentlichkeit) für den wesentlich kritisierbaren Punkt.
Im Übrigen scheinen wir beide für Meinungsfreiheit einzustehen. Dass Sie diese Freiheit auch Menschen zugestehen, die ganz andere Weltanschauungen haben als Sie selbst, freut mich und ehrt Sie. Das ist ja nicht so selbstverständlich. Leider nicht einmal unter Humanisten.
Auch teile ich Ihre Meinung, dass Aktionen wie die beschriebene besser als Demonstration angemeldet sein sollten.
Im Sinne der Freiheit - sowohl der Freiheit des Abtreibungsgegners wie auch der Freiheit der betroffenen Frauen - wäre das typische Gespräch:
AG: Schauen Sie sich doch mal diese Plastikfigur eines Embryos an!
Frau: Nein!
AG: Schade.
Hier müsste das Gespräch enden, jeder hatte seine Freiheit im ihm zustehenden Maß.
Ich persönlich würde natürlich hoffen, dass das Gespräch länger dauert und mit einem Umdenken der Frau endet. Aber eben ohne Zwang und Belästigung.
Im größeren Rahmen würde ich mir wünschen, dass es gar keine Abtreibungen mehr gibt.
Wolfgang Weege am Permanenter Link
Hypothetisch: Jemand stellt sich vor eine Klinik und versucht, Schwangere zur Abtreibung zu überreden.
Als triftigen Grund gibt er Überbevölkerung an.
Was ich sagen will: Jeder Depp darf erheblich mehr, wenn er sein wirres Verhalten nur mit "Religion" verklärt.
Einen Menschen grundlos "Mörder" zu schimpfen, als "Religionsfreiheit" gelten zu lassen, ist ja wohl der Gipfel der Dummheit!