Wir sind es nicht mehr gewohnt, dass ein Kind stirbt. Doch leider werden wir uns wieder daran gewöhnen müssen, wenn sog. "Impfkritiker" ihre Kinder nicht impfen lassen. Für die aktuelle Ausgabe des SKEPTIKERS hat Natalie Grams dazu einen Artikel verfasst.
Neulich starb in einem Kindergarten in einem benachbarten, wohlhabenden Heidelberger Stadtviertel ein Kind völlig unerwartet. Die Todesursache konnte meines Wissens nicht geklärt werden, gleichwohl befand sich der Stadtteil in einer Art Schockzustand. Es gab gemeinsame Trauerveranstaltungen, Elternabende und Stunden zur Aufarbeitung mit den Kindern. Manche Eltern konnten ihre eigenen Kinder tage- oder wochenlang nicht zurück in den Kindergarten schicken.
Wir haben vergessen, wie das ist, wenn Kinder sterben. Dass Krankheiten Kinder aus dem Leben reißen. Wir haben es wohl deshalb vergessen, weil es hierzulande zum Glück sehr, sehr selten vorkommt. So selten, dass man es mitunter nicht einmal im entfernten Umfeld je erlebt. Und doch ist es gar nicht so lange her, da war es Realität, ich möchte nicht "Alltag" sagen, dass Kinder starben – an bakteriellen Infektionen, an Viruserkrankungen, an Wundinfektionen. Oder dass sie nach schwerer Krankheit mit Behinderungen zurückkamen – mit Taubheit nach Masern, mit Lähmungen nach Kinderlähmung.
Unsere Großeltern und Eltern kennen diese Realität noch. Meine Generation kennt sie nicht mehr. Und tut gerne so, als sei es gar nie Realität gewesen. Sie hält Impfungen für überflüssig, wenn nicht gar krankmachend, lehnt Schutzmaßnahmen und Medikamente ab, glaubt nicht an Viren und impfpräventable Erkrankungen – je besser es ihnen geht, umso weniger.
Wohlhabend und impfkritisch
Jüngst erschien dazu auch eine Studie: In Regionen mit hohem Haushaltseinkommen, geringer Arbeitslosenquote und geringer gesundheitlicher Belastung liegt die Impfquote niedriger. Durch den Süden von Bayern und Baden-Württemberg zieht sich eine zusammenhängende Region, die von Impfskepsis geprägt ist. Dort sind Kinder sowohl gegen Masern als auch gegen Meningokokken, die Erreger von Hirnhautentzündung, schlechter geschützt als in anderen Teilen Deutschlands. Auffallend ist, dass diese Gebiete wirtschaftlich wohlhabender sind als andere Regionen.
Bei Masern beispielsweise fehlt fast zwei Dritteln der Kinder in den Landkreisen Bad Tölz, Rosenheim und Garmisch-Partenkirchen die zweite Impfung. Neben Bayern gibt es auch in Baden-Württemberg Landkreise mit signifikant niedrigeren Impfquoten. Neben anderen Gründen, die dabei eine Rolle spielen können, vermuten auch die Verfasser des "Versorgungsatlasses 2017" einen Zusammenhang zwischen geringen Impfquoten und den persönlichen Überzeugungen derjenigen, die sich oder ihre Kinder einer Immunisierung verweigern:
"Die derzeitige Studienlage deutet darauf hin, dass es teilweise deutliche regionale Unterschiede der Impfquoten gibt. Dabei fallen u. a. auch Regionen auf, in denen sich die Impfquoten gegen unterschiedliche Infektionskrankheiten ähnlich verhalten, also z. B. besonders hoch oder besonders niedrig ausfallen. Dies deutet darauf hin, dass die regionale Variation der Impfquoten zumindest teilweise durch grundsätzliche regional vorherrschende Einstellungen gegenüber Impfungen bzw. unterschiedliches Impfverhalten bedingt sein kann.“
Außerdem zitieren sie eine Studie der "Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung" (BZgA), die den Zusammenhang zwischen den persönlichen Einstellungen und Masernimpfungen untersucht hatte:
"Nicht geimpft wurden Kinder häufig von den Eltern, die ein Misstrauen gegenüber den Impfempfehlungen hegten, Erkrankungsrisiken verharmlosten und gleichzeitig eine hohe Wahrnehmung gegenüber den Impfrisiken hatten sowie sich unzureichend informiert fühlten.“
Demnach wurden Impfschäden in der Regel mehr gefürchtet als die Schäden durch die Krankheit selbst. Dem Bericht zufolge dienen neben dem sozialen Umfeld das Internet und das Gespräch mit dem Arzt als Entscheidung zu Immunisierungen. Und auch hier scheint es eine Tendenz zu geben, wonach Ärzte in Südbayern dem Impfen kritischer gegenüberstehen als im Rest Deutschlands. Die Folge scheint eine impfkritische Einstellung zu sein, die häufig im Gegensatz zu den Empfehlungen der "Ständigen Impfkommission" (STIKO) des Robert-Koch-Institutes (RKI) steht.
Natürlich gilt es auch hier zu beachten, dass Korrelation nicht gleich Kausalität ist. Untersucht wurde in der Studie lediglich die Korrelation zwischen den Impfquoten von Masern- und Meningokokkenimpfung, aber nicht konkret die Einstellung ("Impfgegner"); es bleibt hier bei Vermutungen. Dazu kommt, dass zur Ermittlung des Impfstatus allenfalls Teilstichproben oder Querschnittsuntersuchungen herangezogen werden können. Eine ganz verlässliche Einschätzung der Impfsituation ist nicht möglich, auch weil die Impf-Daten in Deutschland überwiegend dezentral und regional erhoben werden und hier vor allem durch das vom RKI koordinierten Projekt "KV-Impfsurveillance", das in Kooperation mit den 17 Kassenärztlichen Vereinigungen durchgeführt wird.
Was tun?
Dennoch stellt sich nach dem Einblick in die vorhandenen Daten die Frage: Geht es uns zu gut? Denn durch andere Untersuchungen wissen wir, dass die Abneigung gegen Impfungen nur selten ein Wissensdefizit widerspiegelt. Durch mehr Informationen und Fakten kann sie also meist nicht behoben werden. Eher scheint es sich um eine diffuse emotionale Abneigung zu handeln, die oft mit kognitiver Dissonanz einhergeht. In einer Studie stellte man beispielsweise fest, dass Eltern, die zögern, ihre Kinder impfen zu lassen, noch weniger bereit zum Impfen waren, wenn sie mehr Informationen bekamen, zum Beispiel darüber, dass der Zusammenhang zwischen Impfungen und Autismus widerlegt ist (z. B. Nyhan 2014). Die Tendenz zur Impfskepsis lässt sich auch nicht durch niedrigere Intelligenz erklären. Im Gegenteil zeigte sich, dass Menschen mit einem höheren IQ und höherem wissenschaftlichen Verständnis geschickter darin waren, Belege zu ignorieren oder umzudrehen, die nicht in ihre bisherige Vorstellung passten (z. B. Rosenbaum 2017).
Es fragt sich also, wie Skeptiker zu mehr Impfaufklärung beitragen können, wenn die Vermittlung von Wissen und Evidenz keinen Erfolg versprechen. Vielleicht hilft das Verstehen der Ängste, die zur Impfverweigerung führen. Denn kaum jemand entscheidet sich wegen mangelnder Evidenz gegen Impfungen, sondern weil die Evidenz nicht in ein Verhältnis zu irrationalen Ängsten gesetzt wird und keine vernünftige Risikoabwägung stattfindet. Und vielleicht hilft es auch, Geschichten zu erzählen – von früher. So wie der Skeptiker "Onkel Michael" in seinem Blog seine "Omma" erzählen lässt, deren Freunde noch an Tetanus starben oder die gelähmt durch Polio zurückkamen, die aber verstanden hatte: "Sterben ist schlimmer als Pieksen".
Der Artikel erschien zuerst im Vierteljahresheft "SKEPTIKER" der GWUP, Ausgabe 3/2017, Seiten 132/133.
15 Kommentare
Kommentare
Des am Permanenter Link
Impfen ist eines der größten Verbrechen überhaupt und ein ungeheures Armutszeugnis für die Menschheit insbesondere für die Medizin, Politik und die Wissenschaftssysteme.
Ärzte insbesondere Kinderärzte verdienen sehr viel Geld mit dem Impfen. Ärzte und Pharmaindustrie verdienen 2x am Impfen. Einmal am Impfstoff selbst und einmal an den gesundheitlichen Folgeschäden. Mit ungeimpften (gesünderen) Menschen lässt sich kaum Geld verdienen. Die STIKO scheint ganz offensichtlich eine Ansammlung von indoktrinierten, engstirnigen Scharlatanen zu sein deren Einkommen und Karrieren maßgeblich von den Impfstoffherstellern abhängig sind. Unabhängige, neutrale Empfehlungen frei von Interessenkonflikten sind das nicht. Das sieht man auch daran, dass keine andere nationale Kommission so viele Impfungen empfiehlt wie die stiko. Eine Impfpflicht würde das Grundgesetz ad absurdum führen und die Persönlichkeitsrechte extrem verletzen. Wie weit wird es noch kommen in dieser totalitären Lobbykratie? Eine Impfpflicht ist nur im Interesse der großen Pharmakonzerne denn die Impfquoten sind leider recht hoch und sollten daher sogar für die ideologischen und nicht ganzheitlich denkenden Impffanatiker kein Grund zur Panik sein bzw kein Grund sein anderen Menschen das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung zu nehmen.
René am Permanenter Link
Und jetzt nimm schön Dein Magnesium Phosphoricum D23 und komm wieder runter. ;o)
Martin T am Permanenter Link
Und was mit den ganzen Antibiotika erst für ein Geschäft gemacht wird!
Nehmen wir mal an sie hätten mit ihren wilden, unwissenschaftlichen Behauptungen recht und Impfen würde AHDS auslösen... hätten Sie lieber ADHS oder SSPE? Ich wüßte was mir lieber ist.
Der Artikel hat vollkommen Recht, ich danke Ihnen für dieses außerordentliche Beispiel warum.
Orry am Permanenter Link
Sie schreiben in Ihrem Kommentar so viele Dinge, die schlicht und ergreifend falsch sind, dass mir meine Lebenszeit zu schade ist, den Schwurbel zu widerlegen.
Sie sind nur nicht bereit, das anzunehmen. Insofern sind Sie ein Paradebeispiel für die Menschen, denen es viel zu gut geht.
drmarcuse am Permanenter Link
Konstatiere negative Korrelation von Kommentarlänge zu inhaltlichem Mehrwert.
Paul am Permanenter Link
Zu ihrer Information, ich wurde auch geimpft als Kleinkind und fühle mich jetzt pudelwohl, ist das jetzt ein Beweis ihrer kruden Behauptungen oder ein Gegenargument?
CnndrBrbr am Permanenter Link
Der hier geäußerte Schwachsinn ist das beste Argument für eine Impfpflicht.
Es muß nicht jeder überzeugt werden, es reicht, sie unschädlich zu machen.
Marc am Permanenter Link
Na dann mal rein mit dem Faschismus, oder war er nie weg? Braver Industrie-Untertan, so mögen sie es.
Amüsierter Leser am Permanenter Link
Höchst interessant. Eine Substanz, die nachweislich praktisch überhaupt keinen Einfluss auf den Blutspiegel hat, lagert sich also im Gehirn ab.
Beamt sie sich dorthin, oder wie darf man sich das vorstellen?
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Wieso geht dieser Unfug eigentlich bei der Moderation durch? Weil es so offensichtlicher Unfug ist?
Kay Krause am Permanenter Link
Ohne diesen ernsthaften und sinnvollen Artikel in's Lächerliche ziehen zu wollen (bitte keine Unterstellungen!), scheint mir an dieser Stelle der sich ergebende Platz zu sein, um die Frage zu stellen: Arbeitet di
Siegrun am Permanenter Link
Ich bin 1970 geboren, und kann mich noch gut an den Slogan "Kinderlähmung ist bitter, Schluckimpfung ist süß" erinnern.
Die sah man im Stadtbild noch recht häufig laufen. heutzutage nicht mehr. Für mich nur eines von vielen Beispielen, dass Impfen sinnvoll und nützlich ist.
Die Impfgegener fühlen sich einfach zu sicher...
Natalie Grams am Permanenter Link
Liebe Impfgegner. Ich habe früher auch all solche Dinge behauptet und war Anhänger der individuellen Impfentscheidung.
- Wakefield hat seine Studienergebnisse gefälscht, weil er seinen eigenen Masern-Impfstoff verticken wollte, und zudem Geld von Anwälten bekommen hat, die mit den Ergebnissen vor Gericht punkten wollten (https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/44182/BMJ-Autismusstudie-war-eine-Faelschung)
- Krankheiten sind NICHT positiv für die Entwicklung eines Kindes. Masernviren können sogar bereits erworbene Immunitäten "löschen", da sie das Immunsystem direkt angreifen. Der Patient ist dadurch auf Jahre hinweg anfälliger für Krankheiten. Das ist auch der Hauptgrund für Maserntote: Der Körper ist anfällig für alles, was er sonst leicht abwehren könnte (http://science.sciencemag.org/content/348/6235/694)
- Ungeimpfte sind NICHT gesünder als Geimpfte. Wenn es um Krankheiten außerhalb des Impfplans geht, gibt es bei beiden Gruppen keinen Unterschied (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3057555/)
- Impfungen ersetzen das Immunsystem nicht. Sie zeigen ihm lediglich einen "Steckbrief" vom Übeltäter. Daher sind sie alles andere als unnatürlich.
- Geimpft wird in den Muskel, nicht in die Blutbahn
- Quecksilber (bzw Thiomersal) ist hierzulande in keiner Impfung mehr enthalten. Seit Jahrzehnten
- reines Aluminium ist ebenso in keiner Impfung enthalten (und ja, das macht einen großen Unterschied)
- Autismus, MS und Masturbation kommen nicht vom Impfen. Das wurde nun schon etliche male hinreichend widerlegt (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25562790, http://www.cochrane.org/CD004407/ARI_using-combined-vaccine-protection-children-against-measles-mumps-and-rubella)
- Die Blut-Hirn-Schranke (eigentlich ein ganzes Netzwerk von Schranken und Barrieren) ist bereits bei der Geburt ausgebildet. Neugeborene haben sogar zusätzliche Schutzmechanismen. Irgendwelche Impfstoffe KÖNNEN also nicht einfach ins Gehirn gelangen und Schaden anrichten
- Impfstoffe sind schlecht löslich, bleiben also im Muskel und verteilen sich nicht im Körper. Sie werden nach und nach einfach abgebaut und ausgeschieden
- Plötzlicher Kindstod kommt nicht vom Impfen. Die Rate ist bei geimpften Säuglingen sogar niedriger, es schützt also sogar davor (http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0264410X06008978, https://bmcpediatr.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12887-015-0318-7)
Auf völlig schwachsinnige Thesen wie Bevölkerungsreduzierung und Gedankenkontrolle gehe ich mal nicht ein. Dazu ist mir meine Zeit dann doch zu schade.
An die "Ich hatte früher auch KrankheitXY und lebe noch!"-Schreier:
- Tote können euch nicht widersprechen
- Einzelerfahrungen sind wertlos wenn man Rückschlüsse auf ganze Populationen ziehen will
- Auch wenn man nicht an einer Krankheit stirbt, ist Krank-Sein eine maximal bescheidene Erfahrung. Da mindert auch der Schulausfall das Leid nicht
- Viele Krankheiten verursachen bleibende Folgeschäden. Es geht nicht immer nur um den Tod
Impfgegner-Sein ist der Gipfel der Ignoranz und Selbstüberschätzung. Und Scharlatane im Internet profitieren auch noch davon, indem sie ihren alternativen Müll an Leichtgläubige verticken, sich für Vorlesungen bezahlen lassen, oder einfach Einnahmen durch Klicks auf Facebook oder über Werbung generieren.
Es ist manchmal sogar ziemlich lustig zuzusehen, wie einfach man impfgegner belügen kann. Man braucht sich nur mal die vielen Artikel im Netz anzusehen. Quellen sind fast nie vorhanden, und wenn doch, dann verlinken sie nur auf andere Impfgegnerseiten, die wiederum selbst keine Quellen angeben. Wird dann doch mal ne Studie zitiert, dann kann sich der Autor darauf verlassen, dass die eh keiner überprüft, auch weil die alle auf Englisch sind. Schaut man die sich dann näher an, haben sie oft nicht mal etwas mit dem Thema zu tun. Eigentlich auch recht traurig, dass man Leute so einfach hinters Licht führen kann, und die deshalb dann Kind und Kegel gefährden. Wird Zeit, dass der gesetzgeber eingreift. Impfpflicht wäre schön. Ist ja schon im Infektionsschutzgesetz geregelt, muss nur umgesetzt werden.
P.S.: Nein, ich wurde nicht von Merkel, Big Pharma, Echsenmenschen oder der NWO dafür bezahlt, das hier zu schreiben. Aber es ist schon bezeichnend dass viele Impfgegner lieber solchen Stuss glauben, als sich mit Argumenten auseinanderzusetzen. Sowas machen nur Leute, die selbst keinerlei Argumente haben.
ewe am Permanenter Link
Ich habe mit den Beipackzettel von Hey-B Impfung durchgelesen. In den Nebenwirkung seht MS drin... Schreibt selber der Hersteller!
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Nein, das steht da nicht drin. Wer keine Beipackzettel lesen kann, sollte es auch lassen.