Staatsbesuch Erdoğans in Warschau

Polnischer Präsident Duda plädiert für EU-Beitritt der Türkei

Am vergangenen Dienstag wurde der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan vom polnischen Staatsoberhaupt Andrzej Duda in Warschau empfangen. Offizieller Anlass des Staatsbesuches waren die bilateralen Handelsbeziehungen zwischen der Türkei und Polen. Daneben wurde allerdings auch ein möglicher Beitritt der Türkei zur Europäischen Union thematisiert.

Seit mittlerweile über 600 Jahren befinden sich Polen und die Türkei in diplomatischen Beziehungen, welche sich nicht ausschließlich auf bilateralen Handel und die daraus resultierenden ökonomischen Vorteile für die beiden Staaten zurückführen lassen, sondern auch durch verschiedene historische Ereignisse zu begründen sind. So hat beispielsweise die vom Osmanischen Reich nicht anerkannte Aufteilung des Polnischen Königreichs zwischen Russland, Österreich-Ungarn und Preußen im 18. Jahrhundert dazu geführt, dass dies der Türkei immer noch von vielen Polen positiv angerechnet wird.

Den offiziellen Anlass für den Staatsbesuch des türkischen Präsidenten in Warschau gaben die aktuell sehr erfolgreich florierenden Handelsbeziehungen zwischen den beiden Staaten. Zur Zeit lässt sich das Handelsvolumen zwischen der Türkei und Polen auf sechs Mrd. US-Dollar beziffern. Gemäß Duda könne das Wirtschaftspotenzial allerdings noch weiter ausgeschöpft und das Handelsvolumen auf bis zu zehn Mrd. US-Dollar gesteigert werden.

Neben der Bedeutung für die polnische Wirtschaft, sei die Türkei in Sicherheitsfragen und der Migrationskrise auch ein wichtiger Partner für die EU, so Duda. Deshalb macht sich das polnische Staatsoberhaupt auch für einen türkischen EU-Beitritt stark: "Ich hoffe, dass die Wege der EU und der Türkei in die gleiche Richtung verlaufen werden und dass dies in einer EU-Mitgliedschaft der Türkei resultieren wird" (Quelle). Darüber hinaus fordert der türkische Präsident Erdoğan eine klare Aussage der EU zu einem möglichen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union. Die pro-türkische Einstellung Polens kommt vor allem dadurch zustande, dass Polen eine Umverteilung von in Italien und Griechenland angekommenen Flüchtlingen auf andere EU-Mitgliedsstaaten ablehnt und dementsprechend besonders an einer Umsetzung des Flüchtlingabkommens zwischen Brüssel und Ankara interessiert ist.

Inwiefern Polen allerdings als politischer Vermittler zwischen der Europäischen Union und der türkischen Regierung fungieren kann, welche nach dem gescheiterten Putschversuch 2016 Bürger- bzw. Menschenrechte missachtete und rigoros tausende von Menschen verhaften ließ, bleibt zweifelhaft. Zumal Polen seit der Einschränkung der Unabhängigkeit der Justiz vor kurzem selbst heftig von der EU kritisiert worden ist.