Indien

Indischer Gesundheitsminister: Krebs als göttliche Gerechtigkeit

Seit Tagen sorgt eine Aussage von Hismanta Biswa Sarma, dem Gesundheitsminister des indischen Bundesstaates Assam, in Indien für Aufregung. Sarma hatte öffentlich seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass Krebs durch Sünden in einem früheren Leben entstünde.

Laut diverser indischer Medien sagte Gesundheitsminister Sarma vergangenen Dienstag während einer Veranstaltung vor Lehrern:

"Gott lässt uns leiden, wenn wir sündigen. Manchmal begegnen wir jungen Männern, denen Krebs auferlegt wurde oder ein Unfall. Wenn man die Hintergründe untersucht, wird man feststellen, dass es sich um göttliche Gerechtigkeit handelt. Nichts anderes. Wir müssen diese göttliche Gerechtigkeit ertragen. In diesem Leben oder in einem früheren Leben hat dieser junge Mann vielleicht nichts getan, aber vielleicht haben sein Vater oder seine Mutter etwas Falsches getan. So steht es in der Gita [die Bhagavad Gita ist die wichtigste heilige Schrift der Hindus – Anmk. d. Ü.] und in der Bibel geschrieben über die Folgen des Handelns. Kein Grund, traurig zu sein. (…) Die göttliche Gerechtigkeit wird immer da sein. Niemand kann der göttlichen Gerechtigkeit entfliehen, die kommen wird."

Die Äußerungen Sarmas sorgten in Indien für großen Protest. Vor allem von Krebspatienten und ihren Angehörigen, die darin einen unsensiblen Umgang mit ihrem Leiden sehen. Kritik gab es jedoch auch von Oppositionsparteien, die mutmaßten, Gesundheitsminister Sarma, der Mitglied der nationalkonservativen Regierungsparte BJP ist, wolle hiermit sein eigenes Versagen bei der Bekämpfung von Krebs im Bundesstaat Assam vertuschen. Seit Jahren steigt in ganz Indien die Zahl neuer Krebserkrankungen, viele Fälle werden erst in einem späten Stadium entdeckt.

Laut der indischen Nachrichtenagentur PTI wehrte sich Gesundheitsminister Sarma inzwischen gegen die Vorwürfe. Seine Rede über göttliche Gerechtigkeit und karmische Mängel sei aus dem Zusammenhang gerissen worden, sagte er. Ihr Sinn sei vielmehr gewesen, Lehrer zu ermutigen, arme Schüler in staatlichen Schulen nicht zu vernachlässigen.

"Innerhalb dieses Kontextes sage ich, dass, wenn wir nicht aufrichtig arbeiten, wir vielleicht karmische Mängel bewirken und dass das zu Leid führen kann. Was ist daran unsensibel? Schauen Sie sich meine Rede an. Ich habe nie gesagt, dass Sünde Krebs verursacht. Es war eine Rede, um Lehrer zu motivieren, sich um die Armen zu kümmern, weil sie sich sonst karmische Mängel einhandeln und im nächsten Leben leiden werden."

Sarma entschuldigte sich für das Leid, das Krebskranken entstanden sei, weil die Medien und einige Politiker seine Rede aus dem Zusammenhang gerissen hätten, und wies darauf hin, dass auch er seinen Vater, Freunde und Verwandte durch die Krankheit verloren habe. Vom grundsätzlichen Inhalt seiner Rede distanzierte sich Sarma jedoch nicht.

"Die Loslösung vom Leben, karmische Prozesse und Wiedergeburt sind einige der Kernprinzipien der hinduistischen Philosophie, die sich während der letzten 5000 Jahre entwickelt hat. Westliche Gedankengänge werden den ewigen Sinn unserer Philosophie niemals dominieren oder abschwächen. Naturwissenschaften konnten uns nicht auf allzu viele unserer immerwährenden Fragen Antworten geben und darum ist es Gott, zu dem wir in unserem letzten Augenblick beten sollten. (…) Ich bin zwar nicht gegen die Naturwissenschaft, doch glaube ich fest daran, dass die Spiritualität und die Lehren der Bhagavad Gita großen Wert haben. (…) Politik kommt und geht. Doch was in der Bhagavad Gita steht, ist für mich die letzte Wahrheit."