Wie in jedem Jahr wird vor der großen "Wir haben Agrarindustrie satt!"-Demo in Berlin mit einer kleineren Aktion auf das Hauptanliegen der Demonstranten hingewiesen. Vor zwei Jahren zum Beispiel wurde eine Fuhre Mist vor das Kanzleramt geschüttet. In diesem Jahr richtet sich der Protest vor allem gegen Landwirtschaftsminister Schmidt.
Parallel zur Eröffnungs-Pressekonferenz der weltgrößten Agrarmesse Grüne Woche und wenige Tage vor der "Wir haben es satt!"-Demonstration am 20. Januar fand am gestrigen Mittwoch im Berliner Regierungsviertel die erste öffentliche Probe des Kochtopf-Konzerts für die Agrarwende statt. Bauern, Imker und engagierte Bürger stimmten sich mit Kochtöpfen und Kochlöffeln vor dem Bundeskanzleramt für die Großdemonstration am Samstag ein. Dabei sangen sie ein Abschiedslied auf Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU).
Für die Demonstranten verkörpert der Landwirtschaftsminister vier Jahre des Stillstands – angesichts der drängenden Probleme in der Landwirtschaft ein unhaltbarer Zustand. Ungebremstes Höfesterben, ruinöse Exportorientierung, Antibiotika-Resistenzen, Artenschwund und immer größere Tierfabriken – bei all dem hat der "Ankündigungs-Minister" nichts unternommen. Ganz anders beim Thema Glyphosat, dessen Neuzulassung der CSU-Mann gegen den Willen von mehr als zwei Dritteln der Bevölkerung verfügt hat. Das Ackergift, das einst für die Rohrreinigung patentiert wurde, wird heute in der intensiven industriellen Landwirtschaft flächendeckend zur Unkrautbekämpfung eingesetzt.
Wir haben es satt!-Sprecher Jochen Fritz sagte dazu:
"Herr Schmidt hat sich vier Jahre lang den Herausforderungen im Landwirtschafts- und Ernährungsbereich nicht gestellt, einzig bei der Glyphosat-Neuzulassung ist er aktiv geworden. Alljährlich kündigt er neue Projekte an und lässt dem keine Taten folgen. Damit muss jetzt endlich Schluss sein! Wir fordern von der nächsten Bundesregierung: Nehmen Sie Landwirtschaft und Ernährung ernst und beenden Sie diese Fehlbesetzung. Die Zukunft von Bauernhöfen, Umwelt und Tieren ist zu wichtig, um sie Dampfplauderern wie Christian Schmidt zu überlassen."
Hintergrund:
Die "Wir haben Agrarindustrie satt!"-Demonstration wird von Tausenden Bäuerinnen und Bauern – konventionell und bio – getragen, von denen sich dieser Tage viele mit Traktoren aus dem gesamten Bundesgebiet auf den Weg nach Berlin machen. Zusammen mit rund 100 Organisationen aus der Zivilgesellschaft treten sie für eine Landwirtschaft und Lebensmittelpolitik ein, in der Bauern und Lebensmittelhandwerker fair entlohnt werden und sich alle Menschen gesund ernähren können. Die Demonstration zieht in diesem Jahr zur internationalen Agrarministerkonferenz, wo die versammelten Agrarminister der Welt aufgefordert werden, mehr Tempo bei der Agrarwende zuzulegen.
7 Kommentare
Kommentare
Sim am Permanenter Link
Die Verteufelung von Glyphosat trägt auch schon religiöse Züge.
"Das Ackergift, das einst für die Rohrreinigung patentiert wurde, wird heute in der intensiven industriellen Landwirtschaft flächendeckend zur Unkrautbekämpfung eingesetzt."
Na und? Ich kann da kein Argument dagegen daraus ableiten. Nach meinen Informationen ist es die beste aller Alternativen. Also was soll das Theater?
"Ganz anders beim Thema Glyphosat, dessen Neuzulassung der CSU-Mann gegen den Willen von mehr als zwei Dritteln der Bevölkerung verfügt hat."
Und wie viel Prozent aller Deutschen kennen sich mit der Thematik aus? Solche Fachfragen sollen von Fachleuten behandelt werden. Wenn Zwei Drittel die Felder mit Feenstaub düngen möchten oder einen Gott um gute Ernte anbeten, heißt das ja auch nicht, dass das eine oder das andere sinnvoll wäre. Typisches Argumentum ad populum.
Jedenfalls lassen solche Positionen die Demonstranten, in meinen Augen, unseriös erscheinen.
Sunder Martin am Permanenter Link
Hei Sim,
wenn man Gift Gift nennt, ist das dann religiös und eine Verteufelung?
Ich hoffe Sie nehmens mir nicht übel, wenn ich ihre Darlegungen vorsichtig ausgedrückt etwas seltsam finde.
Ich wünsche alles Gute.
Sim am Permanenter Link
Hallo Sunder Martin
Es tut mir Leid, dass ich erst jetzt schreibe. Aber die Kommentare werden hier sehr spät und unregelmäßig freigeschalten so, dass selten eine flotte Diskussion Zustande kommt.
"wenn man Gift Gift nennt, ist das dann religiös und eine Verteufelung?"
Nicht notwendigerweise, aber das ist auch nicht mein Hauptkritikpunkt gewesen. Da ging es eher um den Rohrreiniger den man mit ins Spiel brachte. Ich kann auch sagen: "Cola kann man als Rohrreiniger benutzen, daher trinkt jemand der Cola trinkt, Rohrreiniger". Was will man mit dieser Assoziation erreichen? Dass die Leute das ablehnen. Aber das ist ein Fehlschluß der Atypikalität. Dieser besagt
"X befindet sich in einer Kategorie, dessen prototypisches Element in uns eine bestimmte Emotion hervorruft. Deshalb sollten wir dieselbe Emotion auf X anwenden, auch wenn X ein atypisches Element der Kategorie ist."
X = Glyphosat
Kategorie = Rohrreiniger
Emotion = Ekel (weil der prototypische Rohrreiniger ungenießbar ist)
https://hpd.de/node/17558
Aber wenn Sie es schon ansprechen dann muss ich sagen, dass 'Gift' eines dieser Wörter ist, die auch nur im Kontext Sinn ergeben. Wäre das Universum ohne Leben, gäbe es kein Gift. Denn Gift wirkt ja nur tödlich in Bezug auf Lebewesen. Allerdings muss das was für ein Lebewesen giftig ist, nicht für ein anderes giftig sein. Ein Pflanzengift muss nicht notwendigerweise ein Menschengift sein, gleiches gilt für Insektengift und alle möglichen Gifte die nur für bestimmte Gruppen von Lebewesen tödlich sind. Und dann gilt ja auch noch, dass die Menge das Gift macht. Also bekomme ich auch hier dass Gefühl, dass man das Wort Gift eher suggestiv verwenden möchte um eine bestimmte Emotion hervorzurufen.
Natürlich darf man die Dinge trotzdem Gift nennen. Aber ich achte eben schon gerne auf die Rhetorik die jemand verwendet um seinen Standpunkt durchzusetzen.
Warum jetzt der Verweis aufs Religiöse? Mich hat es deswegen daran erinnert, weil wenn man mit religiösen Menschen über die Existenz eines Gottes spricht auch nur schwache Argumente bzw. Fehlschlüsse kommen und dies legt bei mir immer den Verdacht nahe, dass es gar keine guten Argumente gibt. Weil warum sollte man es nötig haben schlechte Argumente zu benutzen wenn es bessere gibt?
"Ich hoffe Sie nehmens mir nicht übel, wenn ich ihre Darlegungen vorsichtig ausgedrückt etwas seltsam finde."
Obwohl ich es nicht schön finde, nehme ich Ihnen das gar nicht übel, denn es besteht immer die Möglichkeit, dass ich mich unklar ausgedrückt habe.
Ich wünsche Ihnen auch alles Gute.
Sunder Martin am Permanenter Link
Meinen Sie denn, daß das Zeug kein "Menschengift" ist?
Sind Sie ganz sicher?
Ich kann mir gut vorstellen, daß, was giftig für Pflanzen ist auch giftig für den Menschen ist.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Hallo Herr Sunder,
natürlich ist Glyphosat Gift. Antibiotika sind auch Gift - nicht nur für manche Bakterien.
Gibt es Überlegungen, wie die Alternativen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln aussehen? Das Jäten von unerwünschten Pflanzen ist keine Alternative, da hierfür keine Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Das häufige Pflügen schädigt die Bodenflora, nichts tun, senkt die Erträge dramatisch und lässt die Lebensmittelpreise in die Höhe schießen.
Was also tun?
Manfred H. am Permanenter Link
Lieber Sunder,
Sie versuchen offenbar, fehlendes Wissen durch Phantasie zu kompensieren. Das ist keine Alternative. Glauben heißt nicht wissen.
Sunder Martin am Permanenter Link
Und was soll das aussagen? -
Daß Glyhosat kein Gift ist?
Es gibt schon lange Alternativen zu diesem Giftwahnsinn.