Dem dänischen Theologie-Professor Niels Christian Hvidt zufolge sei die Religiosität der Menschen verantwortlich für ein geringeres Unfallrisiko im Straßenverkehr. Doch ist das richtig?
Folgt man den Aussagen Hvidts aus dem Artikel aus "Der Nordschleswiger", dann ist das Risiko, in Straßenverkehrsunfälle verwickelt zu werden, bei religiösen Menschen geringer als bei nicht-religiösen Menschen. Der Theologie-Professor der süddänischen Universität stützt sich dabei auf eine statistische Erhebung, auf welche leider nicht verwiesen wird und die offensichtlich der breiten Öffentlichkeit auch nicht ohne Weiteres zugänglich ist.
Die entsprechende statistische Erhebung postuliere, dass religiöse Frauen zu 92 Prozent und religiöse Männer zu 97 Prozent weniger häufig als nicht-religiöse Frauen bzw. Männer in Verkehrsunfällen involviert seien. Gemäß Hvidt sei dies dadurch zu erklären, dass gläubige Menschen tendenziell weniger trinken und bedingt durch das christliche Gebot der Nächstenliebe mehr Acht auf andere Verkehrsteilnehmer geben würden. Darüber hinaus führe der ruhigere religiöse Geist auch zu einem ruhigeren Fahrstil.
Vorausgesetzt, diese Daten entsprechen tatsächlich den realen Gegebenheiten, bleibt der von Niels Christian Hvdit implizierte kausale Zusammenhang zwischen Religiosität und Unfallrisiko aus verschiedenen Gründen trotzdem äußerst problematisch. Zunächst einmal ist völlig unklar, welche Person überhaupt als religiös oder gläubig verstanden werden kann. Ist damit schlicht die Konfessionszugehörigkeit gemeint oder vielmehr das Ausüben eines religiösen Lebensstils? Letzteres wäre rein statistisch betrachtet nur sehr schwer zu erfassen, da dafür geeignete quantitative Indikatoren gefunden werden müssten, welche das Maß an Religiosität statistisch greifbar machen.
Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, dass es laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2013 in Dänemark nur zu 4 Verkehrstoten auf 100.000 Einwohner gekommen ist. Optimistisch gerundet macht das bei einer Gesamtbevölkerung von unter 6 Millionen Einwohnern ca. 250 Verkehrstote. Mit dieser geringen Fallzahl ist es aus statistischer Sicht äußerst problematisch, auf die Grundgesamtheit aller religiösen Menschen in Dänemark zu schließen und daraus statistisch signifikante Schlüsse und kausale Beziehungen zwischen Religiosität und Unfallrisiko abzuleiten.
Des Weiteren kann in diesem Fall berechtigterweise die Vermutung einer Scheinkausalität geäußert werden. Dies lässt sich anhand eines Beispiels illustrieren: Angenommen in einer Stadt A ist das Aufkommen an Störchen exorbitant hoch. Ist die Geburtenrate nun auch noch höher als in umliegenden Städten, könnte das zu der (fehlerhaften) Schlussfolgerung führen, dass die Störche für die höhere Geburtenrate verantwortlich seien und somit eine kausale Beziehung bestehe. Jene Scheinkausalität kann u.a. durch besonders gute Witterungsverhältnisse für Störche hervorgerufen werden.
Ähnlich verhält es sich mit der Religiosität und dem Unfallrisiko. Selbst wenn religiöse Menschen tendenziell weniger häufig in Verkehrsunfällen verwickelt sein sollten, kann das auch auf andere Gründe als die Religiosität zurückgeführt werden. Dass man beispielsweise im Straßenverkehr gegenseitig aufeinander Acht gibt, muss nicht zwangsläufig aus dem Gebot der christlichen Nächstenliebe resultieren. Schon allein die menschliche Vernunft gebietet dies. Insgesamt scheint es also deutlich naheliegender, das Verhältnis zwischen Religiosität und Unfallrisiko als Korrelation und nicht als kausalen Wirkungszusammenhang zu verstehen.
Die implizit mitschwingende Schlussfolgerung Hvdits, dass religiöse Menschen ein geringeres Unfallrisiko besitzen, sollte durch folgende Aussage ersetzt werden: Menschen, die verantwortungsbewusst und ohne Alkohol- bzw. Drogeneinfluss am Straßenverkehr teilnehmen, besitzen ein geringeres Risiko in Unfälle verwickelt zu werden. Die Gründe dafür können anstelle der Religiosität auch sehr wohl der menschlichen Vernunft entspringen.
11 Kommentare
Kommentare
Dieter Bauer am Permanenter Link
Zu welch kurios anmutendem Machwerk Kleriker, Informationsresistente, Wissenschaftsunkundige und sonstige Denkfaule doch offenbar fähig? sind.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Wäre die These der religiös bedingten Unfallvermeidung richtig, müssten Gottesstaaten ganz unten in der Statistik rangieren. Doch z.B.
Es gibt eine interessantere Korrelation: Je ärmer Menschen, desto höher die Gefährdung im Straßenverkehr. Daher finden wir viele muslimische Länder, in denen die Bevölkerung tendenziell ärmer ist, in denen die Zahl der Verkehrstoten deutlich höher ist. In Ländern mit wohlhabenderer Bevölkerung ist die Gefahr, im Straßenverkehr zu sterben, deutlich niedriger...
Isabella am Permanenter Link
Jetzt wir mir alles klar! Der Mann hat Recht! Ich kann es nur bestätigen. Auch ich hatte erst einen Unfall, nach dem ich aus der Kirche ausgetreten bin. Ich sollte wieder eintreten. Das ist viel sicherer...
Hans Trutnau am Permanenter Link
Warum kann der Theolose nicht einfach bei seinem Leisten bleiben?
Kay Krause am Permanenter Link
Die Frage ist doch:was werden die Katholen und Protestanten sich in der Zukunft noch alles ausdenken, um sich beispielhaft wieder in den (inzwischen verlorenen) Vordergrund zu stellen?
Wolfgang Graff am Permanenter Link
Ich vermute, es handelt sich weder um eine Kausalität noch um eine Korrelation, sondern allenfalls um eine Scheinkorrelation. Die Gruppe mit der höchsten Unfallquote im Straßenverkehr sind die 18 - 25jährigen.
Kein Wunder dass diese "Studie" nicht veröffentlicht wird.
Sie gehört eigentlich in die satirische Reihe der RHEINPFALZ AM SONNTAG mit dem Titel "Studien, die die Welt erschüttern".
Atheist Steinbrenner am Permanenter Link
Man könnte jetzt die These aufstellen, dass auf dem Lande der Anteil religiöser Menschen noch deutlich höher ist als in der Stadt - dies ist zumindest in Deutschland zu beobachten.
Unechter Pole am Permanenter Link
Durchaus denkbar wäre es, dass die religiösen Menschen im Schnitt tendenziell älter sind und dass Rentner tendenziell weniger auf der Straße unterwegs sind.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Ein Theologe erklärt Gläubige zu den besseren Menschen. Ist dem Mann nicht klar, wie billig das ist? Und schäbig, da er ja eigentlich damit sagen wollte, Nichtgläubige seien die schlechteren Menschen. Wie billig!
Jürgen Becker am Permanenter Link
Ich glaube nur der Statistik, die ich selbst erstellt habe oder ist der dänische Professor wissensmäßig jemals über sein Theologie-Examen hinaus gekommen?
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Das Ganze sieht nach einer Statistik aus, nach der auf den Philippinen 100 mal mehr kriminelle Katholiken die Gefängnisse bevölkern als kriminelle Atheisten.
Außerdem sollten sich mit Statistik nur Leute befassen, die wissen, was sie tun. Dann gäbe es erheblich weniger Statistiken, aber auch erheblich weniger hanebüchenen gedruckten Blödsinn.