Das Pestalozzi-Gymnasium in Herne hat mehrere Burkinis für den Schwimmunterricht angeschafft. Kritiker sprechen von einem falschen Signal, das diskriminierende Rollenbilder verstärkt.
Bereits 2016 wurden ingesamt 20 Burkinis gekauft, um muslimische Schülerinnen zum Schwimmunterricht in der sechsten und achten Klasse zu motivieren. "Damit hat keiner mehr eine Ausrede, nicht am Unterricht teilzunehmen", erklärte Schulleiter Volker Gößling auf Nachfrage der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ). In den vergangenen zwei Jahren hätten 15 Schülerinnen von den Leih-Burkinis Gebrauch gemacht.
Bislang wurde die Anschaffung weder in der Schule noch in den Medien problematisiert. Mit einem Bericht der WAZ wurde das Thema nun jedoch schnell zum Gegenstand hitziger Diskussionen über Integration und die Zulässigkeit religiöser Bekleidung im Unterricht.
"Ein falsches Signal"
So erklärte der Psychologe und Islamismus-Experte Ahmad Mansour: "Wenn erwachsene Frauen aus ihrer eigenen Entscheidung heraus mit einem Burkini schwimmen möchten, dann kann ich das verstehen. Aber das, was an dieser Herner Schule passiert, ist ein Aufgeben gegenüber patriarchalischen Familienstrukturen und konservative religiösen Vorstellungen. Natürlich müssen alle Kinder lernen zu schwimmen, aber ohne Symbole der Unterdrückung." Laut Mansour akzeptiere die Schule damit eine Tabuisierung der Sexualität, die nicht toleriert werden dürfe. Außerdem würden andere Mädchen, die keinen Burkini tragen, unter Druck gesetzt: "Heute hat die Schule vielleicht 20 Burkinis gekauft, morgen muss sie dann noch viel mehr kaufen. Die Politik muss den Menschen vermitteln, dass in diesem Land Sexualität anders ausgelebt wird. Und dass die Kinder an dem Schwimmunterricht teilnehmen müssen – und zwar nach Regeln der Schule, nicht nach Regeln einer Religion."
Auch die Islamkritikerin und Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime (ZdE) Mina Ahadi sprach gegenüber dem hpd von einem "falschen Signal, das patriarchale Rollenbilder zementiert". Im Schwimmunterricht müssten alle Kinder unabhängig von ihrem Geschlecht gleich behandelt werden. "Statt Burkinis für Schülerinnen anzubieten, sollte die Gleichberechtigung von Frauen und Männern stärker im Unterricht thematisiert werden. Denn die Schule ist ein Ort der Aufklärung, nicht der Verschleierung. Und sie ist ein Ort der Erkenntnisse, nicht der Bekenntnisse", so Ahadi.
8 Kommentare
Kommentare
David am Permanenter Link
Frauen/Mädchen wollen gerne sexy sein und das müssen sie auch können und ein Burkini ist dazu nicht geeignet
libertador am Permanenter Link
Meinen Sie das in der Allgemeinheit ernst? Frauen und Mädchen sollen gerne entscheiden gegenüber wem sie sexy sind.
Dagmar am Permanenter Link
Da stellt sich allerdings die Frage, warum und für wen Mädchen sexy sein wollen. Ein Zeichen von Freiheit ist das sicher auch nicht. Und sexy sein ist nun auch nicht gerade der Sinn von Schwimmunterricht.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Alles richtig. Aber man muss auch abwarten und sehen was passiert, wenn die Burkini-Mädchen von den anderen Kindern ausgelacht werden. Kinder wollen nicht "anders" sein.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich hielte genau dies für kontraproduktiv. Ausgelacht werden führt oft genug zur trotzigen "jetzt-erst-recht-Haltung".
Dieses ausgelacht werden kann auch etwas nach innen adelndes haben. "Ich bin besonders, ich gehörte zu dem Teil der Menschheit, dem es mal gut gehen wird. Lacht also nur, ich werde zuletzt lachen..." Das ist guter Zement für Parallelgesellschaften.
Andererseits müsste (leider nur müsste) die Schule, am besten schon der Kindergarten, korrigierend einwirken, indem Kindern Freiheitsrechte und der Sinn von Geschlechtergleichbehandlung erklärt werden. Das ist mit einfachen Rollenspielen kindgerecht zu vermitteln.
Und wenn sich muslimische Eltern darüber beschweren, dann sollen sie es. In Deutschland gelten Menschenrechte für alle, auch für Menschen aus islamischen Ländern und deren Kinder. Ein friedliches Miteinander und kein bloß geduldetes Nebeneinander kann es nur geben, wenn alle die Freiheiten zu schätzen wissen und gelernt haben, damit richtig umzugehen.
Dass dies mit manchem Elternhaus kollidiert, ist klar, aber da wäre ich anstelle der Kita oder der Schule hart. Menschenrechte sind nicht verhandelbar und Religionsfreiheit kann es nur auf dem vollständigen Boden aller Menschenrechte geben. Rosinenpickerei kann und darf es da nicht geben...
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich habe vor Jahren, als es bereits eine Debatte um Burkinis gab (in deren Name [absichtlich?] das Wort "Burka" versteckt ist, also die frauenverachtendste Bekleidung, noch vor den Keuschheitsgürteln), geles
Warum denken gerade die Monotheisten eigentlich immer nur an Sex? Haben keine anderen Hobbys?
libertador am Permanenter Link
Dieser durchdringende sexuelle Aufladung ist auch das, was ich daran wirklich schräg finde. Ähnlich wie die Forderung nach langen Röcken im Petersdom oder ähnliches.
Allerdings denke ich, dass die Anschaffung der Burkinis ambivalent ist. Auf der einen Seite läuft man Gefahr die dahinterstehende Ideologie zu stärken. Auf der anderen Seite kann es die betroffenen Mädchen in starke Konflikte stürzen, wenn man diese nicht im Burkini teilnehmen lässt.
Die Begründung über die Jungen führt dann natürlich zu weit, da der Wert des gemeinsamen Unterrichts zu groß ist. Anschaffen müsste man die Burkinis aber nicht. Es würde ja Schwimmkleidung gestellt. Wenn man da als Eltern spezielle Wünsche hat, kann man die selbst besorgen. Ansonsten scheint der Wunsch nach Burkinis ja so groß nicht zu sein.
Die Entscheidung über die Zulassung von Burkinis finde ich dagegen nicht so einfach zu treffen.
Kay Krause am Permanenter Link
Nun hat die deutsche Sprache nach längerer Pause doch endlich mal wieder ein neues Wort. Ich schlage den Burkini schon heute zur Wahl des Wortes des Jahres vor!