Krebsforscherin Dr. Alice Howarth bei "Skeptics in the Pub Köln"

Das Geschäft mit der Verzweiflung

Mit Gottes Gaben und hellsichtigen Kräften gegen Krebs – nichts Geringeres versprach eine selbsternannte "Geistheilerin", bis der Deutsche Konsumentenbund dem Treiben ein Ende setzte.

Andenorts jedoch geht das Geschäft mit der Verzweiflung weiter: Von Aprikosenkernen bis zur "Geistchirurgie" reicht das Angebot an Pseudo-Mittelchen. Parallel läuft die seriöse Krebsforschung auf Hochtouren. WissenschaftlerInnen auf der ganzen Welt wollen verstehen, wie die vielen Formen der tückischen Krankheit funktionieren, um wirksame Therapien zu entwickeln.

Dr. Alice Howarth ist sowohl mit den trügerischen Versprechen pseudowissenschaftlicher "Wundertherapien" als auch mit der fundierten Forschung vertraut. Die britische Molekularbiologin gehört zum Team des Podcasts "Skeptics with a K" und war lange am "Institute of Translational Medicine" der University of Liverpool tätig. Einen Überblick gab sie am Dienstag, 17. Juli 2018, in ihrem Vortrag bei "Skeptics in the Pub" Köln.

Etwa jeder zweite von uns erkrankt einmal im Leben an Krebs.

Die Erkrankung ist vielgestaltig, ihre Mechanismen sind komplex. Das spiegelt sich in der Vielfalt der konventionellen Behandlungen wider, seien es Operation, Strahlen- und Chemotherapie oder Immuntherapie und spezifische Medikamente. Die Überlebensraten stimmen hoffnungsvoll, so Howarth: Immerhin die Hälfte aller Krebspatienten in Großbritannien war zehn Jahre nach der Diagnose noch am Leben, wobei die Zahlen je nach Krebsart stark variieren.

Doch allen Erfolgen zum Trotz kann die Medizin (noch) nicht alle Betroffenen retten. So mancher wendet sich in seiner Verzweiflung der Hokuspokus-Medizin zu. Im harmlosesten Fall sind die Behandlungen "nur" wirkungslos, oft jedoch teuer und verschlimmern den Gesundheitszustand. Das erläuterte Howarth eindrucksvoll am Beispiel der Gerson-Therapie, die auf Gemüsesäfte und Kaffee-Einläufe setzt. Statt zu heilen, schwächt die belastende und nährstoffarme Diät den ohnehin geschwächten Körper nur noch mehr. Hinzu kommt, dass etwa der Gerson-Behandler Patrick Vickers seine Patienten drängt, ein halbes Jahr lang auf CTs und ähnliche Untersuchungen zu verzichten und konventionelle Therapien abzubrechen, so Howarth (siehe hierzu auch https://www.skeptic.org.uk/columnists/notes-from-a-skeptical-activist/with-a-quack-quack-here). Wenn's nicht hilft, hat der Patient wohl was falsch gemacht, fasst sie Vickers zynische Immunisierungs-Rhetorik zusammen.

Was tun, wenn ein Freund oder Familienmitglied mit Krebsdiagnose Orientierung im Dschungel der Therapien sucht? Wissenschaftskommunikatorin Alice Howarth rät zum konstruktiven Gespräch: Fragen stellen, Belege fordern, und beim Gegenüber die Fähigkeit zum kritischen Denken anregen. Patienten sollten sich rundum informieren, um auf dieser Basis selbstbestimmt über den Umgang mit der eigenen Erkrankung zu entscheiden.

Die Krebsforscherin Dr. Alice Howarth bei "Skeptics in the Pub Köln", Foto: @ Felix Brückner
Die Krebsforscherin Dr. Alice Howarth bei "Skeptics in the Pub Köln", Foto: @ Felix Brückner 

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