Willy Toledo ist nicht nur Schauspieler und Theater-Regisseur, sondern auch Atheist – und er macht im noch immer katholisch geprägten Spanien keinen Hehl daraus. In einem Facebook-Eintrag hatte Toledo erklärt, dass er auf Gott und das Dogma von der Heiligkeit und Jungfräulichkeit Marias scheiße. Hierfür wurde er von einer Vereinigung christlicher Anwälte wegen der Verletzung religiöser Gefühle angezeigt.
Alles begann mit einer feministischen Aktion in der Osterwoche 2014. Im Rahmen der Prozessionen hatten einige Aktivist*innen eine Plastik-Vulva im Stile der Jungfrau Maria durch Sevilla getragen. Ganz in der Tradition christlicher Oster-Prozessionen trug die Vulva einen Umhang und die Aktivist*innen trugen schwarz. Diese satirische Aktion zog die Anzeige einer christlichen Anwaltsgemeinschaft nach sich, da diese religiöse Gefühle verletzt sah. Im Jahre 2017 wurden drei Aktivistinnen schließlich zu 3.600 Euro Strafe verurteilt.
Guillermo "Willy" Toledo kritisierte die Verurteilung wegen "Verhöhnung des Dogmas der Heiligkeit und Jungfräulichkeit Marias" in einem Facebook-Post vom 5. Juli 2018 scharf. Er erklärte den Sachverhalt, zeigte ein Foto der Plastik-Vulva während der Prozession und fügte an, dass er auf Gott scheiße und noch genug Scheiße übrig habe, um auch auf das Dogma von der Heiligkeit und Jungfräulichkeit Marias zu scheißen. Auch erklärte er, sich für Spanien zu schämen. Dafür wurde auch er von der Vereinigung christlicher Anwälte angezeigt. Zu angesetzten Gerichtsterminen erschien Toledo nicht.
In Interviews erklärte der Schauspieler seine Abwesenheit bei Gericht damit, dass er nicht der Ansicht sei, ein Verbrechen begangen zu haben. Ihm komme es hinterwäldlerisch vor, dass Spanien noch immer Gesetze gegen die Verletzung religiöser Gefühle habe, und deshalb habe er einen Akt zivilen Ungehorsams als geboten angesehen. Als unwürdig sah er an, dass eine ultrafundamentalistische katholische Organisation wie die Anwaltsvereinigung heutzutage noch Anzeigen wegen Blasphemie stellen könne. Dies beschreibt er als mittelalterlich. Er erklärte, Atheist zu sein, weder an die Heiligkeit noch an die Jungfräulichkeit Marias zu glauben und selbst im Falle einer Haftstrafe weiterhin so zu denken. Nach zwei Tagen im Gefängnis wurde Toledo auf freien Fuß gesetzt.
Bleibt zu hoffen, dass Toledo freigesprochen wird und dieser Fall eine Änderung der Gesetzeslage herbeiführt. Schließlich werden in Spanien regelmäßig Künstler*innen für ihre Aktionen angezeigt. Zuletzt traf es den Singer-Songwriter und Dichter Javier Krahe, der in einem Privatfilm auftauchte, in welchem ein gebuttertes Kreuz auf einem Bett aus Kartoffeln und Gemüse gebacken wurde. Krahe wurde freigesprochen, die Gesetzeslage jedoch nicht angepasst.
12 Kommentare
Kommentare
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Schwierig bei diesen Prozessen: Gott oder Jesus müssten als Zeugen aufgerufen werden um zu erklären, das sie sich in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlen.
Dieter Bauer am Permanenter Link
@Wolfgang Schaefer ...Gott oder Jesus müssten als Zeugen aufgerufen werden...
Vorsicht, denn sonst könnten sich seine selbsternannten Stellvertreter als Bevollmächtigte ausgeben!
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Aha, das Foto dazu: eine Kirchentür? Sehr überzeugend!
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich verstehe gar nicht, warum manche solche Probleme damit haben, wenn man auf Gott scheißt. Er scheißt ja auch gerne zurück - oder woher kommt der heilige Stuhl...?
Kay Krause am Permanenter Link
"der heilige Stuhl": in Gläsern erhältlich bei Wolfgang Sellinger/Eichstätt. siehe <Galerie der Kirchenkritik>
Kay Krause am Permanenter Link
Ich gebe selber zu: es ist nicht immer ganz leicht, die Balance zu finden zwischen berechtigter Kirchen- und Religionskritik!
A.S. am Permanenter Link
Sehr gehrter Herr Krause,
wenn die Religionsgemeinschaften das Recht auf Mission für sich reklamieren, warum sollen wir Atheisten nicht auch "missionieren" dürfen????
Aber Vorsicht! Mission bedeutet ja, anderen Glaubensgemeinschaften ihre Gläubigen abspenstig zu machen. Mission ist der Krieg um Gläubige zwischen den Religionen. Da Priester von den Abgaben/Spenden ihrer Gläubigen leben, werden die einerseits gerne selber missionieren, aber allen anderen die Mission zu verwehren suchen, gegebenfalls mit Gewalt.
Kein Wunder, dass es an Religionsgrenzen dauert "echte" Kriege gibt...
mgs am Permanenter Link
Ein bravo Hallelujah & Olé für Herrn Toledo!
Die Kirche wehrt sich, denn sie hat angst und das zurecht, würden mehr Menschen nach all den Tausend Jahren gegen die größte und erfolgreichste kriminelle Vereinigung aufstehen, würde sie auf die Dauer verlieren. Dass hieße auch - oder grade - Besitz abgeben! Wie viel Fläche und Immobilien gehört dem rKK-Clan in D noch mal? Bevor ich hier falsche Zahlen maile, lieber selber mal recherchieren, ich glaube (sic) es waren an die 30 Prozent.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Der Link zur Prozession mit der Vulva im Umhang - wie geil ist das denn?!!
Da wäre ich gern dabei gewesen und hätte mich mit größtem Vergnügen mitschuldig gemacht...
Als Spaß wäre das zu ertragen gewesen, aber ich hatte den Eindruck, die meinen das im Ernst so.
Udo Zeitvogel am Permanenter Link
Also jetzt mal ganz ohne Spaß: Gott ist bekanntlich allgegenwärtig und damit logischerweise auch in jeder Kloschüssel anzutreffen. Der Mensch kann also gar nicht anders, als auf ihn zu scheißen.
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Und vor allen aus der medizinischen Wissenschaft, wer nicht scheißen kann, stirbt! Amen.
Gert Hantke am Permanenter Link
Vielleicht sollte man vor dem betreffenden Gerichtsgebäude einen langen Donnerbalken einrichten, auf dem die vielen Mitleidenden, die sich in ihrer Religionsfreiheit verletzt fühlen, ihre Solidarität zum Aus-druck b