In Spanien gibt es – ebenso wie in Deutschland – noch immer einen Blasphemie-Paragrafen. Er bedroht Menschen mit Haft, die die religiösen Gefühle von Mitgliedern einer religiösen Konfession verletzen. Das linke Parteienbündnis Unidos Podemos hat nun die erste Hürde zur Abschaffung dieses Gesetzes genommen.
Nach Paragraf 525, Absatz 1 des spanischen Código Penal (Strafgesetzbuches) droht einer Person eine Haftstrafe zwischen acht und zwölf Monaten, wenn sie die religiösen Gefühle eines Mitgliedes einer religiösen Konfession öffentlich wörtlich oder schriftlich verletzt, indem sie z. B. Dogmen oder Riten verspottet.
Das linke Parteienbündnis Unidos Podemos hat nun zum Schutz der Meinungsfreiheit eine Reform auf den Weg gebracht, nach der die Verletzung religiöser Gefühle ebenso wie die Majestätsbeleidigung straffrei werden soll. Dagegen stimmten die christdemokratische Partei Partido Popular (PP) sowie die Mitte-rechts-Partei Ciudadanos, die sich jedoch im ersten Parlamentsdurchgang gegen Unidos Podemos nicht durchsetzen konnten.
Ins Rollen gekommen war der Vorstoß zur Gesetzesänderung durch den Fall des spanischen Schauspielers Willy Toledo. Toledo hatte im Juli dieses Jahres in einem Facebook-Post kritisiert, dass Aktivistinnen nach dem Blasphemie-Paragrafen verurteilt worden waren, weil sie im Rahmen einer feministischen Aktion eine Plastik-Vulva im Stile einer Marienprozession durch Sevilla getragen hatten. Toledo zeigte in seinem Facebook-Post ein Foto der Plastik-Vulva während der Prozession und fügte an, dass er auf Gott scheiße und noch genug Scheiße übrig habe, um auch auf das Dogma von der Heiligkeit und Jungfräulichkeit Marias zu scheißen. Dafür wurde auch Toledo wegen Verletzung des Blasphemie-Paragrafen angezeigt. Sein Fall sorgte in Spanien für hitzige Diskussionen über die Zeitgemäßheit der Blasphemie-Gesetzgebung.
7 Kommentare
Kommentare
David See am Permanenter Link
so weit sind wir in Deutschland nicht
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Ich wundere mich immer wieder über die Worte "Religiöse Gefühle" Was soll das denn sein? Kann mir auch keine Theologe sagen, der immer gleich aus der Haut fährt, wenn ich so eine Frage stelle.
Atheist Steinbrenner am Permanenter Link
All zuviele Grundemotionen gibt es ja nicht... meiner Meinung nach handelt es sich ja bei den verletzten Religiösen Gefühlen um Wut.
"Die Wut gilt in den meisten Kulturen als verwerflich und ist gesellschaftlich nicht akzeptiert. Sie entspricht nicht dem erwarteten Sozialverhalten. " (https://de.wikipedia.org/wiki/Wut)
Damit wäre zumindest klar, wieso man neben zu den in der Wissenschaft etablierten Emotionen die "verletzten Religiösen Gefühle" erfindet. Wäre doch der sachlichere Begriff weniger schmeichelhaft und würde bei Außenstehenden eher die Ächtung der Emotion statt möglicherweise Mitgefühl hervorrufen.
Aber auch wenn es nur Ärger wäre, so ist auch das zeigen von Ärger nicht positiv konnotiert:
"In Gesellschaft gilt das Zeigen von Ärger in der Regel als taktlos." (https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84rger)
Wenn man also die religiösen Gefühle auf sachliche Begriffe zurück führt, taugen sie auch nicht mehr zur emotionalen Erpressung, da Wut aggressiv ist und die Inhaber der verletzten Religiösen Gefühle somit potentiellen Tätern und keine Opfer sind.
Kay Krause am Permanenter Link
Ich hätte da mal eine ganz andere Frage:
Atheist Steinbrenner am Permanenter Link
Das zur Schau stellen von Religiosität verletzt meine Atheistischen Gefühle (=Vernunft) und meine Menschenwürde.
(Vgl.: Auch Kleinwüchsige dürfen sich nicht beim Zwergenwerfen werfen lassen, weil es die Menschenwürde beschädigt und man nicht freiwillig auf diese Verzichten darf.
https://www.advopedia.de/news/kurios/berufsverbot-zwergenweitwurf-widerspricht-der-menschenwuerde)
<IRONIE>
Nachdem wir es in Deutschland nicht auf die Reihe bekommen diesen Anachronismus des Blasphemieparagraphen abzuschaffen, können wir also bitte ersatzweise im Strafgesetzbuch einen Irrationalitätsparagraphen einführen, um die Atheistischen Gefühle und die Menschenwürde die durch die Ausrichtung von Handeln an religiösen Wahnvorstellungen beschädigt werden zu schützen?
</IRONIE>
Ich weiss, der deutsch Blasphemieparagrapg ist da nochmal ein Sonderfall... doch da der deutsche Blasphemieparagraph auf die Verursachung der Störung der öffentlichen Ordnung durch Dritte abziehlt, stellt sich doch die Frage wieso es nicht ausreichend sein solle diese Dritten, die wegen Verletzung ihrer religiösen Gefühle durch Landfriedensbruch und Terrorismus selbst straffällig werden zu sanktionieren.
Wenn darüberhinaus auch breits die schiere Geeignetheit der blasphemischen Äußerung ausreicht, diese mittelbare Störung zu verursachen, um sanktioniert zu werden, wieso werden dann nicht auch jene die man für bereit hält möglicherweise die öffentliche Ordnung aufgrund einer blasphemischen Äußerung zu stören auch bereits vorsorglich wegen beispielsweise Landfriedensbruch oder Terrorismus sanktioniert?
Solche Willkür kann doch niemand wollen... wieso also Jemanden wegen Blasphemie bestrafen, nur weil es Dritte gib,t die so fanatisch sind, dass man diesen die Störung der öffentlichen Ordnung zutraut? In der Vergangenheit war es sicher aus Kapitulation des Rechtsstaats vor der Mehrheit religiöser Fanatiker... aber heute... in einem Land dessen Menschen sich praktisch mehrheitlich aus Deinteresse oder Ekel von den Kirchen abgewandt haben, kann dieser Paragraph weg.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
In dieser Hinsicht befindet sich unser Staat noch im finstersten Mittelalter, aber was will man erwarten in einem Staat für den im 21zigsten Jahrhundert das Internet noch Neuland ist.
Zeitenzeuge am Permanenter Link
Es wäre doch ganz schön, wenn man den deutschen Blasphemieparagraphen abschaffen könnte, noch bevor man so unappetitliche Kommentare über so naive Phantasien wie das Christentum ausspucken muss, um Aufmerksamkeit für