Bundesjustizministerin Katarina Barley kritisiert die katholische Kirche für den fehlenden Aufklärungswillen im Missbrauchsskandal. Gegenüber der ZEIT forderte sie die Öffnung der Kirchenarchive und Akten.
Katarina Barley kritisierte die katholische Kirche bereits Ende September für "jahrzehntelanges Verschweigen, Vertuschen und Verleugnen" im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal. So etwas wie ein Schweigekartell dürfe es nicht geben, erklärte die Justizministerin.
Im Gespräch mit der ZEIT wiederholte sie nun die Forderung, bekannt gewordene Taten anzuzeigen, damit Staatsanwaltschaften diese verfolgen können: "Alles, was strafrechtlich relevant ist, muss und wird von Polizei, Staatsanwaltschaften und Strafgerichten verfolgt werden. Der Eindruck, das werde der Kirche überlassen, ist falsch. Das Kirchenrecht steht nicht über dem Strafrecht – es ist umgekehrt."
Barley wies ferner darauf hin, dass der Rechtsstaat keine Geheimarchive akzeptiere: "Alle Unterlagen in den kirchlichen Archiven können von den Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmt und ausgewertet werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen." Zugleich kritisierte sie die Vertuschung von Missbrauchsfällen durch die Diözesen: "Akten zu manipulieren, um jemanden vor der Strafverfolgung zu schützen, kann eine strafbare Handlung sein!"
Es sei dringend notwendig, "dass die katholische Kirche ihre Haltung zu Zölibat, Homosexualität und Sexualmoral vor allem von Priestern hinterfragt", erklärte Barley. Vertrauen, dass es in der Kirche von selbst besser wird, habe sie keines.
- Missbrauchsstudie: "Staatsanwaltschaften sollten jetzt die Kirchenarchive beschlagnahmen!" – Kommentar von ifw-Beiratsmitglied Rechtsanwalt Eberhard Reinecke
- Keine Ausnahmen von der Strafverfolgung für die Kirche und ihre Priester – Kommentar von Prof. Dr. Dieter Rössner
22 Kommentare
Kommentare
annen anne Nerede am Permanenter Link
Sie hat ihren Amtseid auch ohne die Formel "So wahr mir Zeus helfe" geleistet. Kol ha-kavod.
Dr. Ingeborg Wirries am Permanenter Link
Was die Frau Bundesjustizministerin Dr. Barley zum Thema sagt, läßt hoffen.
Wolfgang von Sulecki am Permanenter Link
Was ich hier vermisse ist ein klarer Aktionsplan von Seiten der Frau Minister wie sie kraft ihres Amtes darauf hinwirken will das Recht durchzusetzen - geredet wurde nun schon seit Jahren. Was fehlt sind Taten!
Rene Goeckel am Permanenter Link
Die Bundesjustizministerin "fordert" die Öffnung der Kirchenarchive und Akten. Warum "verfügt" sie nicht einfach? Obwohl sie das Problem klar benennt geschieht nichts.
rainerB. am Permanenter Link
Bin kein Jurist. Im Interview führt sie aber weiter aus:
Allerdings sind einige der Meinung, dass ein Anfangsverdacht sich schon aus den Ergebnissen der Untersuchungskommission ergibt. Allerdings muss man für Ermittlungen zumindest immer einen konkreten, nicht verjährten Fall zur Hand haben. Und den muss jemand wie oben beschrieben anzeigen.
rainerB. am Permanenter Link
Nachtrag
Ausführliches zu Ihrer Frage in diesem hpd-Artikel: https://hpd.de/artikel/keine-ausnahmen-strafverfolgung-fuer-kirche-und-ihre-priester-16026
Wolfgang von Sulecki am Permanenter Link
Das ist so nicht korrekt - denn es wird dort zwar ausgeführt wer verantwortlich ist, es fehlt allerdings eine Aussage dazu, WIE vorzugehen ist falls die verantwortlichen Behörden untätig bleiben.
Ist möglicherweise ein Verband wie der
Wolfgang von Sulecki am Permanenter Link
OOops! zu früh abgeschickt ....
.... ein Verband wie ifw berechtigt eine solche Klage zu erheben?
Jochen Schreiber am Permanenter Link
Jede(r) ist berechtigt, eine Klage zu erheben, muss "nur" gemacht werden!
Wolfgang Kloste... am Permanenter Link
Frau Dr. Barley kann so viel fordern und sich so viel wünschen, wie sie will.
Kay Krause am Permanenter Link
Frau Barley IST die Justiz-Ministerin! Sie muß die Öffnung der Kirchen-Archve nicht gegenüber der Zeit "fordern", sondern die Staatsanwaltschaft (welche ihr untersteht), damit beauftragen!
Roland Schütze am Permanenter Link
Bravo, Herr Krause, Sie haben ins Schwarze getroffen!
Charlie am Permanenter Link
Die Staatsanwaltschaften unterstehen nicht der Bundesjustizministerin, sondern ihren jeweiligen Generalstaatsanwaltschaften.
Dr. Ingeborg Wirries am Permanenter Link
Vielleicht geht's ja doch, dass die deutsche Justiz und die Staatsanwaltschaften endlich und zügig auch in den übrigen Kleriker-Mißbrauchsfällen in Deutschland ihres Amtes walten.
https://www.dw.com/de/deutsche-justiz-ermittelt-gegen-chilenischen-erzbischof-wegen-missbrauch-in-deutschland/a-45774625
Rene Goeckel am Permanenter Link
Man könnte Frau Dr. Barley auch direkt Fragen stellen: katarina.barley@bundestag.de
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin,
das politisch akzeptierte "Gnade vor Recht" darf es in unserer Gesellschaft nicht geben,
wenn das Primat der staatlichen Gerichtsbarkeit gelten soll!
Gnade und Vergebung ist der Ausdruck der Kirchen für deren volkommener Abneigung
der staatlichen Institutionen und der staatlichen Gerichtsbarkeit!
Absolution und Kommunion gehören wegen ihrer Staatsfeindlichkeit verboten!!!!!!!
Die Kirchen sind mit Ihrer Mission und ihrem rechtsfeindlichem Verhalten ein Fall für
das Bundesverfassungsgericht und ein Fall für die Überwachung durch den Verfassungschutz !!!!!!!
Das will aber die Justizministerin nicht zur Kenntnis nehmen und weil das so ist,
können sich verbrechische Kleriker immer noch unter der Gnadenobhut
der Kirche begeben!
Das ist auch der Grund dafür, warum es Unterschiede zwischen der Haltung des Strafens und der Gnade
gibt, aber das wird mit ewiger Gleichmut durch unsere Politiker in unserer Kirchenrepublik hingenommen.
Die Trennung von Staat und Kirche ist für unser Gesellschaftssystem überlebenswichtig!
Viele Grüße
Arno Gebauer
Garry am Permanenter Link
Obwohl wir offiziell eine Trennung von Kirche und Staat haben, handeln die staatlichen Vertreter dank der kindlichen Indoktrinierung immer noch im Sinne der christlichen Kirchen.
Es gehört eine gerichtliche Anordnung erlassen, daß die Kirche SÄMTLICHE Dokumente, die irgendwo lagern, für Untersuchungen öffnet.
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Wenn die Bundesjustizministerin nur redet aber nichts unternimmt, sollte sie zu Bundesjustizministerin-Darstellerin umbenannt werden. Dann hat man automatisch keine falsche Erwartungen.
Charlie am Permanenter Link
Was soll sie denn tun? Justiz ist weitgehend Ländersache, sie kann keine Staatsanwaltschaft anweisen, Ermittlungen in einer Sache aufzunehmen.
Werner Helbling am Permanenter Link
Wer Schutzbefohlene minderjährige Kinder sexuell missbraucht, egal ob Lehrer, Kleriker, Vorgesetzter, usw. begeht ein Offizialdelikt. Somit müsste die Justiz zwangsläufig eingreifen und tätig werden.
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Ich habe den Eindruck (nur Eindruck!) das die Politik sich gar nicht in die Sache einmischen will. Es ist kaum zu glauben, dass eine Bundesministerin keinen Weg findet etwas zu tun, wenn sie will.
Kirsten Schmid am Permanenter Link
Und nun ist sie plötzlich die SPD-Spitzenkandidatin für Europa?