Halloweenspektakel im Zoo Halle

Zombies und halbverweste Untote

Seit 2012 werden im Zoo Halle a. d. Saale alljährlich rund um den 31. Oktober sogenannte "Halloweennächte" veranstaltet. Auch in diesem Jahr findet vom 27.–31.10. eine derartige Veranstaltung statt, bei der der Zoo "gruselig" umdrapiert wird. 

Laut Ankündigung des Zoos werden die Besucher durch "aufwendige Halloweendekoration sowie die Ausgestaltung mit Spezialeffekten in eine gruselig-mystische Welt entführt". Tatsächlich hängen überall im Zoo "lebensecht" wirkende Pappmaschee-Zombies herum, Kunstnebel wabert durch das gespenstisch illuminierte nächtliche Gelände und schaurige Geräusche schallen aus den Lautsprechern. Auf einem eigens aufgebauten "Friedhof" erhebt sich wiederkehrend ein Vampir aus seinem Sarg, während auf einem "Pfad der Angst" in Leichentücher gewickelte Totengerippe ihre dürren Hände nach den Besuchern ausstrecken. In einem der Tierhäuser, in dem Krokodile gehalten werden, hängen abgebissene Köpfe und Gliedmassen von der Decke, aus einem zerfetzten Torso quellen die Eingeweide heraus. Im Raubtierhaus sind die Scheiben vor den Löwen- und Tigerkäfigen mit Blut verschmiert, an den Wänden hängen menschliche Skelette und Totenköpfe.

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Hexen und verstörte Kinder. (© Claudia Goldner)

Neben den Horrorgestalten aus Kunststoff und Pappmaschee läuft entsprechend ausstaffiertes Zoopersonal durch das Gelände, mit dem Auftrag, den Besuchern "live" einen Schauer über den Rücken zu jagen. Dabei wird auf junge Besucher, viele im Kindergarten- oder Grundschulalter, keinerlei Rücksicht genommen: immer wieder blickt man in verstörte oder weinende Kindergesichter, wenn versteckt hinter einem Baum eine Hexe steht oder aus einem Gebüsch plötzlich ein halbverwester Untoter hervorspringt. 

Wie Eltern auf die Idee kommen können, ihren Kindern Horrorclowns oder blutverschmierte Vampirzombies als "harmloses Gruselvergnügen" zuzumuten, verstehe wer will. Für nicht wenige Kinder dürfte der Zoobesuch an Halloween zu womöglich länger anhaltenden Angst- und Panikzuständen führen. Die möglichen Spätfolgen solcher Horrorerlebnisse sind überhaupt nicht absehbar.

"Tiere der Nacht"

Aber nicht nur mit Blick auf das Kindeswohl ist der um sich greifende Mummenschanz in den Zoos kritisch zu sehen – in fast allen Großzoos hierzulande gibt es mittlerweile derartige Halloweenspektakel (Berlin, Köln, Leipzig, Osnabrück, Stuttgart, Münster  u. v. a.)  –, sondern auch aus tierethischer Sicht: kulturell ohnehin schon angst-, abscheu-  oder ekelbesetzte "Tiere der Nacht" wie Wölfe, Fledermäuse, Eulen, Spinnen usw. werden wieder einmal mit Hexen- und Vampirmythen in Bezug gesetzt und entsprechend in den Köpfen der Besucher verankert.

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Kindgerecht? Zerfetzter Torso mit herausquellenden Eingeweiden. (© Claudia Goldner)

Man fragt sich, was die Zooverantwortlichen reiten mag, derart bodenlosen Unfug zuzulassen, der jeden wissenschaftlichen oder pädagogischen Anspruch, den sie ansonsten so gerne vor sich hertragen, letztgültig in die Tonne tritt. Vermutlich geht es um die Sondereinnahmen – allein im Zoo Halle werden mehr als 15.000 Eintrittskarten (Erw. 12,50 / Kinder 7,50 Euro) extra verkauft –, und sonst gar nichts. Vielleicht auch halten sie den inszenierten Horrorschwachsinn tatsächlich für ein niveauvolles Unterhaltungsangebot, wobei es ihnen schlichtweg egal ist, welches Bild von Tieren sie dabei vermitteln und welche möglichen Schäden sie in den Köpfen der  Kinder anrichten, die von verantwortungslosen Eltern  über den "Pfad der Angst" (O-Ton Zoo Halle) geschleppt werden, auf dem ihnen nicht nur "scharfzahnige Fledermäuse" begegnen, sondern auch "Untote, Gespenster und klappernde Knochengerippe".

Anzeige beim Jugendamt

Aus dem Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) heraus wurde bereits Anfang Oktober 2018 Anzeige gegen den Zoo beim Jugendamt der Stadt Halle erstattet. Die Behörde wurde aufgefordert, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, Kinder, die von ignoranten oder verantwortungslosen Eltern oder sonstig Sorgeberechtigten an Halloween in den Zoo Halle geführt werden, vor möglichen Schäden zu bewahren. Kindern unter acht Jahren solle zu ihrem Schutz der Zutritt zum Zoo an diesen Tagen kategorisch untersagt werden.

In einem Antwortschreiben aus dem Büro des Oberbürgermeisters (der dem Aufsichtsrat der städtischen Zoo-GmbH vorsteht) vom 10.10.2018 wurde versichert, es werde zeitnah eine "Abstimmung zwischen dem Bereich Sicherheit, dem Leiter des Zoos sowie dem Jugendamt" erfolgen, von dessen Ergebnis "unaufgefordert und zeitnah" berichtet werde.

Nachdem bis zum Tag vor Beginn der "Halloweennächte" im Zoo Halle keine weitere Mitteilung erfolgte und daher zu befürchten steht, dass die für dieses Jahr geplanten Veranstaltungen in unveränderter Form, sprich: unter weiterhin billigender Inkaufnahme möglicher Kindeswohlgefährdung durchgeführt werden, wurde bei der Staatsanwaltschaft Halle Anzeige gegen den Zoo und das insofern untätig gebliebene Jugendamt erstattet. Die Justizbehörde wurde aufgefordert, der möglichen Kindeswohlgefährdung im Zoo Halle im Rahmen ihrer gesetzlichen Verpflichtung präventiv entgegenzutreten.